Der 18 Schluessel
warf sie die Fernbedienung auf den Nachttisch und versuchte eine Weile zu schlafen. Wichtig war, dass sie sich vorbereitete, und nicht wie ein kopfloses Huhn an der Universität herumlief. Vor allem musste sie dort schnell Anschluss finden.
9. Dezember
Nachdem sie die Nacht durchgeschlafen hatte, gelang es Eliana nach ihrem Pflichteinkauf, bei dem sie kratzige Wollpullover, Blusen und überknielange Röcke gekauft hatte, Chris davon zu überzeugen, dass sie einen Tag für sich allein brauchte, bevor sie sich in die Höhle des Löwen warf. Auch wenn es unpassend war, wollte sie wenigstens ein paar Stunden so tun, als führe sie noch immer ein ganz normales Leben. Chris war dagegen und wollte sie begleiten. In der Lobby des Hotels veranstalte er vor der peinlich berührten Empfangsdame eine Szene, die einem eifersüchtigen Ehemann gleichkam und weigerte sich, sie gehen zu lassen. Sein Kontrollwahn bekam langsam aber sicher etwas Pathologisches, wie Eliana fand. „Ich brauche eine Pause, Chris ... einen freien Kopf, wenn ich morgen nicht vollkommen neurotisch an der Universität auftauchen soll.“ Es gelang ihr schließlich, sich durchzusetzen. Widerwillig gab Chris nach und ließ sie ziehen.
Von der Empfangsdame bekam Eliana einen Stadtplan und wurde dann erneut mit dem einstudierten deutschen Satz „Einen schönen Aufenthalt in Rom“, verabschiedet.
Eliana war mehr als glücklich, dass sie dieses Mal eines der offiziellen Taxis erwischte, dessen Fahrer zwar auch nicht besser fuhr als der, der sie vom Flughafen ins Hotel gebracht hatte, aber zumindest ein verkehrstaugliches Auto besaß.
Ohne weiter darüber nachzudenken, ließ Eliana sich von dem fröhlich aber auch viel zu laut singenden Fahrer in die Vatikanstadt zum Petersdom bringen, wo sie viele Sehenswürdigkeiten nah beieinander wusste und ohne große Probleme zu Fuß weiter käme.
„Wohin wollen Sie denn Sinora? Brauchen Sie einen Reiseführer, der Ihnen die Gegend zeigt? Ist nicht gut, wenn eine schöne Frau alleine ist, eh?“ Sein unverhohlenes Grinsen im Rückspiegel ließ keinen Zweifel daran, dass er ihr außer der Gegend noch ganz andere Sachen zeigen wollte.
„Danke, ich bin auf Hochzeitsreise in Rom“, log sie.
„Ah, und wo ist ihr Mann, Signora?“ Er glaubte ihr kein Wort, aber das war Eliana egal. „Im Hotel Aldobrandeschi in der Hochzeitssuite. Er erholt sich von unserer Hochzeitsnacht.“
Sie konnte sehen, wie sich die Brauen des Taxifahrers hoben. Obwohl er ihr nicht glaubte, war sein Machoherz abgestoßen von einer Frau, die so offen und selbstbewusst über ihre Sexualität sprach. „Sie können mich vor dem Petersplatz absetzen.“
Er tat es wortlos, und auch das Singen war ihm vergangen. Eliana erkannte derweil, dass sie trotz des grauen Nieselregens nicht die Einzige war, die sich auf Sightseeingtour begab, und darüber war sie froh. Normalität war das, was sie jetzt brauchte und wonach sie sich sehnte. Eliana gab dem Taxifahrer ein großzügiges Trinkgeld und erklärte ihm, dass er nicht auf sie zu warten bräuchte. Anscheinend hatte er das auch nicht vorgehabt, denn er trat aufs Gas, sobald sie die Autotür geschlossen hatte, hüllte Eliana in eine Wolke aus Auspuffgasen und war dann verschwunden. Soviel zum Charme italienischer Männer, der offensichtlich nur unterwürfigen Frauen vorbehalten war. Machokomplex! Sofort bereute sie, so großzügig mit dem Trinkgeld gewesen zu sein.
Als sie den Petersplatz entlang lief, eine Weile den ägyptischen Obelisken in der Mitte bewundert hatte und nicht mehr so recht wusste, warum sie eigentlich gekommen war, entdeckte Eliana eine Reiseführerin, die ein Schild in die Höhe hielt, auf dem Sistine Chapel stand. Ein paar Touristen hatten sich um sie geschart, und Eliana beschloss, sich anzuschließen. Bereitwillig zahlte sie der Reiseführerin den wie sie fand horrenden Betrag von zehn Euro, erhielt dafür ein kopiertes Faltblatt mit einem kurzem Überblick über die Fresken, die sie zu erklären gedachte und trottete kurz darauf hinter der wild durcheinander redenden Gruppe Engländer her, hinein in die Sixtinische Kapelle.
Drinnen hielt Eliana die Luft an und sah sich um. Obwohl sie die Kapelle von Bildern her kannte, waren Michelangelos Malereien, jetzt, da Eliana direkt davor stand, noch weitaus beeindruckender – in bestem Englisch erklärte die Reiseführerin der Gruppe, dass die meisten Freskos mittlerweile restauriert worden waren, und die für Freskomalerei
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