Der 26. Stock
und ihre Abteilung, auf der anderen eine golden leuchtende Zwölf, dazu das Logo,
das auch auf den Uniformen der Wachmänner zu sehen war, und eine Telefonnummer.
»Sie brauchen die Karte immer, wenn Sie durch das Drehkreuz und durch die Schranke in der Tiefgarage gehen. Außerdem müssen
Sie sie im Aufzug verwenden, um in Ihr Stockwerk oder in die niedrigeren Etagen zu fahren. Wenn Sie in eines der oberen Stockwerke
wollen, benötigen Sie die Zustimmung Ihres Vorgesetzten. In Ihrem Fall ist das …« Der Wachmann sah kurz auf den Bildschirm, um die Information abzulesen. »… Señor Raimundo Lara. Wenn Sie Ihre I D-Card verlieren oder sie Ihnen entwendet wird, sind Sie verpflichtet, umgehend die Telefonnummer anzurufen, die auf der Karte steht,
oder den Diebstahl der Polizei zu melden. Jeglicher Missbrauch der Chipkarte fällt unter Ihre Verantwortung, sofern Sie den
Verlust oder Diebstahl nicht zur Anzeige gebracht haben. Haben Sie noch Fragen dazu?«
Isabel hatte den monoton heruntergeleierten letzten Sätzendes Wachmanns kaum noch Aufmerksamkeit geschenkt. Er hatte gesagt, ihr Vorgesetzter sei Rai. Hier jagte anscheinend ein Irrtum
den anderen, aber sie wollte keine weitere Diskussion. Sie schüttelte den Kopf und ging dann zu einem der Drehkreuze. Während
sie es passierte, fiel ihr Blick auf das Gewehr des Wachmanns, der neben der Feuertreppe des Gebäudes postiert war. Was zum
Teufel war hier los? Sie rief einen der Aufzüge.
Isabel atmete durch, als die Tür sich hinter ihr schloss. Die mussten ganz schön zügig gearbeitet haben, um das alles so schnell
hinzubekommen. Plötzlich wurde ihr klar, dass der Aufzug nicht hochfahren würde, wenn sie keinen Knopf drückte. Wo steckten
Mateo und die anderen? Der I D-Card -Schlitz unterhalb der Knöpfe lieferte ihr die Antwort. Wenn der Lift selbst kontrollierte, wer hinauf- und hinunterfuhr,
waren Fahrstuhlführer überflüssig. Isabel steckte ihre Karte in den Schlitz, und der Zwölfer-Knopf fing an, grün zu blinken.
Sie entschloss sich zu einem Experiment. Sie drückte den Knopf zum 25. Stock, aber nichts geschah. Dann versuchte sie es mit der 20 und der 15: ebenfalls Fehlanzeige. Als sie aber den für sie vorgesehenen
blinkenden Knopf probierte, setzte sich der Aufzug prompt mit demselben Geräusch in Bewegung, das Isabel die ganzen letzten
Jahre über gehört hatte. Das leise Rattern war oft ein guter Hintergrund für ihre kurzen Gespräche mit Mateo gewesen. Sie
würde seine Adresse in Erfahrung bringen. Wenn er wirklich gefeuert worden war, würde sie ihn besuchen und ihm ihre Hilfe
anbieten.
Sie fand den Korridor auf ihrem Stockwerk merkwürdig verlassen vor. Normalerweise wimmelte es vom frühen Morgen an auf den
Gängen von Kollegen, die bei ihren Büronachbarn vorbeischauten, um irgendeine Frage zu klären oder die neuesten Gerüchte aus
den Chefetagen zu diskutieren. Jetzt sah Isabel nur die schattenhaften Gestalten einiger Mitarbeiter hinter den Glasscheiben,
deren Büros zum Gang hin abgetrennt waren.
Sie ging in ihr Büro und legte die Arbeitstasche auf einen Stuhl. Im Nebenraum hörte sie mehrere ihrer Teammitgliederplaudern, junge Leute, die überwiegend frisch von der Universität gekommen waren. Ihre Jungs und Mädels, wie Isabel sie zu
nennen pflegte. Sie klangen ziemlich beschwingt, und alle paar Sekunden war Lunas schrilles Kichern zu hören.
Isabel atmete tief durch und machte sich auf den Weg zu Rai. Sie war entschlossen, ihn zur Rede zu stellen. Nach der peinlichen
Situation im Foyer hatte sie wohl eine Erklärung verdient. Sie klopfte, aber es kam keine Antwort. Sie drückte die Klinke
herunter. Es war abgesperrt. Hinter der Milchglasscheibe war keine Bewegung zu erkennen. Da stieg in Isabel ein Verdacht auf.
Sie ging zu der Flügeltür aus Eiche am Ende des Korridors. Irgendwie ahnte sie, wo Rai zu finden sein würde.
Eine unbekannte, junge und attraktive Sekretärin nahm Isabel in Empfang.
»Guten Tag, was kann ich für Sie tun?«
Isabel zögerte einen Augenblick.
»Hallo, ich bin Isabel Alvarado, die Teamleiterin für Personalauswahl. Ich möchte gern mit Señor Lara reden.«
Die Sekretärin hob für einen Sekundenbruchteil die Brauen, als sie ihren Namen hörte. Lang genug, um zu verraten, dass Rai
ihr eindeutige Anweisungen erteilt hatte.
»Tut mir leid, Señorita Alvarado, aber Señor Lara befindet sich gerade in einer wichtigen Besprechung. Soll ich ihm etwas
Weitere Kostenlose Bücher