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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
blickenden Rob Westerfield platziert
worden. Darunter folgten Artikel über Menschen, die
tatsächlich für die Verbrechen anderer im Gefängnis
gesessen hatten. Sie waren gekonnt geschrieben und
drückten mächtig auf die Tränendrüsen. Vermutlich war
Jake Bern als Autor dafür gewonnen worden.
    Der Abschnitt mit den Personalien stellte die
Westerfields als gewissermaßen zum amerikanischen
Uradel gehörende Familie heraus. Es gab Bilder von Rob
als Baby mit seinem Großvater, dem Senator der
Vereinigten Staaten, und als Neun- oder Zehnjährigen mit
seiner Großmutter bei der Eröffnung eines neuen
Westerfield-Kinderheims. Es gab Aufnahmen von ihm mit
seinen Eltern an Bord der Queen Elizabeth II. und in
weißer Tenniskleidung im Everglades Club.
    Die Botschaft sollte vermutlich lauten, es sei unter der
Würde dieses privilegierten jungen Mannes, einem
anderen Menschen das Leben zu nehmen.
    Ich selbst war der Star auf der folgenden Seite der
Website. Auf dem Bild lag ich ausgestreckt mit
festgeschnallten Armen und Beinen auf einem Bett im
Fromme-Center und trug eines dieser grässlichen
Nachthemden, die den Patienten aufgezwungen wurden.
Eine dünne zerschlissene Decke bedeckte mich zur Hälfte.
Die Bildunterschrift lautete: »Die Zeugin, deren Aussage
zur Verurteilung von Robson Westerfield führte.«
    Ich schloss die Website. Ich habe eine Angewohnheit,
die ich von meinem Vater übernommen habe. Wenn er
wirklich wütend über etwas war, biss er sich immer auf
den rechten Mundwinkel.
    Genau das tat ich gerade.
Eine halbe Stunde saß ich nur da und versuchte, mich
wieder zu beruhigen. Ich überlegte hin und her und suchte
nach einer Möglichkeit, wie ich Westerfields angebliches
Geständnis eines weiteren Mordes öffentlich bekannt
geben könnte.
Marcus Longo hatte davon gesprochen, dass es wegen
    der vielen möglichen Orte schwierig sei, nach einem
unaufgeklärten Mord zu fahnden, den Rob Westerfield
begangen haben könnte.
Die Website war international.
     
Würde ich jemanden in Gefahr bringen, wenn ich den
    Namen des Opfers nennen würde?
Der unbekannte Anrufer befand sich jedenfalls bereits in
Gefahr, und er war sich dessen auch bewusst.
Schließlich verfasste ich nur einen einfachen Aufruf.
»Vor zweiundzwanzig bis siebenundzwanzig Jahren hat
Rob Westerfield mutmaßlich ein weiteres Verbrechen
begangen. Es wird bezeugt, dass er im Gefängnis im
Drogenrausch wörtlich gesagt hat: ›Ich habe Phil
totgeschlagen, und das war ein gutes Gefühl.‹
Falls jemand nähere Informationen über dieses
Verbrechen besitzt, möge er mir ein E-Mail an folgende
Adresse schicken: [email protected]. Vertraulich
keit und Belohnung werden zugesichert.«
Ich sah den Text noch einmal durch. Rob Westerfield
wird ihn sicherlich lesen, dachte ich. Und wenn es außer
dem unbekannten Anrufer noch weitere Personen gibt,
deren Wissen ihm gefährlich werden könnte?
Es gibt zwei Dinge, die man als investigativer Reporter
nicht tut: seine Quellen preisgeben und unschuldige
Menschen in Gefahr bringen.
Ich speicherte den Aufruf ab, ohne ihn zu veröffent
lichen.

33
    AM FREITAGABEND WAR ICH endgültig am Ende
und rief Pete Lawlor an.
»Ihr Anruf wird an die Mailbox weitergeleitet …«
»Dies ist Ihre ehemalige Mitarbeiterin, die sich nach
Ihrem gegenwärtigen Befinden, Ihren Aussichten auf neue
Arbeit und Ihrer Gesundheit erkundigen möchte«, sagte
ich. »Über einen Rückruf würde ich mich freuen.«
Eine halbe Stunde später rief er an. »Sie müssen große
Sehnsucht danach haben, mit jemandem zu reden.«
»Die hab ich. Deshalb bin ich auf Sie gekommen.«
»Danke.«
»Darf ich fragen, wo Sie sich gerade befinden?«
»In Atlanta. Packe meine Sachen.«
»Das bedeutet, dass eine Entscheidung gefallen ist.«
»Ja. Ein Traumjob. Sitz ist New York, aber mit viel
Reisen verbunden. Reportagen von den Brennpunkten in
aller Welt.«
»Welche Zeitung?«
»Falsch. Ich bin im Begriff, ein Fernsehstar zu werden.«
»Mussten Sie zehn Pfund abnehmen, bevor Sie engagiert
wurden?«
»Ist mir ganz neu, dass Sie auch grausam sein können.«
Ich musste lachen. Sich mit Pete zu unterhalten war, wie
wenn ein Lichtstrahl von amüsanter, alltäglicher Realität
in mein immer surrealer werdendes Leben einfiel. »Ist das
ein Scherz, oder haben Sie wirklich einen Job beim
Fernsehen?«
»Es ist wirklich so. Beim Packard-Kabelfernsehen.«
»Packard. Das ist ja toll.«
»Es ist ein relativ neues Kabelnetz, wächst aber

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