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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Schreibtisch. »Was ist das für eine Scheiße?«, fragte Dulles statt einer Begrüßung. »Haben Sie Ihre Leute nicht mehr im Griff?«
    »Es gibt keinen Beweis, dass Myers’ Tod etwas mit unserer Operation zu tun hat.« Crowfords Stimme war brüchig. Als er es gesagt hatte, bereute er es. Verdammt, aber was sollte er sagen? Sollte er seine Agenten überwachen lassen durch andere Agenten und diese wiederum durch andere und so weiter und so fort? Es passierten eben Dinge, die keiner voraussah.
    Dulles starrte ihn böse an. »Keine Ausreden«, sagte er. »Ich habe die FBI-Akten gelesen, Dünnschiss, wie immer. Ich weiß gar nicht, was die mit dem vielen Geld machen, das ihnen der Kongress jedes Jahr in den Arsch schiebt. War Myers ein Maulwurf oder nicht? Das ist die einzige Frage, die mich interessiert.«
    »Wir wissen nicht, wer das Geld auf das Konto in Montevideo eingezahlt hat. Es waren Barzahlungen. Wir werden es nie rauskriegen. Wir können nicht einmal einen FBI-Trottel nach Montevideo schicken, um die Schalterbeamten zu fragen. Diese korrupten Schweine in Uruguay gehören inzwischen ja auch zur Liga der geheimen Freunde Deutschlands.«
    Crowford hoffte, dass der Sturm bald abflaute.
    »Verfluchte Scheiße, dieser elende Myers versaut uns den Plan. Alles umsonst. Wenn wir Werdin jetzt nach Deutschland schicken, ist er ein toter Mann. Es ist doch wohl klar, dass Myers für Schellenberg und Co. gespitzelt hat.«
    »Das ist nicht bewiesen. Wir wissen nicht, wofür er das Geld bekommen hat«, wandte Crowford ein.
    »Klar, aber wir müssen davon ausgehen, dass es die Schweine von der SS waren. Dann können wir Werdin gleich wieder nach Tierra del Sol fahren lassen. Und unsere Operation ist am Arsch des Propheten.«
    Crowford kannte das: Wenn Dulles wütend war, wurde er ordinär. Es war seine Art, Spannung abzubauen. Es dauerte eine Weile, dann wurde der große Meister wieder ansprechbar.
    »Wir hatten doch sowieso nie eine große Chance.«
    »Keine«, sagte Dulles. »Eigentlich hatten wir keine Chance. Wir wollten uns nur nicht nachsagen lassen, wir hätten nicht alles versucht.«
    »Gibt es weniger als keine?«, fragte Crowford.
    Dulles lächelte. Endlich lächelte er wieder.
III.
    B oris Grujewitsch hatte sich entschieden. Nach langem Überlegen notierte er zwei kurze Sätze auf einem Blatt Papier, dann bat er übers Haustelefon Iwanow zu sich. Als dieser die Tür zu Grujewitschs Dienstzimmer hinter sich geschlossen hatte, reichte ihm Grujewitsch das Blatt.
    HABEN FUNKSPRUCH ERHALTEN. WARTEN AUF VORSCHLÄGE. DIREKTOR, las Iwanow. Er bewunderte das Geschick seines Freundes. Die Deutschen konnten aus dieser Botschaft alles herauslesen oder nichts. Und Grujewitsch konnte niemand vorwerfen, sein Land verraten oder eine Chance nicht ergriffen zu haben. Trotzdem, oft genügte ein Nichts, um einen treuen Kommunisten für viele Jahre in Lagern vermodern zu lassen. Iwanow hatte aufgeatmet, als er erfuhr, Stalin sei tot. Er ahnte aber auch, die heroische Zeit der Sowjetunion neigte sich dem Ende zu. Er kannte Berija zu gut, um nicht zu wissen, der Geheimdienstchef hatte nicht das Format eines großen Führers. Berija war klug, gerissen, intrigant, hatte unzählige Menschen in das Morden verstrickt und sich gefügig gemacht. Und Berija war wahnsinnig. Er ließ sich von seinem Chauffeur durch Moskaus Straßen fahren, um Frauen zu jagen. Versteckt hinter einem schwarzen Vorhang, saß der Geheimdienstchef auf der Rückbank und wählte seine Opfer aus. Gefiel ihm eine Passantin, so musste der Chauffeur ihr nachstellen, sie mit Versprechungen oder Druck dazu bringen, ins Auto einzusteigen. Dann fuhren sie in Berijas Privatzimmer in der Lubjanka oder in seine Datscha, wo er seine perversen Gelüste befriedigte. Wenn man diesem kleinen bleichen Mann mit dem Zwicker gegenüberstand, ahnte man nicht, dass er es liebte, Frauen zu quälen. Und sie im GULag verrecken zu lassen, wenn sie sich nicht willig seinem Sadismus ausgeliefert hatten.
    Iwanow ekelte sich vor Berija. Und doch hatte er es gern gehört, als der starke Mann der Sowjetunion in einem Prawda- Artikel Signale aussandte, die nichts anderes bedeuten konnten als eine Einladung an die Deutschen, die Beziehungen zu verbessern. Der Krieg war vorbei, wenn auch seine Verwüstungen das Land noch Jahrzehnte plagen würden. Bei aller Verbitterung über das Leid, das die Deutschen über die Sowjetunion gebracht hatten, Moskau hatte keine Wahl. Wenn es nicht handelte, handelten die

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