Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
seinem. Er sah, wie eine Vampirin sich vorbeugte und mit einem Strohhalm eine Linie aus rotem Pulver aus dem Dekolleté einer anderen Vampirin schnupfte; die beiden sahen sich so ähnlich, dass sie Zwillingsschwestern sein mussten.
Dichte Rauschwaden hingen über der Tanzfläche, und Jamie roch das typisch bittere Aroma der Vampirdroge Bliss, zu deren Herstellung er einst beigetragen hatte. Stroboskoplicht beleuchtete die Tanzenden, und die Musik wummerte und wummerte und wummerte, während Schweiß und Blut und Lust sich in der aufgewühlten rauchigen Luft vermengten.
Jamie hatte genug gesehen. Er hakte eine Ultraviolettgranate vom Koppel und nickte Angela Darcy zu. Sie verschwand in der Menge, um Sekunden später hinter dem DJ aufzutauchen. Jamie beobachtete, wie sie ihm die Mündung ihres T-Bones in den Rücken drückte, bevor sie ihm etwas ins Ohr sagte. Im nächsten Augenblick verstummte die ohrenbetäubend laute Musik.
Die Vampire auf der Tanzfläche kreischten vor Missvergnügen, dann drehten sie sich wie ein Mann nach Jamie um, als er mit laut hallender Stimme ihre Aufmerksamkeit verlangte. Er hielt die Handgranate hoch über den Kopf und grinste in die Menge.
»Was das hier ist, wisst ihr alle, nicht wahr?«, rief er. »Wer hat Lust, ein paar Fragen zu beantworten?«
44
Hinter jedem guten Mann
Eine Stunde später
Larissa Kinley stand im Ring, dem Stützpunkt von Department 19, am offenen Tor des riesigen Hangars und beobachtete die im Westen untergehende Sonne. Sobald die dichten Wälder jenseits des Doppelzauns die letzten Sonnenstrahlen aufgesogen hatten, trat sie aufs Vorfeld hinaus und atmete die frische Luft tief ein.
Eine Vampirin zu sein hatte viele Nachteile, aber das Schlimmste, das Allerschlimmste daran war die einfache Tatsache, dass man tagsüber nicht ins Freie gehen konnte. Dass sie eine Schwarzlicht-Agentin war, machte die Sache etwas weniger schlimm, weil ihre Einsätze fast ausschließlich nachts erfolgten, sodass ihr Lebensstil ganz der alten Klischeevorstellung über Vampire entsprach: den Tag verschlafen und erst nach Sonnenuntergang hervorkommen.
Aber es gab Augenblicke – in den Jahren seit ihrer Verwandlung waren es sehr viele gewesen –, in denen sie sich danach sehnte, Sonne auf ihrer Haut zu spüren und die ganz anderen Düfte und Gerüche des Tages zu riechen, um sich von ihnen aus dem Dunkel und den Schatten forttragen zu lassen. Sie hatte sich damit abgefunden, dass sie das alles nie mehr erleben würde, aber das hinderte sie nicht daran, sich danach zu sehnen.
Seit sie sich vor fast vier Stunden im Kontrollraum von Jamie verabschiedet hatte, wurde sie das nagende Gefühl nicht mehr los, ihr Abschied sei irgendwie bedeutungsvoll gewesen. Das lag zum Teil daran, dass er zu dem wichtigsten Einsatz seines Lebens nach Paris geflogen war und sich dafür entschieden hatte, sie nicht mitzunehmen, aber das war noch nicht alles: Jamie war schon früher ohne sie im Einsatz gewesen – und sie ohne ihn –, aber Larissa hatte noch niemals ein so starkes Bedürfnis gehabt, ihn zu bitten, zu ihr zurückzukommen, wie heute im Kontrollzentrum.
Es gab keine Garantie dafür, dass Frankenstein noch lebte, dass Jamie und sein Team ihn würden aufspüren können, dass ihre Suche überhaupt gefährlich sein würde. Larissa wusste im Gegenteil, dass die fünf sehr wahrscheinlich mit leeren Händen zurückkommen würden, und versuchte schon jetzt, sich darauf vorzubereiten. Aber ein mulmiges Gefühl im Magen, irgendein Ur-Instinkt sagte ihr, dass ihr Freund in größter Gefahr schwebte.
Sie würde sich Sorgen um ihn machen, bis er heil heimgekehrt war; das wusste sie schon jetzt. Bis dahin gab es jemand anderen, um den sie sich kümmern musste, jemand, den sie vor einer Stunde auf dem Weg in Richtung Zaun beobachtet hatte, ohne ihm in der langsam untergehenden Sonne gleich folgen zu können. Aber nun war die Sonne fort.
Larissa schwebte in die Luft, genoss wieder das erregende Gefühl, wie leicht das für sie geworden war. Sie stieg langsam zu dem Hologramm hinauf, das den Ring aus der Luft tarnte, und bewunderte wieder einmal die plastische Komplexität des Bildes, die aus der Nähe noch deutlicher hervortrat.
Das Feld aus schwebenden Partikeln, auf das die Darstellung projiziert wurde, war kaum einen Zentimeter dick, aber es schien sich zu heben und zu senken, je nachdem ob Baumwipfel oder Waldlichtungen dargestellt waren. Das Ganze war ein Wunderwerk der Technik, nach dem
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