Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
Jahren getan, ohne einen zweiten Gedanken darauf zu verschwenden; er hatte seinen ältesten Bruder schon als Kind gehasst, und daran hatte sich in den seither vergangenen vierhundert Jahren nichts geändert. Alexandru dagegen hatte er früher so nahe gestanden, wie das für zwei Brüder überhaupt möglich war.
Seit Valentin alt genug gewesen war, um allein spielen zu dürfen, ohne von der Schar von Kindermädchen, die seine Mutter eingestellt hatte, um ihre Nerven vor den Streichen ihrer Söhne zu bewahren, beaufsichtigt zu werden, waren sie unzertrennbar gewesen. Alexandru hatte nie etwas gegen die Anwesenheit seines kleinen Bruders einzuwenden gehabt, auch wenn die älteren Jungen des Dorfs darüber gespottet hatten; er hatte klaglos und ohne zu grollen zugelassen, dass Valentin ihm wie ein verspielter Welpe überallhin nachlief.
Eines Tages hatte der Sohn eines Bauern Valentin auf dem Dorfplatz umgestoßen, sodass er weinend nach Hause gekommen war. Alexandru hatte geduldig gewartet, bis sein kleiner Bruder den Namen des Schuldigen nannte; dann hatte er sich aus dem Haus geschlichen und war erst Stunden später mit lahmem rechten Arm heimgekommen. Wieder eine Stunde später war der Bauer bei ihnen erschienen und hatte eine Entschädigung gefordert; oben an der Treppe horchend hatte Valentin mitbekommen, wie der Mann ihrem Vater erklärte, Alexandru habe seinen Sohn mit einem abgerissenen Eichenast so zugerichtet, dass der Junge nie wieder werde gehen können.
Valentins Vater hatte aufmerksam zugehört, dem Mann sein Bedauern ausgedrückt und ihn mit einem Beutel Dukaten weggeschickt. Sobald der Bauer gegangen war, rief er Alexandru, der sofort kam und darauf gefasst war, bestraft zu werden. Stattdessen schenkte sein Vater ihm und sich einen Schnaps ein, prostete ihm zu und erklärte ihm, er sei stolz auf ihn. In dem Moment hatte Valentin, der oben im Dunkel kauerte, solche Liebe zu seinem Bruder empfunden, dass er fürchtete, seine Brust könnte zerplatzen.
Einige letzte Glutreste dieser Liebe hatten noch in Valentins Brust geglimmt, als er beschlossen hatte, Alexandru aus seinem Leben zu entfernen. Seine Schuldgefühle hatte er durch die Überzeugung besänftigt, tatsächlich existiere der Mann, den er einst so heiß geliebt hatte, seit vielen Jahren nicht mehr, weil das zerstörerische, impulsive Wesen, das jetzt auf den Namen Alexandru hörte, nur noch äußerlich sein Bruder sei.
In den darauffolgenden Jahren hatte Alexandru mehrmals versucht, wieder Kontakt zu ihm aufzunehmen; jeder dieser Versuche war von Lamberton höflich abgewiesen worden, bis Valentin sicher sein konnte, dass sein Bruder seine Bemühungen aufgegeben hatte. Dieses Wissen hatte ihn fast traurig gemacht, obwohl er bezweifelte, dass ihre Entfremdung Alexandru, eine Kreatur, die von Lust, Instinkt und Begierde lebte, wirklich bekümmern würde.
Die wachsende Bewunderung für Jamie, die Valentin jetzt empfand, bestätigte ihm, was er längst vermutet hatte: Die Gefühle, die er einst für seinen Bruder hegte – Gefühle, die so stark gewesen waren, dass er für Alexandru gemordet hätte, bereitwillig und ohne zu zögern –, waren erloschen.
»Warum starren Sie mich so an?«, fragte Jamie. Sein Tonfall war eher neugierig als aggressiv, aber zugleich subtil drohend.
Valentin wachte aus seinen Erinnerungen auf und lächelte den Teenager an.
»Sie haben meinen Bruder vernichtet«, sagte er durchaus freundlich. Sein Lächeln wurde breiter, als er Jamie tief Luft holen sah. »Ich habe mich nur gefragt, wie das möglich war. In meiner Welt ist Klatsch eine recht begehrte Ware, aber die Einzelheiten sind mir nie zu Ohren gekommen. Ich habe mich gefragt, ob Sie mir erzählen würden, wie Sie das geschafft haben.«
Während Kate und Larissa kaum merklich einen besorgten Blick wechselten, schien Jamie einen Augenblick lang nachzudenken, dann begann er zu sprechen.
Er erzählte Valentin die Wahrheit: dass seine Freunde und er so lange wie möglich gegen Alexandrus Vampire gekämpft hatten und schließlich unterlegen waren, sodass er allein vor Valentins Bruder gestanden hatte. Er erzählte, er habe gewusst, dass er keine Chance hatte, Alexandru mit seinen Waffen wirklich zu schaden, aber ihm sei auch klar gewesen, dass Alexandru das wusste.
Er berichtete, wie er das Magazin seiner MP5 auf den Fuß des riesigen Kreuzes hinter dem Podest, auf dem Alexandru stand, leergeschossen hatte, bevor er es mit seinem T-Bone getroffen hatte –
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