Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
und starrte den Vampirkönig mit dem Gesichtsausdruck einer Erlösten an. Jacques verbeugte sich und verließ rückwärtsgehend den Raum, sodass Dante mit den Gästen und seinem eben erhaltenen Geschenk allein war.
Die Atmosphäre in dem Raum hatte sich schlagartig verändert, was die Gäste des Vampirkönigs sichtlich verblüffte. Latour, der die junge Frau unverkennbar empört anstarrte, sprach als Erster.
»Schlampe!«, zischte er. »Wie kannst du’s wagen, Lord Dante so vertraulich anzusprechen? Du sprichst mit einem Wesen, für das du weniger als nichts bist, das seit über vier Jahrhunderten lebt. Du beugst das Haupt, bevor du dich wieder an ihn wendest, und sprichst ihn als Euer Majestät an. Tust du’s nicht, reiße ich dir die Zunge heraus.«
Die Blondine starrte ihn mit Tränen in den Augen an.
»A-aber«, sagte sie mit zitternder Stimme, »ich … ich kenne ihn! Er hat in Saint-Denis gewohnt, als ich … als ich noch klein war. Er heißt Pierre Depuis. Oder er h-hat so geheißen. Er ist verschwunden, als ich ein kleines Mädchen war; d-das ist jetzt über zwanzig Jahre her. Alle haben geglaubt … alle haben ihn für tot gehalten.«
»Erledige sie, Latour!«, sagte Dante, dessen Gesicht dunkelrot, fast purpurrot angelaufen war. »Ich will ihr irres Geschwätz nicht mehr hören.«
Latour, dessen Augen rot glühten, sprang so hastig auf, dass sein Stuhl umkippte. Auch die Frau mit dem weißen Gesicht sprang auf und packte die entsetzt kreischende Blondine an den Schultern.
»Wartet!«, rief Frankenstein laut. Er hatte Dante keine Sekunde aus den Augen gelassen, hatte sich auch nicht auf seinem Stuhl bewegt. Seine Lautstärke und der Ernst in seiner Stimme ließen Latour und die Frau mit dem weißen Gesicht zögern.
»Du widersprichst mir, Monster?«, fauchte Lord Dante. »Das würdest du hier tun? Das würdest du wagen?«
Frankenstein sah seinen Gastgeber gelassen an. »Wissen Sie, wovon sie redet, Dante?«, fragte er.
»Natürlich nicht«, polterte der Vampirkönig. »Sie verwechselt mich offenbar mit irgendeinem Bauernlümmel.«
Frankenstein betrachtete die Blondine, die sichtlich zitterte.
»Sie scheint sich ihrer Sache recht sicher zu sein«, sagte er. »Woher kommt das wohl?«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Lord Dante. »Wie sollte ich auch versuchen, die Denkweise dieses Mädchens zu begreifen? Ich kann mir nicht einmal andeutungsweise vorstellen, wie ihr primitiver Verstand arbeitet. Erledige sie jetzt, Latour, solange die Stimmung dieses Abends noch zu retten ist.«
Latour sah erst zu Dante, dann wieder zu Frankenstein hinüber. Auf seinem Gesicht stand ein verwirrter Ausdruck, und sein Blick ließ erkennen, dass zwei widersprechende Loyalitäten an ihm zerrten.
»W-warum würdest du mir was antun wollen, Pierre?«, fragte die junge Frau, der nun Tränen übers Gesicht liefen. »Was h-hab ich dir jemals g-getan?«
Lord Dante sprang so blitzschnell auf, dass es unmöglich war, dieser Bewegung mit den Augen zu folgen. Seine Augen leuchteten scharlachrot, als er Gläser und Flaschen, Porzellan und Tafelsilber vom Tisch wischte, dass alles scheppernd an eine der roten Wände knallte.
»Genug!«, kreischte er mit wütender Fistelstimme. »Das ist mehr als genug! Ich bin Dante Valeriano, der Vampirkönig von Paris, und habe niemals von diesem Mann gehört, für den sie mich hält. Erledige sie jetzt, Latour – ich befehle dir, sie zu erledigen!«
Latour verharrte unbeweglich.
Er starrte Frankenstein mit bittendem Gesichtsausdruck an. Das Monster erkannte, dass alle am Tisch jetzt ihn ansahen, dass die Autorität in diesem Raum immer weniger bei dem Vampirkönig lag. Das merkte auch Dante, der die Blicke seiner Gäste richtig deutete.
»Du zweifelst an meinem Wort, Frankenstein?«, fragte er drohend. »Nach all den Jahren, die wir miteinander verbracht haben, zweifelst du an mir?«
Das Monster ignorierte ihn, starrte einen Gast nach dem anderen an.
»Sagen Sie mir, meine Damen und Herren«, verlangte er mit einer Stimme wie rumpelnde Felsblöcke, »wie lange kennen Sie unseren illustren Gastgeber schon?«
Der Pantoffelheld, der Ehemann der Frau mit dem weißen Gesicht, tupfte sich die Stirn mit einem Taschentuch ab und sah Frankenstein an.
»Nun«, sagte er nervös, »das Vergnügen von Lord Dantes Gegenwart unter uns haben wir natürlich erst seit ungefähr zehn Jahren. Wie jeder weiß, musste er sich zuvor versteckt halten, um den Tataren zu entgehen, die ausgeschickt
Weitere Kostenlose Bücher