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Denn vergeben wird dir nie

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Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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umklammernd, mit Mühe die Tränen zurück
haltend. Sie wollte sich nicht mit ihm treffen, aber sie saß
in der Zwickmühle. Und so setzte ich ein weiteres
»Wenn« auf die Liste. Wenn sie doch nur zu meinen
Eltern gegangen wäre und ihnen gebeichtet hätte, dass sie
sich weiter mit Rob treffe.
    In diesem Augenblick hatte ich unsere Rollen vertauscht
und war zu ihrer großen Schwester geworden. Ich legte
mich wieder ins Bett und fiel in einen unruhigen Schlaf,
aus dem ich um sieben Uhr erwachte. Ich saß vor dem
Fernseher, als Rob Westerfield aus dem Sing-SingGefängnis trat und in eine Limousine stieg, die am Tor auf
ihn gewartet hatte. Der Reporter vor Ort betonte in seinem
Kommentar, dass Rob Westerfield stets geschworen habe,
an dem ihm zur Last gelegten Verbrechen unschuldig zu
sein.
Um zwölf Uhr saß ich wieder vor dem Gerät, um dabei
zu sein, wenn sich Rob Westerfield vor der versammelten
Öffentlichkeit präsentierte.
    Das Interview fand in der Bibliothek des Familiensitzes
in Oldham statt. Man hatte das Sofa, auf dem er saß, vor
eine Wand mit ledergebundenen Bänden platziert, vermut
lich um seine Bildung hervorzuheben.
    Rob trug ein hellbraunes Kaschmirjackett, ein Polohemd
mit offenem Kragen, dunkle Hosen und Halbschuhe. Er
hatte immer gut ausgesehen, aber als reiferer Mann sah er
noch besser aus. Er besaß die vornehmen Gesichtszüge
seines Vaters und hatte gelernt, das herablassende Grinsen
zu unterdrücken, das auf allen früheren Fotos zu sehen
war. Seine dunklen Haare zeigten nur eine winzige Spur
von Grau an den Schläfen. Er hielt seine Hände fest
gefaltet und saß etwas nach vorne gebeugt in einer
entspannten, aber aufmerksamen Haltung.
    »Nicht schlecht als Inszenierung«, sagte ich laut.
»Eigentlich fehlt nur ein Hund zu seinen Füßen.« Ich
spürte, wie mir bei seinem Anblick die Galle hochkam.
    Die Fragen stellte Corinne Sommers, Moderatorin von The Real Story, dem beliebten Freitagabendprogramm. Sie
sprach zunächst ein paar einführende Sätze: »Soeben
freigelassen nach zweiundzwanzig Jahren Gefängnis …
immer seine Unschuld beteuert … wird jetzt für seine
Rehabilitierung kämpfen …«
Nun macht schon, dachte ich.
    »Rob Westerfield, die Frage ist nahe liegend, aber wie
fühlt man sich, wenn man wieder ein freier Mann ist?«
Sein Lächeln war warm. Die dunklen Augen unter den
wohlgeformten Augenbrauen schauten fast amüsiert.
»Unglaublich, wundervoll. Eigentlich könnte ich vor
Freude weinen. Ich bin nur im Haus herumgelaufen, und
es ist einfach wunderbar, ganz normale Dinge tun zu
können, wie zum Beispiel in die Küche zu gehen und eine
zweite Tasse Kaffee zu bekommen.«
»Dann werden Sie hier eine Weile wohnen bleiben?«
»Ja, genau. Mein Vater hat mir eine wundervolle
Wohnung in der Nähe besorgt, und ich möchte gleich mit
unseren Anwälten darangehen, so bald wie möglich einen
Prozess zu bekommen.« Jetzt blickte er mit ernstem
Gesicht in die Kamera. »Corinne, ich hätte schon vor zwei
Jahren eine Haftentlassung auf Bewährung erreichen
können, wenn ich bereit gewesen wäre zu sagen, ich hätte
Andrea Cavanaugh getötet und würde die Tat bereuen.«
»Haben Sie nicht daran gedacht, das zu tun?«
»Zu keiner Zeit«, antwortete er prompt. »Ich habe immer
auf meiner Unschuld bestanden, und jetzt, nachdem sich
Will Nebels öffentlich geäußert hat, werde ich endlich die
Chance erhalten, sie zu beweisen.«
Du konntest es nicht zugeben, weil du zu viel zu
verlieren hattest, dachte ich. Deine Großmutter hätte dich
enterbt.
»Sie sind ins Kino gegangen an dem Abend, an dem
Andrea Cavanaugh ermordet wurde.«
»Ja. Und ich bin dort geblieben, bis der Film zu Ende
war, gegen halb zehn. Mein Auto stand über zwei Stunden
lang auf dem Gelände der Tankstelle. Es sind nur zwölf
Minuten Fahrt vom Stadtzentrum bis zum Haus meiner
Großmutter. Paulie Stroebel hatte Zugang zu meinem
Auto, und er war hinter Andrea her. Sogar ihre Schwester
hat das vor Gericht zugegeben.«
»Der Platzanweiser vom Kino hat sich daran erinnert,
dass Sie eine Eintrittskarte gekauft haben.«
»Das ist richtig. Und ich konnte es mithilfe der abgeris
senen Karte beweisen.«
»Aber es hat Sie niemand am Ende des Films aus dem
Kino gehen sehen?«
»Niemand konnte sich daran erinnern, mich gesehen zu
haben«, korrigierte er. »Das ist ein Unterschied.«
Für einen kurzen Moment entdeckte ich ein Aufflackern
von Ärger hinter dem freundlichen Lächeln

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