Denn vergeben wird dir nie
gewesen sein?«
»Geld. Seine Großmutter wollte ihm hunderttausend
Dollar für den Fall ihres Todes direkt hinterlassen. Sie war
der Auffassung, mit sechzehn sei man nicht mehr zu jung,
um zu lernen, mit Geld umzugehen und es klug zu
investieren. Sie wusste nicht, dass Rob ein Drogenproblem
hatte.«
»Hat sie ihm geglaubt, dass er nichts mit dem Überfall
zu tun hatte?«
»Ja. Dennoch hat sie danach ihr Testament geändert, und
jenes Vermächtnis wurde gestrichen.«
»Demnach hatte sie doch auch damals schon ihre
Zweifel, was ihn betraf?«
Longo nickte. »Und diese Zweifel, zusammen mit den
Zweifeln über den Mord an Andrea, haben schließlich zu
ihrem Entschluss geführt. Letzten Endes stellt sie ihren
Sohn und Enkel vor die Wahl, entweder glasklare Fakten
vorzulegen oder zu verzichten.«
»Was ist mit der Mutter von Rob Westerfield?«
»Ebenfalls eine sehr nette Dame. Sie verbringt fast die
gesamte Zeit in Florida. Sie besitzt eine Innenarchitek
turfirma in Palm Beach. Unter ihrem Mädchennamen,
wohlgemerkt. Sie ist sehr erfolgreich. Sie können sie im
Internet finden.«
»Ich habe eine Website aufgemacht«, sagte ich.
Longo hob fragend die Augenbrauen.
»Es ist die schnellste Möglichkeit, Informationen zu
verbreiten. Von morgen an werde ich tagtäglich etwas
über den Mord an Andrea und Rob Westerfields Schuld
auf meine Website setzen. Ich werde jedem einzelnen
Gerücht über ihn nachgehen und versuchen, Beweise zu
finden. Ich werde seine Lehrer und Mitschüler von den
beiden Privatschulen und von seinem Jahr am Willow
College befragen. Man fliegt nicht ohne Grund aus der
Schule. Es wird nicht leicht sein, aber ich werde auch
versuchen, eine Spur von dem Anhänger zu finden, den er
Andrea geschenkt hat.«
»Wie gut können Sie sich an ihn erinnern?«
»Nicht mehr so deutlich, natürlich. Aber beim Prozess
habe ich ihn genau beschrieben. Ich habe das Prozess
protokoll, ich kann also genau nachlesen, was ich damals
gesagt habe: dass er golden war, herzförmig, in der Mitte
drei blaue Steine hatte und dass auf der Rückseite die
Buchstaben R und A eingraviert waren.«
»Ich war im Gerichtssaal, als Sie ihn beschrieben haben.
Ich entsinne mich, dass ich dachte: Das klingt teuer, aber
in Wirklichkeit war es wahrscheinlich eines dieser
Fünfundzwanzig-Dollar-Dinger, die man in jeder
Shopping Mall bei fliegenden Händlern bekommt. Für ein
paar Dollar gravieren sie einem auch die Initialen hinein.«
»Aber Sie haben nicht geglaubt, dass ich ihn tatsächlich
berührt habe, als ich Andreas Leiche in der Garage fand,
oder dass ich jemanden in meiner Nähe atmen hörte und
dass der Anhänger verschwunden ist, bevor die Polizei da
war?«
»Ellie, Sie waren damals völlig durcheinander und
standen unter Schock. Sie haben ausgesagt, dass Sie sich
hingekniet haben, dann ausgerutscht und auf Andreas
Leiche gefallen sind. Ich glaube nicht, dass Sie im
Dunkeln und mit allem, was Ihnen durch den Kopf
gegangen sein muss, genau diesen Anhänger zweifelsfrei
gefühlt haben können. Sie haben selbst gesagt, dass sie ihn
immer unter der Bluse oder dem Pullover trug.«
»Sie hat ihn an diesem Abend getragen. Dessen bin ich
mir ganz, sicher. Warum war er nicht mehr da, als die
Polizei kam?«
»Eine vernünftige Erklärung wäre, dass er ihn mitge
nommen hat, nachdem er sie getötet hat. Seine Vertei
digung baute ganz auf seiner Behauptung auf, sie sei nur
ein kleines Mädchen gewesen, das in ihn verknallt
gewesen sei, und er selbst hätte nicht das geringste
Interesse an ihr gehabt.«
»Lassen wir es im Moment dabei bewenden«, sagte ich.
»Ich möchte über etwas anderes reden. Erzählen Sie mir
von ihrem frisch gebackenen Enkel. Er ist bestimmt das
süßeste Baby, das je geboren wurde.«
»Ganz sicher ist er das.« Marcus Longo schien genauso
froh wie ich zu sein, das Thema zu wechseln. Das Essen
wurde serviert, und er erzählte mir von seiner Familie.
»Mark ist in Ihrem Alter. Er ist Anwalt. Er hat ein
Mädchen aus Colorado geheiratet und hat dort unten einen
Job bekommen. Es geht ihm großartig. Ich selbst bin vor
ein paar Jahren in Rente gegangen und wurde letzten
Winter am Herzen operiert. Wir verbringen inzwischen die
kalte Jahreszeit größtenteils in Florida, und wir überlegen,
ob wir nicht unser Haus hier verkaufen und uns ein
Häuschen in der Gegend von Denver kaufen sollen, damit
wir die Kinder besuchen können, ohne ihnen zur Last zu
fallen.«
»Meine Mutter
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