Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
brüllte den fremden Himmel über sich an. Dies war nicht der Ort, an dem er seine Tage hätte beschließen sollen, allein und verängstigt an diesem uralten Schreckensort; er hatte Heere befehligt, Städte und ganze Länder verwüstet, mit Kaisern und Königen verkehrt. Er wütete in dem Dunkel, das ihn umgab, schwor demjenigen den Tod, der ihn hergebracht hatte, verfluchte seine Feinde, drohte allen, die ihm jemals Unrecht getan hatten, mit Rache und bot seine Seele für die Chance an, seine Verräter kalt in der Erde liegen zu sehen.
Nichts geschah.
Über ihm kreisten die Sterne, blühten zu Leben auf und erloschen wieder, als vergingen Jahrmillionen in bloßen Sekunden. Die Statuen rings um ihn standen stumm und unbeweglich da, starrten mit leeren Augen auf ihn herab. Der Altar blieb ein lebloser Steinklotz.
Vlad sank dagegen, sein Feuer war so rasch vergangen, wie es aufgeflammt war.
Wozu bin ich hier? Wenn nicht für irgendwelches Teufelswerk, wozu dann? Vielleicht bin ich verrückt?
Du bist nicht verrückt, flüsterte die Stimme, die er auf der Lichtung gehört hatte. Aber du bist dumm.
Vlad sah sich um, aber in dem Kreis aus stummen Steinfiguren bewegte sich nach wie vor nichts. Die Stimme klang grausam und spöttisch, und er versuchte zu erraten, was sie wohl meinte, weshalb sie seine Intelligenz anzweifelte.
Dann fiel sein Blick auf die braunen Flecken auf dem Altar, und er begriff plötzlich. Er grub die Finger seiner rechten Hand in die Wunde an seinem Arm, riss das Fleisch auf. Vlad grunzte vor Schmerzen, als Blut in breitem Strom seinen Arm hinunterzulaufen begann und seine Hand bedeckte; er hob sie hoch über den Kopf und verharrte in dieser Haltung.
Wenn ich nicht verrückt bin, erwartet mich hier nur Verdammnis.
Du bist seit Langem verdammt, zischte die Stimme, und Vlad wusste im Innersten, dass sie recht hatte. Er machte eine knappe Handbewegung, die die Altarplatte mit dunkelroten Blutstropfen besprenkelte.
Die Luft war augenblicklich von Energie erfüllt; sie knisterte um Vlads Kopf, hob sein langes schwarzes Haar von den Schultern. Er beobachtete, wie die Haare auf den Oberseiten seiner Arme sich aufstellten, und spürte dicke, fettige Kraft in seinen Zähnen und Knochen. Die Statuen begannen sich zu bewegen, erwachten auf ihren Sockeln rumpelnd zum Leben, fügten einander ihre Martern mit grausig langsamen Bewegungen zu und bildeten einen Wall aus schmerzverzerrtem, missbrauchtem Stein. Vor ihm begann der Altar eine schwarze Flüssigkeit abzusondern, die aus winzigen Steinporen zu quellen schien: ein dickflüssiges Öl mit Licht absorbierenden Eigenschaften. Als der Altar ganz damit bedeckt war, öffnete sich in dieser Flüssigkeit ein Mund, unmöglich breit und voller scharfer Zähne wie Dolche, der ihn anzulächeln schien.
»Wer bist du?«, fragte Vlad mit zitternder Stimme.
Das könntest du nicht zu verstehen hoffen, antwortete der Mund. Dies war dieselbe Stimme, die er gehört hatte, als er blindlings in die von ihr so bezeichnete Tiefe gestürzt war, aber jetzt klang sie ruhig, fast freundlich. Und es ist nicht wichtig. Entscheidend ist, dass ich weiß, was du bist.
»Was bin ich?«
Ein Ungeheuer. Der Mund verzog sich zu einem grässlichen breiten Grinsen. Zu Grausamkeiten imstande, die selbst jemanden wie mich beeindrucken. Ein Aasfresser. Ein Parasit. Ein …
»Genug«, sagte Vlad so nachdrücklich er konnte.
Der Mund auf dem Altar grinste noch breiter.
Und tapfer, bis zu einem gewissen Punkt. Oft bis zur Torheit. Oder Gefahr.
»Wozu hast du mich hergebracht?«, wollte Vlad wissen.
Hergebracht hast du dich selbst. Deine Wut hat über die Tiefe hinausgeschrien. Ich habe nur den Weg erhellt.
»Weshalb?«, fragte Vlad. »Wozu, um Himmels willen? Was willst du von mir?«
Ich will dir etwas anbieten. Im Tausch gegen etwas, das du lange nicht mehr benützt hast.
»Wovon redest du?«
Von deiner Seele, sagte der Mund und fletschte die Zähne. Ich will deine Seele. Sie wird mich jahrtausendelang amüsieren. Und ich zahle großzügig dafür.
Vlad starrte die glitschige Altarplatte an. Der Mund lächelte weiter, und er spürte, wie seine Magennerven rebellierten.
»Was würdest du mir bieten?«, fragte er. »Welcher Preis wäre hoch genug für das, was du verlangst?«
Ich kann dir Rache an allen bieten, die dir jemals Unrecht getan oder dich enttäuscht haben. Ich kann dir ewiges Leben schenken, damit du deine Feinde bis ans Ende ihrer Tage verfolgen kannst, ohne zu
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