Der 18 Schluessel
schwieg und es eilig hatte, von hier wegzukommen.
Eliana sah in das Gesicht der Frau. Sie war jung, eigentlich noch ein Mädchen. Große dunkle Augen, lockiges fast schwarzes Haar und volle geschwungene Lippen. Ein äußerst hübsches Gesicht, wie Eliana fand. Die Augen des Mädchens starrten sie an, trotzdem bekam sie wenig bis gar nichts von dem mit, was um sie herum geschah. Man hatte ihr starke Medikamente – wahrscheinlich Sedativa – gegeben. Speichel rann aus ihrem Mundwinkel. Ab und an blinzelte sie apathisch und brabbelte. „Mamma ... Papà“ – sie konnte höchstens siebzehn oder achtzehn Jahre alt sein. Felice zog eine Decke unter ihrem Sitz hervor und reichte sie Eliana nach hinten. „Decke sie damit zu und lass sie sich hinlegen und zur Ruhe kommen.“
Das Mädchen ließ sich kommentarlos von Eliana auf die Rückbank drapieren. Sie wagte kaum nachzufragen. „Was hat sie denn bekommen?“
„Nur etwas, damit wir sie im Auto mitnehmen können. Es wäre sonst zu gefährlich. Die Besessenen spucken und beißen und schlagen um sich.“
Das würde jeder tun, den man gegen seinen Willen von zu Hause wegschleppt, bemerkte Eliana innerlich. Wahrscheinlich war das Mädchen genauso wenig besessen, wie sie oder alle anderen, die von der Kirche als besessen eingestuft wurden.
Sebastian bremste so unvermittelt, dass Eliana mitsamt ihrem Mündel fast von der Sitzbank gefallen wäre. „Die Polizei ...“, flüsterte er aufgebracht Felice zu, die sich wiederum zu Eliana umwandte. „Bleib ruhig und sorge vor allem dafür, dass sie ruhig bleibt. Das ist nur die Verkehrspolizei.“
Was Eliana bereits befürchtet hatte – nämlich dass hier etwas geschah, was nicht nach den Regeln des Gesetzes lief – bestätigte sich durch Felices Worte. Langsam machte sie sich große Sorgen um das mit Drogen vollgepumpte Mädchen. Was hatten sich die Eltern dabei gedacht, sie diesen Fanatikern zu überlassen?
Sebastian lenkte den Wagen an den Straßenrand und kurbelte das Fenster hinunter.
„Reiß dich zusammen“, flüsterte Felice ihm zu, und er nickte stumm. Trotzdem konnte Eliana Schweißperlen auf seiner Stirn sehen. Die beiden Beamten hatten ihre Motorräder am Straßenrand abgestellt und überprüften die Sondergenehmigungen der Autofahrer. Einer von ihnen kam auf den Fiat zu, zog seine Mütze vom Kopf und steckte seinen Kopf durchs geöffnete Fenster. Er sprach Sebastian auf Italienisch an. Eliana verstand nur soviel, als dass er seine Sondergenehmigung sehen wollte. Dann fiel sein Blick auf die Rückbank und auf Eliana, die den Kopf des Mädchens auf ihren Schoß gelegt hatte.
„Signora ...“, mehr von dem, was der Polizist von ihr wollte, verstand Eliana nicht und zuckte deshalb hilflos mit den Schultern. Mit sich überschlagender Stimme sprang Sebastian ein und diskutierte mit dem Polizisten. „ ... Legionari di Dei ... „Der Beamte leuchtete Eliana mit einer Taschenlampe ins Gesicht und schien zu überlegen. Dann nickte er Sebastian zu. Eine Soutane und die Erwähnung eines katholischen Ordens schienen den Polizisten zu überzeugen. Er gab Sebastian die Erlaubnis, weiter zu fahren. Eliana spürte, wie ihre Anspannung einer unterschwelligen Angst wich und ihr Herz anfing zu rasen. Was ging hier eigentlich vor?
Felice drehte sich zu ihr um und lächelte aufmunternd. „Das war nur die Policia Municipale, die den Verkehr regelt. Wir haben eine Sondergenehmigung und dürfen zu jeder Tages- und Nachtzeit mit dem Auto fahren.“
Eliana nickte als hätte ihr der Zwischenfall wenig ausgemacht, doch innerlich wäre sie am liebsten aus dem Auto gesprungen und den Polizisten hilfesuchend in die Arme gefallen. Fast war Eliana erleichtert darüber, dass der Rest der Rückfahrt zügig und ohne weitere Zwischenfälle verlief.
Sie verspäteten sich trotzdem um eine Viertelstunde, was Felice mit einem besorgten Blick auf die Uhr kommentierte. Sebastian parkte den Fiat nicht direkt vor der Universität, sondern fuhr zu einem Hintereingang. Dort stieg er aus dem Auto, zog hastig die junge Frau von Elianas Schoß und trug sie bis zur Tür. Felice und Eliana folgten ihm. Felice benutzte ein Klopfzeichen, kurz darauf wurde die Tür von Innen geöffnet. Ein junger Mann mit dem Linksscheitel der Legionen begrüßte sie. „Imperium Dei ... Ihr seid spät! Beeilt euch, ich werde gleich abgelöst.“
„In aeternum ...“, murmelten sie fast gleichzeitig, dann folgten sie ihm im Laufschritt durch den Gang, der an der
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