Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
ich darauf warten muss.«
»Es geht um Ihren Bruder, Sir«, sagte Lamberton mit genau dem richtigen Maß an Anteilnahme in der Stimme. »Alexandru. Ich fürchte, er ist tot, Sir.«
Valentins Hand erstarrte auf halbem Weg zu seinen Lippen. Dann hob er das Glas ganz und leerte es mit einem Zug.
»Wirklich?«, fragte er. »Deine Quelle ist zuverlässig?«
»Das ist sie, Sir«, bestätigte Lamberton. »Ich habe mir die Nachricht bestätigen lassen, bevor ich Sie gestört habe. Leider ist sie mir von zuverlässigen Bekannten mehrfach bestätigt worden. Herzliches Beileid, Sir.«
Valentin nickte. »Danke«, sagte er knapp. »Hast du gehört, wie’s passiert ist?«
»Die Details sind noch nicht ganz klar, Sir. Anscheinend ist er von Julian Carpenters Sohn vernichtet worden, der die Entführung seiner Mutter rächen wollte. Mehr ist gegenwärtig nicht bekannt, Sir.«
»Von einem Carpenter«, sagte Valentin. »Ich gestehe, dass mich das nicht überrascht. Ich habe ihn gewarnt, dass seine Obsession, Rache für Ilyana zu nehmen, gefährlich ist, habe ihn mehrfach gewarnt. Ich habe nie verstanden, weshalb Leute unserer Art es darauf anlegen, Organisationen wie Schwarzlicht zu provozieren; sie sind vielleicht nicht mehr als Insekten, aber auch Insekten können schmerzhaft stechen.«
»Ganz recht, Sir«, antwortete Lamberton.
Valentin nickte, dann griff er nach einem weiteren Glas und füllte beide mit Bourbon. »Wir wollen auf meinen gefallenen Bruder trinken, Lamberton«, sagte er und hielt das zweite Glas seinem Butler hin. »Das hat er verdient, denke ich.«
Lamberton trat schweigend vor und nahm das Glas entgegen.
»Danke, Sir«, sagte er, dann nahm er Haltung an und hob die Hand mit dem Glas. »Auf Alexandru Rusmanov, der gelebt hat, wie er Lust hatte.«
Valentin lachte. »Perfekt!«, sagte er. »Auf meinen Bruder. Noroc! «
»Noroc!«, wiederholte Lamberton, und die beiden Vampire leerten ihre Gläser.
Hinten in dem Van sitzend, wo er durch eine lächerliche UV-Barriere von den drei jungen Angehörigen des Departments 19 getrennt war, empfand Valentin Emotionen, mit denen er nicht gerechnet hatte.
Trotz aller Unterschiede war Alexandru immerhin Valentins Bruder gewesen; in ihren Adern war das gleiche Blut geflossen. Deshalb hatte er Jamie Carpenter aufgesucht, hatte sich dafür entschieden, sein Angebot nicht Henry Seward, dem weithin bekannten gegenwärtigen Direktor von Schwarzlicht, sondern ihm zu unterbreiten, weil er den Jungen, der seinen Bruder vernichtet hatte, von Angesicht zu Angesicht sehen wollte. Als er ihn jetzt aus der Nähe betrachtete, empfand er weder Zorn noch Trauer, auch keinen Rachedurst; was er empfand, war nichts weniger als Bewunderung.
Unvorstellbar, wie tapfer dieser Junge gewesen sein muss, als er’s mit meinem Bruder aufgenommen hat und nicht zurückgewichen ist. Ich selbst hätte mir das zweimal überlegt, wäre diese Situation je eingetreten.
Das lag nicht nur daran, dass Alexandru alt oder stark gewesen war, obwohl beides im Übermaß zutraf; vielmehr war es die im Herzen des mittleren der drei Brüder Rusmanov tosende Flamme des Wahnsinns gewesen, die in Valentin stets Unbehagen erzeugt hatte.
In seiner Zeit als Mensch war sie schon da gewesen: tief unter einem meist glaubhaft wirkenden Deckmantel aus Menschlichkeit verborgen, war sie nur selten und dann immer scheinbar zufällig sichtbar geworden. Aber in dem Vampir war sie aufgelodert und hatte Alexandru von innen heraus verzehrt, bis sie allein übrig war. Sein Sadismus, seine Unberechenbarkeit, sein absolutes Desinteresse an der Erhaltung irgendeines Lebens, auch seines eigenen, hatte ihn praktisch zu einer Naturgewalt werden lassen: Er zog durch die Welt wie ein Wirbelsturm, teilte Tod und Schmerzen und Elend aus, wo immer er hinkam, und hinterließ überall eine breite Schneise der Verwüstung.
Valentin, der solch wahlloses Gemetzel für rücksichtslos und vulgär hielt, hatte schon seit Jahrzehnten nichts mehr mit ihm zu schaffen gehabt. Zuletzt miteinander gesprochen hatten sie nach Ilyanas Tod in Ungarn, als Alexandrus Trauer stärker als sein Wahnsinn gewesen und der einstige Mensch wieder an die Oberfläche gekommen war – wenn auch nur für wenige Tage, in denen der mittlere der Brüder Rusmanow ausschließlich über seinen Wunsch nach Rache an John Carpenter und dessen Familie gesprochen hatte.
Valentin hatte es geschmerzt, Alexandru den Rücken kehren zu müssen. Bei Valeri hatte er das schon vor vielen
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