Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
und Seitenstraßen gelotst, bis sie die Rue de Bretagne erreichten, in der Jamie sein Team aussteigen ließ. Die Sonne war noch keine vierzig Minuten untergegangen, aber im Marais herrschte wie immer reger Betrieb; in den Bars und Restaurants tummelten sich Gäste, und Musik und Lachen und Gesprächsfetzen drangen auf die Straße, während Straßenhändler ihre Ware anpriesen und die ersten Betrunkenen vorbeitorkelten.
Dies war keine Umgebung, das war Jamie sofort klar, in der fünf Personen in schwarzen Uniformen und mit purpurroten Visieren ohne großen Aufwand unauffällig bleiben konnten. Andererseits machten die lichtempfindlichen Filter in ihren Visieren die Identifizierung von Vampiren sehr leicht, und Jamie fühlte sich wie so häufig zwischen Vorsicht und Wagemut hin und her gerissen.
Zumindest anfangs hatte er versucht, einen Kompromiss zu finden. Sein Team war in dem für dieses Viertel typischen Gewirr aus dunklen Gassen geblieben, hatte in den Schatten mühelos Deckung gefunden, von dort aus die Menschen auf der Straße beobachtet und auf das verräterische rote Glühen gewartet, das einen Vampir anzeigen würde.
Nach knapp einer Viertelstunde hatten sie Glück gehabt. Ein Vampir mittleren Alters schlenderte die Rue Debellyme entlang, hatte die Hände in den Manteltaschen und pfiff einen unbekümmerten kleinen Ragtime-Song. Angela Darcy entdeckte ihn zuerst und machte die anderen flüsternd auf ihn aufmerksam. Auf Jamies Befehl folgten sie ihm und benutzten dafür dunkle Gassen, die Dominique wie seine Westentasche zu kennen schien.
Der Vampir schien nichts von ihrer Anwesenheit zu ahnen; er schlenderte weiter durch den Pariser Abend, als habe er keinerlei Sorgen. Jamie beobachtete, wie er an der Kreuzung der Rue de Saintonge und der Rue de Turenne links abbog, und sah seine Chance. Als der Mann an der Einmündung einer dunklen Gasse vorbeikam, wurden die Schatten plötzlich lebendig, und er fand sich mit Metallpflöcken an Brust und Kehle an eine Mauer gedrückt wieder, bevor er richtig verstand, was passiert war.
Der Vampir, der Alain Devaux hieß und in den hundert Jahren seines bisherigen Lebens nie auch nur einer Fliege etwas zuleide getan hatte, kam von einem schönen Tag bei seiner Tochter Beatrice zurück, die ihre Wohnung auf der Rive Gauche den besonderen Bedürfnissen ihres Vaters angepasst hatte. Die Fenster hatten lichtdichte Jalousien, und in ihrem Kühlschrank lagerten neben ihrem Brie, ihrer Chorizo und ihrem Weißwein auch stets einige Flaschen Blut, das sie ohne Nachfragen von ihrem Fleischer in Saint Germain-des-Prés bekam, der anscheinend glaubte, sie verarbeite die dunkelrote Flüssigkeit, die sie so regelmäßig bezog, selbst zu Blutwurst.
Beatrice war Alains dritte Tochter; die beiden ersten, zu denen nach seiner Verwandlung aller Kontakt abgerissen war, hatte er schon überlebt. Als dann Beatrice auf die Welt gekommen war, hatte er sich geschworen, diesen Fehler nicht nochmal zu machen. Er war ein sanftmütiger Mann, der sich viele Jahre für seine Verwandlung geschämt hatte, weil er niemals ganz hatte akzeptieren können, dass er nichts für sie konnte.
Er pflegte keine Verbindungen zu anderen Vampiren und interessierte sich nicht für ihre Angelegenheiten, was zur Folge hatte, dass er nichts von der Existenz von Department 19 ahnte. Deshalb geriet er in Panik, als einer der schwarz Uniformierten ihn durch ein purpurrotes Visier anfunkelte, und vergaß seine übermenschliche Stärke, mit der er eine gute Chance zur Flucht gehabt hätte – auch gegen die fünf Gestalten, die ihn jetzt umringten.
»Kennst du Jean-Luc Latour?«, fragte der Uniformierte mit künstlich veränderter metallischer, emotionsloser Stimme.
»W-was?«, stotterte Alain vor Angst zitternd.
Der Metallpflock unter seinem Kinn stieß kurz zu, ritzte seine Haut. Alains Augen flammten unwillkürlich auf, als er den markant kupfrigen Geruch des eigenen Bluts witterte.
»Augen!«, rief eine der anderen Gestalten.
»Ich kann nichts dafür«, sagte Alain und sah die schwarzen Gestalten bittend an. »Ich kann wirklich nichts …«
Mit einer blitzschnellen Bewegung zog der Uniformierte, der ihn angestarrt hatte, seine Pistole. Alain hatte keine Zeit, um sein Leben zu flehen, das bestimmt gleich zu Ende sein würde, als die schwarze Gestalt mit der Waffe ausholte und den Griff auf Alains Stirn herabkrachen ließ, sodass eine stark blutende Platzwunde entstand.
Blut lief Alain übers Gesicht, und er
Weitere Kostenlose Bücher