Der 26. Stock
links davon stand je ein martialisch wirkender, bewaffneter Wachmann; ein dritter saß in einem Wachhäuschen ähnlich
dem, das sich unten in der Tiefgarage befand. An den Wänden waren Fliesen und Putz durch graue Metallplatten ersetzt worden.
Isabel betrachtete die Veränderungen mit offenem Mund. Sie sah zu, wie mehrere Firmenangestellte Chipkarten in die Schlitze
der Drehkreuze steckten, eingelassen wurden und dann zu den Aufzügen weitergingen – das Einzige, was im Foyer unverändert
geblieben zu sein schien. Isabel hatte den unangenehmen Eindruck, sich in der Zentrale des Geheimdienstes zu befinden. Sie
ging auf das Wachhäuschen zu. Der Wachmann beobachtete sie und öffnete ein kleines Fenster. Isabel bemerkte beiläufig, wie
dick die Scheibe war. Vermutlich war sie aus Panzerglas. Manchmal konnte man aus Actionfilmen doch einiges lernen.
»Sie wünschen?«
»Entschuldigen Sie«, begann Isabel, die allmählich das ungute Gefühl bekam, etwas ausgefressen zu haben. Das ging ihr immer
so, wenn sie sich derartig aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen ausgesetzt sah. »Mein Name ist Isabel Alvarado, ich arbeite im
zwölften Stock und ich weiß nicht, wie ich reinkommen soll.«
Der Wachmann kratzte sich am Kinn und trommelte mit den Fingern gegen das Glas.
»Haben Sie keine I D-Card bekommen?«
»Nein«, erwiderte Isabel.
Die Situation kam ihr immer absurder vor. Der Wachmann gab etwas in einen PC ein. Ein Piepton erklang.
»Hören Sie, im zwölften Stock ist keine Señorita Alvarado aufgeführt, und wir haben hier ein vollständiges Personenregister
des Konzerns.«
»Das verstehe ich nicht. Es muss sich um einen Irrtum handeln. Ich arbeite seit Jahren hier.«
Der Wachmann grummelte etwas und gab noch einmal eine Reihe von Befehlen ein. Seinem Gesichtsausdruck war klar zu entnehmen,
dass das Ergebnis dasselbe blieb.
»Tut mir leid, Sie kommen hier nicht vor.«
Verärgert hielt Isabel nach irgendeinem bekannten Gesicht Ausschau. Die Situation war lächerlich und würde sich zweifellos
irgendwie aufklären, aber sie zerrte doch gewaltig an ihren Nerven. Da erblickte sie Hugo, der mit seiner unvermeidlichen
Pfeife im Mundwinkel das Gebäude betrat und auf die Drehkreuze zusteuerte, eine kleine grüne Chipkarte in der Hand.
»Hugo!«
Er drehte verdutzt den Kopf zu ihr um.
»Isabel! Was machst du denn hier? Sonst bin ich doch derjenige, der zu spät kommt.«
»Ein Glück, dass du da bist«, seufzte sie erleichtert. »Der Wachmann sagt, ich würde nicht auf der Liste der Angestellten
stehen. Und ich habe auch keine von diesen I D-Cards bekommen.«
»Wie? Hat Rai dir gestern nichts gegeben?«
Isabel schüttelte den Kopf. Wenigstens wusste sie jetzt, wer hinter der Sache steckte. Ihr Kollege nahm die kalte Pfeife aus
dem Mund und wandte sich an den Wachmann in dem Häuschen.
»Hören Sie, die Dame arbeitet wirklich hier, sie ist Teamleiterin der Personalabteilung im zwölften. Wenn Sie sie nicht durchlassen,
bekommen Sie gewaltigen Ärger mit den Chefs, klar?«
Da schnippte der Wachmann mit den Fingern, worauf wenige Sekunden später ein anderer Sicherheitsmann erschien. Die beiden
wechselten leise ein paar Worte, wonach der erste sich wieder an Isabel und Hugo wandte.
»Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, aber jetzt ist alles geklärt. Mein Kollege hier wird Ihre Identität überprüfen,
Señorita Alvarado, während ich Ihre I D-Card vorbereite. In welchem Stockwerk arbeiten Sie noch mal?«
»Im zwölften«, antwortete Isabel kurz angebunden. Das Ganze hatte ihr gründlich die Laune verdorben.
Der Wachmann begann nun ihre Daten in seinen PC einzugeben, während sein Kollege irgendein hohes Tier in der Personalverwaltung
anrief. Isabel bedankte sich bei Hugo. Er bot ihr an zu warten, aber sie wollte nicht, dass sie gleich beide wegen dieser
idiotischen Wachleute zu spät zur Arbeit kamen.
»Bürokraten …«, sagte Hugo laut genug, dass man es noch im Wachhäuschen hören konnte, und zwinkerte Isabel verschwörerisch zu, bevor er
durch das Drehkreuz eilte.
Nach einigen Minuten hielt der erste Wachmann Isabel ein Blatt hin.
»Unterschreiben Sie hier unten.«
Isabel ging durch den Sinn, dass jemand den Wachleuten untersagt haben musste, das Wörtchen »bitte« zu verwenden. Sie las
sich das Schriftstück durch und unterschrieb. Daraufhin übergab ihr der Wachmann eine kleine grüne Karte mit Magnetstreifen.
Auf der einen Seite standen Isabels Name
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