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Denn rein soll deine Seele sein

Denn rein soll deine Seele sein

Titel: Denn rein soll deine Seele sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Großmutter hinüber, neben der ein magerer puertoricanischer Junge mit bräunlich-fahler Gesichtshaut aufgetaucht war. Als Decker näher kam, wich er zurück.
    »Hey, Mann, ich mach doch gar nichts.«
    »Hey, Ramon, ich hab ja gar nicht behauptet, daß du was machst. Ich wollte nur mal guten Tag sagen.«
    Der Junge schniefte und wischte sich mit dem Ärmel über die Nase. »Seit wann darf man nicht mehr in 'nem öffentlichen Park rumlaufen? Ich hab schließlich auch meine Rechte.«
    »Klar hast du deine Rechte. Ich wollte nur mal nachsehen, ob auch Mrs. Sanchez zu ihrem Recht kommt.«
    Die strickende Großmutter lächelte freundlich.
    Decker tippte dem Jungen auf die eingesunkene Brust. »Hau ab, Ramon. Und laß dich hier nicht noch einmal sehen.«
    »Hey, Mann, ich geh ja schon.«
    Decker sah dem Jungen nach, bis er verschwunden war, dann ging er zu Rina zurück. »Ein Junkie. Die suchen sich am liebsten wehrlose Leute wie die nette alte Senora dort drüben aus, von denen sie keine Verfolgung zu fürchten haben. Dann klauen sie die Geldbörse und sind ohne viel Aufwand um ein paar Dollar reicher.«
    »Schreckliche Zustände«, sagte Rina. »Bisher haben wir uns eingebildet, daß uns all diese weltlichen Dinge nichts anhaben können.«
    »Das war leider ein Trugschluß. Wissen Sie was? Ich würde Sie gern wiedersehen.«
    Rina antwortete nicht.
    »Wenn Sie sich nicht zum Essen einladen lassen, wie wär's dann mit einem Drink? Oder wir könnten mal tanzen gehen ...«
    »Ich glaube nicht, daß das möglich ist.«
    Decker verzog keine Miene. »Tja, dann machen wir uns wohl jetzt am besten auf den Rückweg.«
    »Das geht nicht gegen Sie persönlich, Peter. Sie haben die Welt gesehen, in der ich lebe. Sie müssen das verstehen.«
    Sie wandte sich ab. Decker starrte auf ihr Profil und kämpfte mit einem heftigen Gefühl der Enttäuschung.
    »So? Muß ich das? Dann begreife ich aber beim besten Willen nicht, wieso Sie sich die Mühe gemacht haben, zu mir zu kommen. Was Sie mir gesagt haben, hätten Sie ebensogut telefonisch erledigen können. Statt dessen locken Sie mich aus dem Revier, laden mich zum Essen ein...«
    »Es tut mir leid. Ich dachte mir, daß es Ihnen ganz lieb ist, da mal rauszukommen und die Spannung ein bißchen abzubauen. Ich habe Ihnen nur einen Gefallen tun wollen.«
    »Geschenkt. Gehen wir.«
    »Ich muß noch das Dankgebet sprechen.«
    Decker sah auf die Uhr. »Machen Sie's kurz.«
    »Seien Sie mir nicht böse«, sagte sie, als sie zu Ende gebetet hatte.
    »Ich bin nicht böse«, erwiderte er frostig. »Nur enttäuscht. Aber ich verstehe schon. Ich bin ein Goj, Sie sind Jüdin, da gibt's nichts mehr zu sagen.«
    Er fuhr sehr schnell und schien immer noch verärgert zu sein, aber Rina sagte nichts. Er hatte recht. Sie hatte falsche Hoffnungen in ihm geweckt, und das war ihr sehr unangenehm. Sie hätte nie ins Revier kommen, sie hätte nie die Jeschiwa verlassen dürfen.
    Er überfuhr bei Gelb eine Ampel, und ein Streifenwagen holte ihn ein.
    »Trottel«, knirschte er und trat auf die Bremse.
    Der Fahrer des Streifenwagens sah zu ihm hinüber. »Entschuldige, Pete. Mein Partner ist neu, er hat deinen Wagen nicht erkannt.«
    »Schon gut. Aber wenn ihr so sehr darauf brennt, in Aktion zu treten, Doug, kann ich euch Ramon Gomez empfehlen. Ich hab ihn im Areta Park überrascht, wie er sich gerade die Geldbörse der alten Sanchez schnappen wollte. Der Junge scheint dringend einen Schuß zu brauchen. Ich habe ihm Beine gemacht, aber wahrscheinlich ist er noch in der Gegend.«
    »Das haben wir gleich.« Der Streifenwagen brauste davon.
    Fünf Minuten später standen sie vor Rinas altem Volvo. »Es tut mir wirklich leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe -«
    Decker schüttelte den Kopf. »Jeder hört das, was er gern hören will, ich bin da keine Ausnahme. Ich hätte Ihnen nicht unterstellen dürfen —«
    »Nein, wirklich nicht - ich meine, Sie haben mich nicht gekränkt.«
    »Das freut mich.« Er lächelte, und das schien sie zu erleichtern. »Passen Sie schön auf sich auf. Meine Telefonnummern haben Sie noch?«
    »Sie hängen bei mir zu Hause neben dem Telefon und in der Mikwe auch.«
    »Sie können mich jederzeit anrufen. Ich hoffe in Ihrem Interesse, daß es nicht nötig sein wird.«

8
    Als er wieder am Schreibtisch saß, arbeitete Decker die Notizen durch, die er sich von seinem Gespräch mit Rina gemacht hatte, brachte ein paar Verbesserungen und Ergänzungen an und heftete die Blätter in der Akte

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