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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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vereint. Ein Dolmetscher war die Treppe hinuntergestiegen. Berija sagte etwas zu ihm, der Dolmetscher übersetzte für Himmler. Himmler nickte, sagte kurz etwas, der Dolmetscher flüsterte es Berija ins Ohr. Berija lächelte und nickte. Erst dann trat Goerdeler einen Schritt vor, deutete eine Verbeugung an, die Berija lächelnd erwiderte. Nachdem Berija weiteren Persönlichkeiten vorgestellt worden war, drückte er Grujewitsch die Hand. Berija zeigte auf sein Ohr, Grujewitsch beugte sich hinunter. Berija flüsterte: »Wenn wir nur mehr so fähige Genossen hätten wie Sie, Boris Michailowitsch.« Dann wurde Berija zu einer Staatskarosse geleitet.
    Eine Kolonne schwerer schwarzer Mercedes-BenzLimousinen raste hinter einer Polizeieskorte mit Blaulicht in Richtung Stadtmitte.
    Grujewitsch saß im letzten Wagen neben Schellenberg. »Das ist ein großer Tag für unsere beiden Länder«, sagte Schellenberg. »Wir hätten es immer so machen müssen.«
    Grujewitsch nickte. Er sah deutsche Panzer im Schnee vor Orel. Sie hatten Naryschkino schon erobert. Der erste Befehl der Besatzer lautete: Alle Juden sammeln sich auf dem Marktplatz. SS-Truppen in Feldgrau trieben die Menschen weg. Unter ihnen Michail Grujewitsch und seine Frau Ludmilla mit Grischa. Nachbarn erzählten Grujewitsch vom Abtransport seiner Eltern und seines kleinen Bruders. Er hörte nichts mehr von ihnen. Er hatte sie nicht einmal begraben können. »Ja«, sagte Grujewitsch, »wir hätten uns viel ersparen können.«
    Himmler hatte ein Stockwerk im Adlon frei machen lassen für Berija. Grujewitsch musste seine Suite räumen für den Staatssicherheitsminister. Sein neues Zimmer im gesperrten Stockwerk war kaum weniger luxuriös, nur war alles etwas kleiner. Meine ganze Wohnung in Moskau passt in dieses Hotelzimmer, dachte Grujewitsch. Den Gang versperrte ein Tisch, wo Berijas Leibwächter und SS-Offiziere gemeinsam Wache hielten. Niemand sollte den Staatssicherheitsminister angreifen können. Grujewitsch sah, dass Himmler sich vorsichtig verhielt und ausgezeichnet geschützt wurde. In seiner Nähe waren stets vier große SS-Männer mit Maschinenpistolen. Grujewitsch erkannte außerdem zahlreiche zivile Leibwächter, die den Reichsführer in einem größeren Kreis umgaben und deren Augen ständig das Umfeld absuchten. War Himmler nicht in seinem gepanzerten Dienstwagen geschützt, deckten ihn die Körper seiner Leibwachen. Wie es mit der Sowjetunion und Deutschland weiterging, hing ab von diesem Mann. Gut, daß er geschützt war.
    Kurz nach der Ankunft im Hotel trafen sich Himmler und Berija in einem Clubraum des Adlon. Nur Himmlers Dolmetscher wurde hinzugezogen. Die Besprechung dauerte eine halbe Stunde. Danach verschwand Berija in seinem Hotelstockwerk.
    Grujewitsch wartete unterdessen in seiner Suite, Berija würde ihn bald rufen. Nach dem ersten Klingeln nahm er den Hörer ab. »Der Genosse Berija wünscht Sie zu sprechen«, sagte eine Stimme. Es war wohl der Dolmetscher. Grujewitsch kannte ihn nicht, Berija hatte ihn vielleicht im Moskauer Fremdspracheninstitut aufgetrieben. Grujewitsch eilte zur Suite, die bis vor kurzem noch er bewohnt hatte. Vor der Tür standen zwei Wachmänner des MGB. Er gab einem der beiden seinen Dienstausweis. Der Wächter betrachtete das Papier aufmerksam. Er klopfte an die Tür, sie wurde von innen einen Spalt geöffnet. Der Wächter reichte den Ausweis durch den Spalt, die Tür schloss sich. Nach einigen Sekunden öffnete sich die Tür weit, ein Leibwächter Berijas, den Grujewitsch aus Moskau kannte, nickte ihm zu, ohne die Miene zu verziehen. Grujewitsch betrat die Suite. Berija saß auf einem Sessel und studierte eine Akte. Als Grujewitsch den Raum betreten hatte, blickte Berija auf. Er lächelte freundlich. »Sehen Sie, Boris Michailowitsch, es ist Ihnen vergönnt, an einem historischen Ereignis teilzunehmen. Und Sie selbst haben dazu ein klein wenig beigetragen, indem sie meine Aufträge millimetergenau durchgeführt haben. Da sitzen die großen Strategen im Außenministerium herum und jammern über die schlimme Lage. Wir Tschekisten werden ihnen zeigen, wie man Weltpolitik macht, nicht wahr, Boris Michailowitsch?«
    Grujewitsch nickte. »Jawohl, Genosse Berija.«
    »Wir werden die Sowjetunion aus der imperialistischen Umkreisung befreien, mit einem Schlag. Da werden sie große Augen machen, dazu gehören leider auch ein paar Genossen im Präsidium, diese Angsthasen. Und dann« - Berija lachte trocken -, »dann werden sie

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