Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
erzählst du mir das?«
Der jüngere Vampir warf seinem Bruder seufzend einen mitleidigen Blick zu.
»Du nimmst immer alles so wörtlich. Aber lassen wir das. Ich nehme an, dass du mir eine Botschaft deines Meisters zu überbringen hast?«
»Unseres Meisters«, sagte Valeri eisig.
»Natürlich. Unseres Meisters. Entschuldige.«
Aber Valentin sah nicht so aus, als täte ihm das im Geringsten leid. Seine Lippen umspielte ein halbes Lächeln, das seinen älteren Bruder erst recht aufbrachte. Valeri unterdrückte seinen Zorn, so gut er konnte, und konzentrierte sich auf den Auftrag, der ihn hergeführt hatte.
»Er ruft dich heim, Valentin. Dein Leben gehört ihm, hat schon immer ihm gehört, und er ruft dich heim.«
Valentin fletschte die Zähne.
»Mein Leben gehört mir«, knurrte er. »Kapiert?«
Rot breitete sich von den Augenwinkeln ausstrahlend in Valeris Augen aus. Er nahm seine Hände, die bisher auf dem Rücken gelegen hatten, nach vorn und ließ sie seitlich neben dem Körper baumeln.
»Ich bin anderer Meinung«, sagte er. »Und unser Meister sicher auch.«
Die beiden Vampire starrten sich an, während die Luft um sie herum von potenzieller Gewalt zu knistern schien. Dann grinste Valeri breit und hob wie um Entschuldigung bittend die Hände.
»Genug, Bruder«, sagte er. »Ich habe keine Zeit für Posen oder Kinderspiele. Ich muss fort – mit oder ohne dich. Weigerst du dich, dem Ruf unseres Meisters zu folgen, dem du diesen goldenen Käfig verdankst, den du Leben nennst? Oder wirst du ihn ehren, wie du’s auf ewig zu tun geschworen hast, und deine Pflicht tun, nachdem er nun zurückgekehrt ist?«
Valentin betrachtete seinen Bruder, dann lächelte auch er.
»Natürlich tue ich das«, bestätigte er. »Ich brauche zwei Tage, um meine Angelegenheiten zu ordnen, danach kehre ich heim wie ein treues Schoßhündchen.«
»Deine Angelegenheiten sind unwichtig«, antwortete Valeri. »Du sollst heute Nacht mitkommen.«
»Dann möchte ich dich an zwei Dinge erinnern«, sagte Valentin weiterhin lächelnd. »Erstens bist du Gast in meinem Haus. Und zweitens habe ich seit über fünfhundert Jahren keine Angst mehr vor dir.«
Valeri trat mit grimmiger Miene einen halben Schritt vor.
»Tatsächlich, Bruder?«, fragte er mit einer Stimme, die kaum lauter als ein Flüstern war.
»Tatsächlich«, bestätigte Valentin. »Deshalb stehen dir zwei Möglichkeiten offen. Du kannst mir gestatten, meine unwichtigen Angelegenheiten zu ordnen, wonach ich wie versprochen heimkehre. Oder du kannst versuchen, mich mit Gewalt aus diesem Haus zu holen, wonach einer von uns unserem Meister wird erklären müssen, weshalb er den anderen vernichtet hat. Was soll’s also sein, Bruder ? «
90 Tage bis zur Stunde null
8
In der Oberliga
Jamie schwang die Beine unter der Bettdecke hervor, setzte sich auf den Bettrand und rieb sich die Augen mit den Handballen.
Aus der Ebene mit den Haftzellen war er mit erleichtertem Kopf und schuldbeladenem Herzen direkt in seine Unterkunft gegangen. Nach Besuchen bei seiner Mutter fühlte er sich immer schlecht; ihr Anblick in ihrer Zelle war schmerzlich und erfüllte ihn mit lähmender Hilflosigkeit. Aber seine Besuche waren das Einzige, worauf sie sich freute, und er hätte nicht im Traum daran gedacht, sie ihr zu verweigern. Als Alexandru sie entführt hatte, hatte er in den dunkelsten Augenblicken gefürchtet, er werde sie nie wiedersehen, nie eine Chance bekommen, die Tatsache wiedergutzumachen, dass er ein so schlechter Sohn gewesen war. Er würde nicht wieder in seine frühere Gleichgültigkeit verfallen und ihre Existenz als selbstverständlich betrachten, auch wenn ihr Anblick in ihrer Zelle sein Herz schmerzen und seine Haut vor hilflosem Zorn kribbeln ließ.
Sie braucht mich. Nur darauf kommt’s an. Und ich werde sie nicht im Stich lassen.
Der Radiowecker auf seinem Nachttisch zeigte 8.55 Uhr an. Jamie stemmte sich hoch, hob beide Arme über den Kopf und spürte, wie die Gelenke knackten, als er die Muskeln streckte. Dabei schüttelte er den Kopf, um klarer denken zu können, aber die Gedanken an seine Mutter ließen sich nicht so einfach verdrängen. Er schnappte sich sein Handtuch, ging zum Duschblock auf Ebene B, stellte sich in eine der Kabinen und hoffte, dass das stetige Trommeln des heißen Wassers seinen Verstand betäuben und ihm ein paar Minuten Ruhe verschaffen würde.
In Uniform setzte Jamie sich an seinen Schreibtisch und versuchte, das Protokoll der ersten
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