Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
Vielleicht sollte ich sie daran erinnern, welcher Platz ihnen in unserer Ordnung gebührt.«
»Ganz recht, gnädiger Herr«, stimmte die Frau enthusiastisch zu. »Sie sollten sie alle vernichten.«
»Vielleicht sollte ich das wirklich«, antwortete Dante, indem er sie mit seinen dunkelroten Augen fixierte. »Und vielleicht fange ich mit dir an, wenn du deine impertinente Zunge nicht hütest. Wie wäre das?«
Die Frau, auf deren weiß geschminktem Gesicht sich panische Angst abzeichnete, sank auf ihren Stuhl zurück.
»Euer Ma-Majestät«, stotterte sie. »Ich bitte um Verzeihung. D-das sollte nicht respektlos …«
»Lass die Bettelei«, sagte Dante. Er sah nicht mehr die Frau an; seine Aufmerksamkeit galt ganz der Tür. Draußen im Zuschauerraum herrschte wieder Ruhe, und der Vampirkönig und seine Gäste warteten auf die Rückkehr des Dieners.
Die Tür flog krachend auf, und Jacques, dessen rote Augen glühten, betrat fauchend und knurrend rückwärtsgehend das Speisezimmer. Mit einem Arm hielt er eine blonde junge Frau umklammert: nicht älter als fünfundzwanzig, mit vor Angst geweiteten Augen. Sie zappelte in seinem Griff, zerrte an dem Arm, schlug halbherzig nach ihm, aber der Diener achtete nicht im Geringsten auf sie. Jacques schloss die Tür mit einem Tritt; in seiner Kehle erstarb ein letztes Knurren, als er sich dem Vampirkönig zuwandte. Das Rot verschwand aus seinen Augen, und er klopfte sich mit der freien Hand das Jackett ab. Die Wildheit, die er beim Hereinkommen ausgestrahlt hatte, war verschwunden; der servile, adrett gekleidete Diener war zurückgekehrt.
»Ich bitte um Verzeihung, Euer Majestät«, sagte er geschmeidig. »Ich wollte, Sie hätten mich nicht so gesehen.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, antwortete Lord Dante, ohne den Diener anzusehen. Sein offen begieriger Blick galt der jungen Frau, die Jacques hereingeschleppt hatte. »Für Männer wie uns ist’s nicht gesund, unsere wahre Natur ständig zu verbergen. Die Bestie in uns will zuweilen ausbrechen, nicht wahr?«
»Ganz recht, Euer Majestät«, bestätigte Jacques und verbeugte sich nochmals, ohne die Blondine loszulassen.
»Wer ist diese Frau, die du an unseren Tisch gebracht hast?«
»Ein Geschenk, Euer Hoheit«, erwiderte Jacques. »Girard dachte, sie könnte Ihr Geschmack sein und hat sie Ihnen als Zeichen seiner Liebe und Treue mitgebracht. Babineaux hat dagegen protestiert und versucht, sie an sich zu bringen. Der Streit war in vollem Gange, als ich dazugekommen bin.«
»Hast du ihn beigelegt?«, fragte Dante.
»Ja, Euer Majestät.«
»Zufriedenstellend?«
»Nicht aus Babineaux’ Sicht, Euer Majestät«, antwortete der Diener »Er wird nicht wieder versuchen, dem König von Paris seinen rechtmäßigen Besitz vorzuenthalten. Oder sonst irgendwas zu tun, gnädiger Herr.«
»Ausgezeichnet«, sagte Dante grausam lächelnd. »Lass mich das Geschenk begutachten, Jacques. Und vergiss nicht, Girard zu mir zu schicken, bevor diese Nacht endet, damit ich ihm meinen Dank ausdrücken kann.«
»Gewiss, Euer Majestät«, sagte Jacques und hielt die junge Frau seinem Meister hin. Ihr Kopf hing herab, ihr Kinn ruhte auf der Brust. Sie schien nur halb bei Bewusstsein zu sein. Der Diener schüttelte sie, und als sie nicht reagierte, holte er mit einer knotigen Hand aus und schlug sie ins blasse Gesicht.
In dem kleinen Speisezimmer knallte der Schlag wie ein Schuss, und die Blondine riss sofort die Augen auf, starrte wild um sich und begegnete dann Lord Dantes lüsternem Blick. Ihre Augen weiteten sich noch mehr, aber Frankenstein, der sie scharf beobachtete, glaubte nicht, dass das vor Angst geschah. Er spürte, wie seine Muskeln sich unwillkürlich anspannten; für seine alten Augen sah dieser Ausdruck nach etwas anderem aus.
Er sah nach Wiedererkennen aus.
»Pierre?«, fragte die junge Frau fast flüsternd. »Oh, Gott sei Dank. Bitte lass nicht zu, dass sie mir etwas tun, Pierre. Bitte.«
Das Lächeln auf Lord Dantes Gesicht blieb gleich, aber in seinem Blick veränderte sich etwas. Frankenstein, dessen Aufmerksamkeit wieder seinem Gastgeber galt, sah diese Veränderung und erkannte, während wilde Freude ihn durchflutete, dass es Angst war.
Der Vampirkönig hatte Angst.
Aber weshalb?, fragte er sich . Wieso macht diese junge Frau ihm Angst?
»Verlass uns, Jacques«, sagte Dante starr lächelnd.
Der Diener ließ die junge Frau los, die regungslos stehen blieb; sie hielt die Hände vor der Brust gefaltet
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