Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der 13. Engel

Der 13. Engel

Titel: Der 13. Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Borlik
Vom Netzwerk:
sondern eine ganze Gruppe?«
    Finn kniff die Augen zusammen. »Weißt du etwas?«
    »Es gibt ein paar Leute, die von der Verschwörung wissen und die ebenfalls von diesen Verrätern gejagt werden«, sagte Amy aufgeregt. »Zweien von ihnen bin ich selber begegnet. Vielleicht würden sie uns helfen.«
    »Redest du von einer Art Widerstand?«, fragte Finn. »Warum hast du das nicht schon früher gesagt? Wir hätten doch bei denen unterschlüpfen können anstatt in diesem schäbigem Loch.«
    »Da liegt ja das Problem. Ich weiß nicht, wo wir sie finden können.«
    »Das versteh ich jetzt nicht. Wie kannst du von ihnen wissen, wenn du keine Ahnung hast, wo sie sich verstecken?« Finn musterte sie ratlos.
    »Ich bin ihnen auf der Straße begegnet, wo sie mich vor den Verschwörern gewarnt haben. Einer ist ein Straßengaukler namens Cornelius und der andere ein alter Pirat. Das ist auch schon alles, was ich weiß.«
    Finn starrte sie an, als hätte Amy ihm gerade erzählt, dass sie weiße Mäuse sähe.
    »Ich geb ja zu, das klingt verrückt, aber es gibt sie wirklich«, sagte Amy mit Nachdruck. »Und wir haben eine gute Chance, einen von ihnen wiederzutreffen. Cornelius tritt als Straßengaukler auf, um sein Geld zu verdienen. Wir sollten also gleich morgen in der Carrodsgasse vorbeischauen. Selbst wenn er nicht dort ist, gibt es vielleicht jemanden, der ihn kennt und uns sagen kann, wo wir ihn finden.«
    »Ein Versuch kann nicht schaden«, stimmte Finn zu. Im nächsten Augenblick bedachte er Amy mit einem überaus ernsten Blick aus seinen bernsteinfarbenen Augen. »Ohne Verbündete können wir sie nicht besiegen.«
    »Ich weiß«, sagte Amy bedrückt. Doch dann reckte sie das Kinn angriffslustig vor und verkündete: »Wenn Tante Hester Krieg will, soll sie ihn bekommen.«
    Finn lachte. »Was ich dir noch sagen wollte, Amy.« Er räusperte verlegen. »Äh, eben, als du mich, äh, umarmt hast …«
    »Ja?«
    »Du stinkst echt furchtbar!«
    Einen Moment lang sah sie ihn ungläubig an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Dann blickte sie an sich herab. Ihr Mantel und ihr Kleid waren voller Flecken. Vom Abwasser durchtränkte Erde hatte sich während ihrer Flucht durch die Kanäle in den Falten eingenistet und war dort getrocknet. »Du hast recht«, sagte sie. »Aber du riechst auch nicht viel besser.«
    Da prusteten die beiden los. Wie unendlich gut es doch tat, als plötzlich all die Traurigkeit und Wut in den Hintergrund rückten, die Amy seit der Verhaftung ihres Vaters gefühlt hatte. Für einen ausgelassenen Moment konnte sie wieder das elfjährige Mädchen sein, das sie war.

Wie die Hexe aus dem Märchen
    Gleich am nächsten Morgen kamen Finns Flickenmäntel zum Einsatz, genauso wie die beiden Schals, die in den Ärmeln versteckt gewesen waren. Beides zusammen würde eine erstklassige Verkleidung abgegeben, denn heute wollten sie die Weberei verlassen, um sich auf die Suche nach dem Straßengaukler zu machen. Lachend schlüpften sie in die Sachen. Der Mantel war Amy viel zu groß, sodass sein Ende hinter ihr über den Boden schleifte, und den Schal hatte sie sich wie einen Turban um den Kopf gewickelt, um ihr auffälliges schwarzes Haar darunter zu verbergen. Nun drehte sie sich vor Finn im Kreis. »Wie sehe ich aus?«
    »Wie ein verarmter Wesir«, sagte Finn grinsend. »Und ich?« Er hatte sich den Schal so um den Hals gewickelt, dass er die untere Hälfte seines Gesichtes verbarg.
    »Als ob du jemanden überfallen willst.«
    »Gut«, sagte Finn zufrieden. »Dann sehen wir wenigstens nicht wie zwei verängstigte Kinder aus, die auf der Flucht vor ein paar größenwahnsinnigen Zauberern sind.«
    Amys Gesicht verfinsterte sich. »Inzwischen hat Lucia bestimmt schon herausgefunden, dass wir nicht unter den Trümmern der Baugrube begraben liegen.«
    »Und lässt überall nach uns suchen«, fügte Finn hinzu.
    »Was soll’s. Die Stadt ist riesig und wir sind verkleidet – so ein Mist!« Amy nestelte an einer einzelnen Locke herum, die ihr in die Stirn hing und sich einfach nicht unter den Turban schieben lassen wollte. »Zum Glück – ah, geschafft –, zum Glück wurde der Wasserspeier bei dem Angriff zerstört.«
    »Wenn sie so mächtig ist, wie es scheint, könnte sie leicht einen neuen zum Leben erwecken«, gab Finn zu bedenken. »Allerdings wird sie es nicht wagen, ihn bei Tag nach uns suchen zu lassen. Das würde zu viel Aufmerksamkeit erregen, und das ist genau das, was diese Verschwörer nicht

Weitere Kostenlose Bücher