Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
Villa an der Upper West Side, in der er seit ihrer Fertigstellung im Jahr 1895 wohnte. Dass dieses prächtige, stattliche Gebäude ihm gehörte, war wie die meisten Aspekte seines Lebens ein sorgfältig gehütetes Geheimnis.
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts hatte seine Langlebigkeit ihn zu bestimmten Maßnahmen gezwungen, um Aufmerksamkeit zu vermeiden. So hatte er eine Anzahl von Scheinfirmen gegründet, die sein Vermögen verwalteten. Sein Name erschien auf keinem Schriftstück, das mit dem Gebäude zusammenhing, und äußerlich unterschied es sich kaum von den luxuriösen anderen Apartmenthäusern am Westrand des Central Parks.
In seiner Erscheinung glich es dem Dakota, das dreizehn Blocks südlicher stand, aber während dieser berühmte Bau ursprünglich für fünfundsechzig Einzelwohnungen ausgelegt gewesen war, war Valentins Gebäude eine einzige, fast unanständig geräumige Residenz, die sich über sieben Geschosse erstreckte, in denen die Siegesbeute von über vier Jahrhunderten Einfluss und Reichtum zur Schau gestellt war. Ganz oben im siebten Stock lagen Valentins Privaträume, die nur auf Einladung betreten werden durften. Das Arbeitszimmer, in dem er jetzt stand, nahm die Nordostecke des obersten Stockwerks ein, von dem aus man einen spektakulären Blick über den Park genoss.
Valentin sah auf die weiten Flächen hinunter, eine Oase aus dunklen Ecken und Schatten inmitten des Lichtermeers von Manhattan. Die letzten Jogger strebten zu den Ausgängen und überließen das Feld den verliebten Teenagern, Junkies, Straßenräubern und Obdachlosen, die den Park des Nachts bevölkerten. Er hatte ein Auge auf sie, beobachtete ihre kleinen Existenzen aus der Höhe, ohne sie zu kritisieren oder zu verdammen. Er hatte nie Abscheu oder Zorn empfunden, wenn er gewöhnliche Menschen betrachtete; solche Gefühle hatte er seinen Brüdern überlassen, und seinem ehemaligen Meister.
Valentin rümpfte die Nase und verzog im nächsten Augenblick das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse. Er wandte sich vom Fenster ab, schwebte rasch durch den Raum und landete elegant in dem dunkelblauen Ledersessel hinter seinem breiten Mahagonischreibtisch. Er lehnte sich in den Sessel zurück und sah erwartungsvoll zur Tür hinüber. Sekunden später wurde höflich angeklopft, dann öffnete die Tür sich eben weit genug, damit Valentins Butler, eine skelettartig hagere Gestalt in exquisiter Abendkleidung, durch den Spalt hereinschlüpfen konnte.
Lamberton war im Jahr 1901 in den Dienst des Vampirs getreten und hatte sofort untadelige berufliche Kompetenz und bewundernswürdige Bereitschaft bewiesen, die Schrecken zu ignorieren, die sich regelmäßig unter dem Dach seines Herrn ereigneten; er hatte Valentin vierzig Jahre lang als Mensch und weitere siebzig als Vampir gedient.
Seine Verwandlung war Lambertons Idee gewesen; obwohl Valentin dem Butler versprochen hatte, er habe in seinen Diensten nie etwas zu befürchten – woran der alte Vampir sich unverbrüchlich gehalten hatte –, hatte Lamberton sich schließlich gezwungen gesehen, seinem Herrn das Problem seines fortschreitenden Alters vorzutragen.
Nachdem sie die Sache bei einer halben Kiste 1921er Château Latour besprochen hatten, hatte Valentin widerstrebend zugeben müssen, dass es keine andere Lösung zu geben schien. Nachdem er sich ein letztes Mal vergewissert hatte, dass der Butler es ernst meinte, hatte er Lamberton wie ein zärtlicher Liebhaber in den Hals gebissen und nur sehr wenig Blut fließen lassen. Dann war er in die New Yorker Nacht hinausgeflogen und hatte am Hafen eine junge Krankenschwester aus Oklahoma auf dem Weg in ein europäisches Kriegslazarett gefunden. Er hatte sie Lamberton gebracht, als seine Verwandlung vollzogen war und der Hunger ihn zum ersten Mal packte. Sowie der Butler gesättigt war, dankte er seinem Meister und nahm sofort wieder seine Arbeit auf, die er seither mit bewundernswürdiger Umsicht und diskret erledigte.
Jetzt stand Lamberton stumm an der Tür und wartete darauf, dass seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen wurde, bevor er sprach. Als Valentin in seine Richtung nickte, sprach er die fünf Wörter, die sein Meister niemals zu hören gehofft hatte.
»Ihr Bruder ist hier, Sir.«
Valentin fluchte auf Walachisch, wobei seine Augen vorübergehend rot aufblitzten. Dann betrachtete er Lamberton und seufzte schwer.
»Soll reinkommen«, sagte er.
Die Tür flog weit auf, und Valeri Rusmanov kam ins Arbeitszimmer gestapft,
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