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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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wie ich sie zurückgelassen hatte. In die oberste
Schublade der Kommode hatte ich ein Lederköfferchen
mit meinem Schmuck gelegt. Ohrringe, eine Goldkette
und eine einfache Perlenkette sind so ungefähr alles, was
ich im tagtäglichen Leben trage, aber das Köfferchen
enthielt auch Verlobungs- und Trauring meiner Mutter
und die Diamantohrringe, die mein Vater ihr zum
fünfzehnten Hochzeitstag geschenkt hatte, ein Jahr, bevor
Andrea starb.
Von dem Schmuck fehlte nichts, was dafür sprach, dass
es sich bei dem Eindringling nicht um einen gewöhnlichen
Dieb handelte. Er war hinter Informationen her gewesen,
und ich dachte erleichtert, was für ein Segen es war, dass
ich das Prozessprotokoll und die alten Zeitungen
mitgenommen hatte. Mit Sicherheit wären sie vernichtet
worden. Das Prozessprotokoll hätte ich mir wieder
beschaffen können, aber es hätte mich eine Menge Zeit
gekostet, und die Zeitungen waren unersetzlich. Die
Artikel enthielten nicht nur Berichte aus dem Gerichtssaal,
sondern auch viele Interviews und wertvolle Hintergrund
informationen, die mit ihnen verloren gegangen wären.
Ich rief Mrs. Hilmer nicht sofort an. Sicherlich würde sie
kein Auge mehr zutun, wenn sie erführe, dass jemand in
der Wohnung gewesen sei. Ich beschloss, am nächsten
Vormittag die Zeitungen und das Protokoll zu holen und
Kopien von dem ganzen Material machen zu lassen. Trotz
des großen Aufwands war es die Sache wert. Ich konnte
einfach nicht riskieren, etwas davon zu verlieren.
Noch einmal prüfte ich die Haustür. Sie war verriegelt,
aber dennoch keilte ich einen schweren Stuhl dagegen.
Dann schloss ich sämtliche Fenster bis auf dasjenige im
Schlafzimmer, das ich wegen der Frischluftzufuhr ein
wenig offen ließ. Im Schlafzimmer habe ich es gerne kühl,
und diese Annehmlichkeit wollte ich mir nicht durch den
unbekannten Besucher nehmen lassen. Außerdem befand
sich die Wohnung im ersten Stock, und ohne Leiter konnte
man zu keinem der Fenster gelangen. Und wenn jemand
mir etwas antun wollte, würde er ganz sicher ein
einfacheres Mittel finden, als eine Leiter anzuschleppen,
die mich womöglich aufwecken würde. Dennoch lag ich
lange wach, und auch als ich schließlich einschlummerte,
wurde ich immer wieder ruckartig aus dem Schlaf gerissen
und lauschte dann angestrengt in die Nacht hinein. Aber
was ich vernahm, war nur das Geräusch des Windes, der
durch die wenigen an den Bäumen verbliebenen Blätter
fuhr.
Erst im Morgengrauen, als ich zum vierten oder fünften
Mal aufwachte, kam mir in den Sinn, woran ich sofort
hätte denken müssen: Wer auch immer meinen Termin
kalender durchgeblättert hatte, war jetzt darüber im Bilde,
dass ich an diesem Morgen einen Termin in Arbinger und
am Montag einen weiteren bei der Carrington Academy
hatte.
Ich wollte um sieben Uhr nach Arbinger aufbrechen. Ich
wusste, dass Mrs. Hilmer Frühaufsteherin war, und rief sie
um zehn vor sieben an, um zu fragen, ob ich kurz bei ihr
vorbeikommen könnte. Bei einer Tasse hervorragendem
Kaffee erzählte ich ihr von dem Einbrecher und dass ich
das Protokoll und die Zeitungsausschnitte mitnehmen
wollte, um Kopien machen zu lassen.
»Nein, das brauchen Sie nicht«, sagte sie. »Ich habe
heute sowieso nichts Besseres zu tun. Ich bin ehren
amtliche Mitarbeiterin in der Bücherei und arbeite dort die
ganze Zeit mit den Kopierern. Ich werde den Kopierer im
Büro benutzen. Auf diese Weise wird niemand etwas
davon erfahren. Außer Rudy Schell, natürlich. Aber er
arbeitet schon seit einer Ewigkeit dort und wird nieman
dem etwas verraten.«
Sie zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Ellie, ich
möchte, dass Sie zu mir ziehen. Ich will nicht, dass Sie
allein in der Wohnung sind. Wer auch immer gestern
Abend dort war, er könnte wiederkommen, und ich meine,
wir sollten auf jeden Fall die Polizei verständigen.«
»Kommt nicht infrage, dass ich bei Ihnen einziehe«,
antwortete ich. »Wenn überhaupt, dann würde ich ganz
woanders hin ziehen.« Sie schüttelte sofort den Kopf, und
ich sagte: »Aber ich werde hier bleiben, denn in Ihrer
Nähe fühle ich mich geborgen. Ich habe daran gedacht, die
Polizei zu verständigen, und mich dagegen entschieden.
Es gibt keine Anzeichen für einen Einbruch. Mein
Schmuck wurde nicht angerührt. Was, glauben Sie, wird
ein Polizeibeamter davon halten, wenn ich ihm erzähle, es
sei nichts weiter geschehen, als dass jemand meinen Füller
verlegt und einige

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