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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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kennengelernt hast, ist das nicht so ein Kinofreak?«
    Carlos nickte. Ja, das war eine Idee. Auf die beiden würde keiner kommen. Er hatte noch eine alte Kamera herumliegen. Erwürde dem Jungen die Kamera mit vollständig zurückgespultem Band geben, und falls er ein paar Tage später seine Theorie belegen
     musste, konnte er sich das Band wiederholen. Es hatte eine ziemlich lange Laufzeit, da würde Teo die Aufnahme nicht so bald
     überspielt haben. Wenigstens war das eine bessere Lösung, als das Band in einem Safe zu verwahren – selbst darauf hätten sie
     sich Zugriff verschaffen können.
    »Vergiss es«, sagte Zac auf einmal. Carlos sah ihn überrascht an und wartete, wie er seinen Sinneswandel erklären würde. »Lass
     das lieber, das ist doch keine so gute Idee. Die werden dich nämlich erwischen, mein Freund, bevor du deine Theorie überprüfen
     kannst, und dann sieht Isabel den Anfang von dem Band. Das wiederum bringt sie dazu, der Sache nachzugehen, und so geraten
     sie und ihr Bruder in Gefahr. Ich muss dann so tun, als wüsste ich von nichts, und am Ende, hey, da stehe ich auf einmal da,
     als wenn ich an allem schuld wäre, weil ich dir das ja vorgeschlagen habe. Verbrenn das Band und vergiss das Ganze.«
    »Ich kann nicht«, gab Carlos resigniert zurück.
    »Wieso?«
    »Weil ich es ihr schon gegeben habe. Das hier ist doch nur ein Traum.«
     
    Zac schlug die Augen auf und dachte, er sei tot, aber dann zeigte ihm der überwältigende dumpfe Schmerz am Rücken und in den
     Seiten, dass er sich getäuscht hatte. Auf wundersame Weise hatte er den Absturz im Aufzugschacht überlebt. Er drehte den Kopf
     zur Seite, und tief in seinem lädierten Nacken knackte es. Da lag er auf einer Metallplatte wie der, die er zuvor mit der
     Flex durchtrennt hatte. Wie lange hatte er wohl besinnungslos dagelegen? Die Luft war nicht mehr so verqualmt. Mit Mühe zog
     er sich an den Rand des Aufzugs und warf einen Blick nach unten. Das Feuer war nicht erloschen. Noch immer schlugen Flammen
     in den Schacht und leckten an den Betonwänden hoch, aber viel weiter unten, als Zac vermutet hatte. Aus irgendeinem unerfindlichenGrund befand er sich weiter oben als vor seinem Absturz. Es gab dafür nur eine mögliche Erklärung. Jemand musste den Aufzug
     heraufgeschickt haben, auf den er gefallen war. Das hatte ihm das Leben gerettet. Und wie sollte er jetzt in den Aufzug gelangen?
     Sein Werkzeug hatte er verloren; abgesehen davon hatte er auch keine Magnetkarte mehr. Zac versuchte, sich aufzurichten, aber
     der Schmerz schoss ihm durch den ganzen Leib. Er streckte sich, um zu sehen, was hinter ihm lag. Zuerst traute er seinen Augen
     nicht. Drei große Metalltüren waren in die Wand eingelassen, die den Aufzugschacht mit den Stockwerken verbanden. Mühsam setzte
     er sich auf der zerbeulten Metallplatte auf. Das konnte doch nicht wahr sein. Der Aufzug war an einer unglaublich günstigen
     Stelle stehen geblieben. Die Tür und damit die Rettung waren greifbar nahe.
    Beim ersten Schritt taumelte er und fiel auf die Knie. Ein riesiger Schreck durchfuhr ihn, erneut in die Tiefe zu stürzen.
     Ein solches Glück würde er kein zweites Mal haben. Da war auch kein anderer Aufzug mehr, auf dem er hätte landen können. Er
     kroch bis zum Rand der Abdeckung und tippte gegen die einzige Tür, die er von dort aus erreichen konnte. Die Temperatur war
     normal. Er suchte nach einem Knopf oder Kontakt, um die Tür zu öffnen. Da war nichts.
    Zac sah auf die Uhr. Er war ziemlich lange bewusstlos gewesen. Er entfernte die Stofffetzen von seinen Händen. Sie sahen furchtbar
     aus. Sie waren mit Blasen übersät, etliche davon aufgeplatzt. An einigen Stellen hatte sich die Haut abgelöst, und darunter
     wurde leuchtend rotes Fleisch sichtbar. Er biss sich auf die Lippe, schob die Finger in einen winzigen Spalt zwischen dem
     Rand des Metalls und der Betonwand und zog kräftig. Er zerrte weiter. Als er spürte, wie der Öffnungsmechanismus nachzugeben
     begann, gab er einen lauten Schrei von sich und legte alle Kraft, die ihm noch zur Verfügung stand, in diese letzte Anstrengung.
    Und tatsächlich, die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Zac schob sich durch die schmale Öffnung und ließ sich auf denblauen Teppich fallen. Die Deckenbeleuchtung flackerte, offensichtlich beeinträchtigte der Brand die Stromversorgung im ganzen
     Gebäude. Als der Aufzug sich hinter Zac in Bewegung setzte, grinste er. Das hatte er erwartet. Jemand hatte ihm das

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