Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)

unterschiedlich. Mein Abkommen mit Schwarzlicht wird hoffentlich Millionen von Männern und Frauen schützen, die wir beide niemals kennenlernen werden. Durch seine Vereinbarung mit mir hat Ihr Großvater dafür gesorgt, dass die Menschen, die er liebte, ihr Leben lang etwas weniger gefährdet waren. Wollen Sie hier sitzen und behaupten, er habe falsch gehandelt? Mal ehrlich?«
    »Es war feige«, sagte Jamie mit zornrotem Gesicht. »Es war schwach.«
    Valentin musterte ihn enttäuscht. »Eigene moralische Ansprüche beiseitezuschieben, um Menschen zu schützen, die man liebt, ist keineswegs schwach, Jamie. Das ist eher das genaue Gegenteil. Er hat die Wahl, die er getroffen hatte, mit ins Grab genommen, hat diese Last sein Leben lang getragen und hat niemals einem Menschen davon erzählt, niemals um Verzeihung oder Absolution gebeten. Er hat getan, was er für richtig hielt, und unbeirrbar weitergemacht. Sie dürfen die Welt nicht weiter nach Ihren absoluten Schwarz-Weiß-Kriterien einteilen, mein junger Freund. Es gibt weder Gut noch Böse, weder Helden noch Schurken. Es gibt nur Menschen mit all ihren Fehlern, und je früher Sie das begreifen, desto weniger kann die Welt Ihnen anhaben.«
    »Damit ich umso eher ein Ungeheuer wie Sie werden kann?«, fragte Jamie. »Niemals.«
    »Jamie, Ihr Großvater war ein guter Mann, der Hunderte von Menschenleben gerettet und die Welt durch seine bloße Existenz zu einem besseren Ort gemacht hat. Aber war er vollkommen? War er ein Ausbund an Tugend? Natürlich war er das nicht. Das sind auch Admiral Seward oder Major Turner nicht. Auch nicht das Monster, dem Sie so nachtrauern. Und auch Ihr Vater nicht.«
    »Reden. Sie. Nicht. Von. Meinem. Vater«, fauchte Jamie mit eisiger Stimme.
    »Das würde ich mir nicht anmaßen«, erwiderte Valentin. »Ich habe den Mann nie gekannt. Aber trotzdem kann ich Ihnen mit hundertprozentiger Gewissheit versprechen, dass er nicht vollkommen war. Weil das niemand ist. Das versuche ich Ihnen begreiflich zu machen.«
    Jamie schwirrte der Kopf, während er sich bemühte, ruhig zu bleiben und das Gehörte rational zu verarbeiten. Dann fiel ihm etwas ein, das der Vampir gesagt hatte, und er hob ruckartig den Kopf.
    »Sie halten sich noch heute an die damalige Vereinbarung, stimmt’s?«, fragte er leise. »Ich war in Ihrer Gegenwart nie gefährdet, nicht wahr?«
    Valentin nickte lächelnd. »Nein, Sie waren nicht in Gefahr, Jamie. Aber das wusste nur ich, und ich wollte es Ihnen nicht sagen, bevor es nötig war.«
    »Warum nicht?«, fragte Jamie. »Hätten Sie’s getan, wäre alles viel einfacher gewesen.«
    »Was hätte ich tun sollen?«, fragte Valentin gelassen. »Seward und den anderen von einer siebzig Jahre zurückliegenden Vereinbarung mit einem Mann erzählen, der schon mehrere Jahrzehnte tot ist? Weshalb hätten sie mir das glauben sollen?«
    »Weshalb soll ich Ihnen das glauben?«
    »Weil es die Wahrheit ist. Und weil Sie meinen Bruder getötet haben und trotzdem hier vor mir sitzen und ein- und ausatmen. Ist das nicht Beweis genug?«
    »Sie haben mir erzählt, dass Sie Alexandru nicht mochten«, sagte Jamie langsam.
    »Und das war die Wahrheit«, sagte Valentin. »Aber in Familiendingen, vor allem in so alten Familien wie meiner, geht Ehre über persönliche Gefühle. Oder sie sollte zumindest stärker ein.«
    Jamie überlegte lange, dann seufzte er schwer. »Ich kann nicht glauben, dass er nie jemandem davon erzählt hat«, sagte er. »Mein Großvater. Ich kann nicht glauben, dass er die Vereinbarung mit Ihnen geheim gehalten hat.«
    »Das ist nicht so ungewöhnlich, Jamie«, erklärte der Vampir ihm lächelnd. »Haben Sie noch nie etwas getan, das Sie keinem Menschen erzählt haben?«
    Jamie fuhr sichtbar zusammen, aber Valentin nahm keine Notiz davon, wenigstens nicht äußerlich. Allerdings hätte Jamie das nicht gemerkt, weil er in Gedanken plötzlich woanders war: beim Ende der ersten Sitzung des Sonderkommandos Stunde Null, von der er Kate und Larissa schließlich doch erzählt hatte.

32
Die Tiefen des Wissens
    Drei Tage zuvor
    Nach der zweiten Besprechung des Sonderkommandos Stunde Null verließ Jamie als Erster das Kontrollzentrum.
    Während die übrigen Mitglieder langsam herauskamen, wartete er auf dem Korridor. Er wollte sich bei Professor Talbot dafür bedanken, dass er sich – mit dem Hinweis darauf, dass Jamie einen Vampir der Prioritätsstufe eins vernichtet hatte – für ihn eingesetzt hatte, als Agent Brennan gefragt