Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
»Fühlt es sich nicht verrückt an?«
»Seltsamerweise nicht«, gab Jamie ehrlich zu. »Mir kommt es völlig normal vor. Ich stehe nur jeden Morgen auf und gehe zur Arbeit.«
Die beiden Teenager erreichten die Tür des Speisesaals. Der große Raum, in dem lebhafter Betrieb herrschte, erinnerte Jamie stets an das erste Mal, als er hier gegessen hatte – in einer Pause während der Ausbildung, die er am Tag nach der Entführung seiner Mutter begonnen hatte. Er war grün und blau geschlagen gewesen, hatte geblutet und vor Müdigkeit kaum die Augen offenhalten können, aber sein Ausbilder Terry hatte etwas gesagt, das ihn in seinem Entschluss zum Weitermachen bestätigt hatte.
Was dein Dad gemacht hat, werfe ich dir nicht vor. Ich beurteile dich nach deinem Handeln, nicht nach seinem.
Mit diesen Worten war Terry außer Frankenstein, der aus persönlichen Gründen treu zu Jamie hielt, der erste Angehörige von Schwarzlicht gewesen, der Vertrauen zu ihm gezeigt hatte.
Damals – vor Lindisfarne, vor den Enthüllungen, die Thomas Morris vor seinem Tod angestoßen hatte – hatte Julian Carpenter als der größte Verräter in der langen, blutigen Geschichte von Schwarzlicht gegolten. Der Verrat seines Vaters hatte um Jamies Hals gehangen wie ein Mühlstein und fast jedermann im Ring gegen ihn eingenommen. Nicht jedoch Terry; der Ausbilder hatte erklärt, ihm sei es scheißegal, was Jamies Vater getan oder – wie sich später herausstellen sollte – nicht getan habe. Das hatte Jamie ihm nie vergessen, auch wenn er den bärbeißigen, kampferprobten Ausbilder damit in Verlegenheit brachte.
Im Speisesaal herrschte reges Treiben; Agenten schwatzten miteinander oder mit den Ärzten, Wissenschaftlern, Ingenieuren und Verwaltungsangestellten, die dafür sorgten, dass der Ring funktionierte. Jamie stellte sich mit Matt am Ende der Schlange an, wo beide sich ein Kunststofftablett nahmen und langsam an der Theke vorrückten. Matt bekam große Augen, als er das üppige Speisenangebot sah, und merkte nun, wie lange er nichts mehr gegessen hatte. Sein Magen knurrte so vernehmlich, dass die Agentin vor ihnen sich erstaunt umsah.
»Sorry«, sagte er.
»Du brauchst schnell was zu essen«, meinte Jamie grinsend. »Unserer Sache bei dem Direktor wäre nicht geholfen, wenn er hören müsste, dass du im Speisesaal umgekippt bist.«
»Vermutlich nicht«, sagte Matt verlegen. Er wandte sich der langen Theke zu und fing an, sich von praktisch allen Speisen in Reichweite aufzuladen. Jamie, der sich eine große Portion Pasta nahm, sah ihm belustigt zu und führte ihn dann zu einem leeren Tisch in einer abgelegenen Ecke. Matt, der schon mit den Fingern zulangte, folgte Jamie und setzte sich ihm gegenüber.
»Also«, sagte Matt kauend. »Wie bist du hier gelandet? Ich meine, ich weiß noch, dass du mir damals auf der Krankenstation erzählt hast, dass du von den Gründern abstammst. Aber ehrlich gesagt habe ich damit nicht viel anfangen können.«
Jamie dachte über die Ungeheuerlichkeit von Matts Frage nach. Die Kette von Ereignissen, die ihn ins Department 19 gebracht hatte, hatte vor über einem Jahrhundert begonnen, als sein Urgroßvater als Diener zu Abraham van Helsing gekommen war. Selbst die unmittelbaren Gründe, die seinen Vater und einen Vampir betrafen, den er vor fast einem Jahrzehnt in Budapest vernichtet hatte, waren noch schrecklich kompliziert.
»Diese Geschichte muss noch etwas warten«, antwortete Jamie. »Ich erzähle sie dir mal, wenn wir mehr Zeit haben, okay?«
Erheblich mehr Zeit.
Matt nickte, dann machte er sich wieder über seinen Teller her. Jamie sah über seine Schulter hinweg Kate und Larissa in den Speisesaal kommen und winkte ihnen zu. Die beiden wechselten einen Blick, der ihm nicht gefiel, aber als ihre Tabletts voll waren, kamen sie damit in seine Richtung.
Immerhin nehmen sie mich noch zur Kenntnis, dachte Jamie. Das ist besser als nichts.
Er aß auf, schob seinen Teller weg und beobachtete, wie die beiden Mädchen sich zwischen den Tischen und Stühlen hindurchschlängelten. Sie blieben hinter Matt stehen, der eifrig weiteraß, ohne etwas von ihrer Anwesenheit zu ahnen, und betrachteten neugierig die Zivilkleidung des Teenagers.
»Wer ist dein Freund?«, fragte Larissa.
Matt prustete, verschluckte sich fast, schluckte krampfhaft und drehte sich nach der Stimme um. Er sah Larissa auf sich herablächeln und wurde leichenblass. Sie runzelte erst die Stirn, dann erkannte sie ihn wieder und
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