Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
alles mit Kleinigkeiten: Übellaunigkeit, Diskussionen, Streit. Nichts, was einem gleich aufgefallen wäre. Aber sie war nicht glücklich, und das merkte ich erst, als es zu spät war, um sie zu retten. Ich dachte, wir hätten unsere speziellen Lebensumstände unter Krontrolle; wir setzten unsere Kraft und Schnelligkeit nie ein, tranken nur so viel Blut, wie wir zum Leben brauchten, und lebten in jeder anderen Beziehung wie gewöhnliche Menschen.
Aber wir alterten nicht. Weil wir unsere Nachbarn mieden und die Lokale, die wir besuchten, öfter wechselten, konnten wir nicht entdeckt werden, worauf es meiner Ansicht nach allein ankam. Aber das stimmte nicht. Ich hielt die Unsterblichkeit für eine gute Sache – das einzig Gute an der uns aufgezwungenen Veränderung –, weil sie bedeutete, dass ich bis in alle Ewigkeit mit Emily zusammen sein konnte. Nur war sie leider anderer Meinung.«
»Wieso?«, fragte Smith.
»Emily fand, die Unsterblichkeit entwerte alles, mache alles bedeutungslos. Erfahrung, Intimität und sogar Liebe seien substanzlos, weil nichts, was kein Ende habe, bedeutsam sein könne. Ich versuchte, sie vom Gegenteil zu überzeugen, sie zu meiner Auffassung zu bekehren, unser Leben sei sinnvoll, weil wir uns liebten, und sie schien zunächst besänftigt zu sein. Aber das war sie nicht; sie war nur eine viel bessere Schauspielerin, als ich ihr zugetraut hätte. Eines Abends wachte ich auf und stellte fest, dass sie verschwunden war. In der Küche lag ein kurzer Abschiedsbrief, in dem sie schrieb, sie liebe mich und es tue ihr leid. Daraufhin habe ich sie nie wiedergesehen.«
Adam ließ den Kopf hängen. Tränen fielen gleichmäßig auf den trockenen Wüstenboden und erzeugten winzige dunkle Krater in dem orangeroten Sand. Smith respektierte den Schmerz des Mannes neben ihm; er wartete einige Minuten, bevor er wieder sprach.
»Das tut mir leid«, sagte er. »Aufrichtig.«
Adam hob den Kopf und rang sich ein Lächeln von der Art ab, das nur den Unglücklichen zur Verfügung steht, denen das denkbar Schlimmste im Leben bereits zugestoßen ist, und die jetzt irgendwie weitermachen, einfach nur ein- und ausatmen müssen: ein Lächeln voller Tragik und Verwirrung, ohne die geringste Fröhlichkeit.
»Danke«, sagte er mit einer Stimme, die kaum lauter als ein Flüstern war. »Das weiß ich zu schätzen. Dies war der schlimmste Augenblick meines Lebens, auch wenn ich später noch viel durchgemacht habe. Aber er rechtfertigt trotzdem nicht, was ich als Nächstes getan habe.«
39
Von den Toten zurück
Jamie überließ es Matt, die Ordner und Archivkisten in den Regalen unterzubringen, und öffnete die Tür seiner Unterkunft nebenan.
Matt hatte sich gefreut, dass er ein eigenes Zimmer bekam – und noch dazu das neben Jamies. Er besaß praktisch nichts außer dem Inhalt des kleinen Rucksacks, den er getragen hatte, als er in dem Park in der Nähe seines Elternhauses gerettet worden war. Er hatte nur wenige Kleidungsstücke zum Wechseln, die er jetzt pflichtbewusst in den schmalen Spind hängte, und ein kleines gerahmtes Foto von sich mit seinen Eltern und seiner Schwester, das er jetzt sorgfältig auf den Nachttisch stellte. Dann machte er sich daran, die Unmengen Papier zu ordnen, die Professor Talbot ihm geschickt hatte; Jamie würde in einer halben Stunde zurückkommen, um mit ihm einen Rundgang durch den Ring zu machen.
In seiner Unterkunft ließ Jamie sich aufs Bett fallen und schloss die Augen, nur für ein paar Sekunden. Dieser Tag war selbst für die Maßstäbe des Department 19 ziemlich anstrengend gewesen, und dabei war es noch nicht einmal Mittag.
Sein Gespräch mit Valentin Rusmanov hatte einer Achterbahnfahrt geglichen: beunruhigend, manchmal beängstigend, aber letztlich sehr spannend. Von seinem anschließenden Gespräch mit Admiral Seward konnte man das nicht behaupten; die Enthüllung, dass der Hauch einer Chance bestand, dass Frankenstein noch leben könnte, hatte ihn so aus dem Gleichgewicht gebracht, dass er jetzt verstehen konnte, weshalb der Direktor überlegt hatte, ob er ihn darüber informieren oder weiter im Ungewissen lassen sollte.
Aber seit seinem Gespräch mit Matt fühlte er sich besser – fast wie damals vor einem halben Jahr, als er mit dem im Koma liegenden Jungen gesprochen hatte. Er hatte etwas Beruhigendes an sich, und Jamie glaubte, den Grund dafür entdeckt zu haben: Matt gehörte zu den Leuten, deren Einstellung so positiv, so enthusiastisch war, dass Jamie
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