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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Bank die Tankstelle befunden. Ich besaß Kopien der
Planskizzen und Fotografien, die während des Prozesses in
den Zeitungen abgedruckt worden waren, und konnte mich
daher an die genaue Lage der Tankstelle erinnern.
    Die angeschlossene Werkstatt, in der Paulie gearbeitet
hatte, befand sich hinter den Zapfsäulen an der Main
Street. Der Parkplatz, auf dem damals die zu reparierenden
Autos abgestellt wurden, grenzte an die ehemalige
Tankstelle an. Er wurde jetzt als Besucherparkplatz für die
Bankkunden genutzt.
    Ich lief den Durchgang hinunter und ersetzte in meiner
Vorstellung das Bankgebäude durch die Tankstelle. Ich
konnte mir sogar vorstellen, wo Rob mutmaßlich sein
Auto geparkt hatte und wo es angeblich bis zum Ende der
Vorstellung um halb zehn gestanden hatte.
    Ich versuchte, mich in ihn hineinzuversetzen, ich lief mit
seinen Schritten – wütend, schlecht gelaunt, Verrat
witternd, weil das Mädchen, das er fest am Wickel zu
haben glaubte, ihm am Telefon mitgeteilt hatte, sie habe
sich mit einem anderen verabredet.
Dass dieser andere Paulie Stroebel war, spielte keine
Rolle.
     
Zu Andrea gehen. Ihr zeigen, wer hier der Herr ist. Warum hatte er den Wagenheber genommen, bevor er in
die Garage ging?
    Es gab zwei Möglichkeiten. Die eine war, dass er
befürchtete, mein Vater könnte davon erfahren haben, dass
er sich mit Andrea treffen wollte. Ich bin sicher, dass mein
Vater in Robs Vorstellung eine beängstigende und bedroh
liche Gestalt darstellte.
    Die andere Möglichkeit war, dass Rob den Wagenheber
mitgenommen hatte, weil er die Absicht hatte, Andrea
umzubringen.
    Angsthase, Angsthase. O Gott, was für ein furchtbarer
Schreck muss es für das arme Kind gewesen sein, als sie
ihn auf sich zukommen sah, als er seinen Arm hob, als er
ausholte …
    Ich wandte mich um und rannte zurück, zum anderen
Ende des Durchgangs, wo er auf die Straße mündete. Nach
Luft ringend – weil mir für einen Augenblick buchstäblich
der Atem gestockt war – beruhigte ich mich wieder und
ging zu meinem Auto. Ich hatte es auf dem Kinoparkplatz
auf der anderen Seite des Komplexes abgestellt.
    Die Luft war immer noch klar, aber wie schon gestern
Abend war ein scharfer Wind aufgekommen, der die
Temperatur rasch fallen ließ. Fröstelnd beschleunigte ich
meine Schritte.
    Als ich die Kinoanzeigen durchgesehen hatte, war mir
eine Werbung für ein Restaurant aufgefallen, die Villa
Cesare, gleich in der Nähe des Kinos. Nach der Anzeige
zu urteilen, schien es mir eines der Lokale zu sein, die ich
bevorzugte, daher hatte ich beschlossen, es auf einen
Versuch ankommen zu lassen. Ich wusste, dass ich Pasta
essen wollte, je schärfer, desto besser. Vielleicht Spaghetti
mit Garnelen Fra Diavolo, dachte ich.
    Ich musste einfach dieses furchtbare innere Frösteln
loswerden, das mich ergriffen hatte.
Um Viertel nach neun bog ich, satt und mich besser
fühlend, in die Einfahrt zu Mrs. Hilmers Grundstück. Ihr
Haus lag in völliger Dunkelheit, nur das Außenlicht an der
Garagentür bot einen schwachen Willkommensgruß.
    Ich brachte das Auto abrupt zum Stehen. Eine innere
Stimme drängte mich umzukehren, in das nächstbeste
Gasthaus oder Motel einzukehren und dort zu über
nachten. Ich hatte mir einfach nicht klar gemacht, wie
unsicher ich mich heute Nacht an diesem Ort fühlen
würde. Ich werde morgen umziehen, dachte ich. Wird
schon nicht so schlimm werden, nur für eine weitere
Nacht. Sobald ich in der Wohnung bin, ist alles in
Ordnung.
    Natürlich war diese Rationalisierung völlig aus der Luft
gegriffen. Während ich vor zwei Tagen mit Mrs. Hilmer
zu Abend gegessen hatte, war jemand in der Wohnung
gewesen. Aber irgendwie glaubte ich nicht, dass im
Moment jemand dort auf mich warten würde. Mein
ungutes Gefühl hing mehr mit der Aussicht zusammen,
auszusteigen und draußen im Freien allein zu sein, so nahe
am Wald, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick.
    Ich schaltete das Fernlicht ein und fuhr langsam die
Auffahrt entlang. Ich hatte die Reisetasche mit dem
Prozessprotokoll, den Zeitungen und dem Schmuck
köfferchen meiner Mutter den ganzen Tag im Kofferraum
spazieren gefahren. Als ich aus dem Restaurant
gekommen war, hatte ich die Tasche bereits aus dem
Kofferraum geholt und auf dem Beifahrersitz abgestellt,
damit ich, einmal bei der Wohnung angekommen, nicht
länger als unbedingt nötig im Freien würde stehen müssen.
    Jetzt suchte ich mit dem Blick sorgfältig die

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