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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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darüber«, sagte Werdin. »Vielleicht überwindest du bis dahin deinen Abscheu vor mir. Darf ich darauf hoffen?«
    Irma tat pikiert, schob die Unterlippe leicht vor, aber ihre Augen strahlten. »Mal sehen, was sich machen lässt.«
    »Irma!«, sagte Margarete empört.
    »Lass gut sein«, warf Mellenscheidt ein. Er grinste über das ganze Gesicht.
    Werdin war enttäuscht. Sein Stellvertreter Reinhold Gottlieb, der die Westeuropaabteilung des SD in seiner Abwesenheit geleitet hatte, schien mäßig erfreut, seinen Chef wieder zu sehen. Dabei hatte sich Werdin eingebildet, ein eher freundschaftliches Verhältnis mit Gottlieb zu haben. Vermutlich hatte der sich als kommissarischer Leiter gut gefühlt und war wenig begeistert, dass es damit nun zu Ende war.
    Schellenberg dagegen schüttelte Werdin fast herzlich die Hand. »Sie haben unsere Firma gut vertreten bei den Eierköpfen«, sagte er.
    »Damit haben Sie einen Beitrag geleistet zu der Überraschung, die wir nun für unsere uneinsichtigen Feinde vorbereiten.«
    Werdin winkte ab. »Ich verstehe bis heute Bahnhof, schweres Wasser, Grafit, Neutronen, Uran 235, Uran 238, Plutonium, eine Kernspaltung, die kein Mensch sehen kann - nichts für mich. Aber Diebner, Heisenberg und Weizsäcker sind begeistert. Sie fühlen sich als die Besten.«
    »Das sind eben auch nur Menschen wie Sie und ich«, sagte Schellenberg. »Ich glaube, unsere oberste Führung hat sich schon was einfallen lassen, wie wir die Feinde am meisten beeindrucken können.«
    »Hoffentlich ohne Gemetzel.«
    »Ich fürchte, ganz ohne wird es nicht abgehen. Sonst halten die Feinde die Uranbombe für eine Attrappe.«
    »Aber wir haben den Wissenschaftlern doch etwas anderes versprochen.«
    »Das war nötig, um Reibungsverluste zu vermeiden. Sie haben uns die Bombe gebaut, und jetzt können sie schlecht sagen, sie hätten nichts zu tun damit. Und ehrlich gesagt, sie haben sich erstaunlich schnell mit ein paar Versprechungen abspeisen lassen. Sie hätten wissen müssen, dass die Rettung Deutschlands ein bisschen wichtiger ist als die Ehrpusseligkeit von Herrn Heisenberg. Dann sollen die Herren sich eben beschweren und ihr gutes Gewissen behalten.«
    Schellenberg befahl Werdin, wieder seinen alten Posten zu übernehmen. »Wir haben noch viel mit Ihnen vor«, sagte er und lächelte freundlich.
XI.
    V ollmond erhellte die wolkenlose Nacht. Gestern, am 7. Mai 1945, wäre sein Vater sechsundsiebzig Jahre alt geworden. Die Bombe zerrte am Heck der Heinkel. Vor ihm flogen Focke-Wulfs 190, seine Bewacher, zwei Staffeln Jagdflugzeuge, folgten ihm. Sie hatten längst die Front überquert, das Blitzen der Artillerie und die Leuchtstrahlen der Raketenwerfer zeugten vom blutigen Kampf auf der Erde. Die Russen hatten es nicht mehr weit bis Berlin, sie hatten schon Angermünde mit schweren Geschützen beschossen. Dann erkannte Zacher nur noch Schemen sechstausend Meter unter ihnen. Bis zum Zielort Minsk waren es von Berlin tausend Kilometer. Trotz schwerer Zusatztanks unter den Flügeln würden die meisten Jäger schon nach siebenhundertfünfzig Kilometern umdrehen müssen. Eine Staffel bestand aus Freiwilligen, die bereit waren, nach der Mission auf sowjetischem Gebiet zu landen. Die Besatzungen waren gut ausgerüstet, um den langen Marsch zurück in die Heimat anzutreten. Doch niemand glaubte ernsthaft, sie würden es schaffen. Sie würden nicht einmal bis zur Front kommen. Vielleicht, so mochten sie hoffen, rettete sie ein Waffenstillstand. Sie würden mit ihren Jagdflugzeugen Zachers Bomber bis Minsk beschützen. Vorausgesetzt, sie würden nicht schon vorher durch feindliche Flieger zersprengt. Dann reichte der Sprit nicht. Für diesen Fall hatten sie Sammelpunkte vereinbart, wo sie versuchen sollten, den Bomber zu treffen, um ihm so lange wie möglich Geleitschutz zu geben. Jeder Funkverkehr war untersagt.
    Der Erfolg des Unternehmens Götterdämmerung hing ab von der Überraschung. Die Russen rechneten gewiss nicht mit einem Fliegerangriff tief im Landesinneren, deutsche Bomber hatte die sowjetische Fliegerabwehr schon lange nicht mehr vor ihren Läufen gehabt. Aus Furcht vor der russischen Flak und den Abfangjägern hatte die Luftwaffenführung erst geplant, den Angriff auf Minsk über die Ostsee zu fliegen. Aber der Umweg war zu groß. Stattdessen schickte Milch Bomberstaffeln gegen Wilna, einhundertsiebzig Kilometer nordwestlich von Minsk gelegen, um die sowjetischen Jäger von Minsk wegzulocken.
    Zacher sollte am

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