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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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noch zu einer Regung in der Lage
     waren, beobachteten das alles konsterniert.
    »Alberto!«
    Vera lief um den Tisch herum und fiel neben dem letzten Mann, den sie geliebt hatte, auf die Knie. Er hatte sie getäuscht,
     er war ohne jede Erklärung aus ihrem Leben verschwunden, doch eine Zeit lang war er ihr ein wundervoller Begleiter gewesen.
     Sie schob ihm die Hände unter den Nacken und hob den Kopf an, damit er kein weiteres Blut schluckte.
    »Es tut mir leid   …«, wisperte er röchelnd. »Ich hätte nie gedacht, dass es so enden würde. Es tut mir so leid   …«
    Er hustete mehrmals, starrte eine Sekunde lang in die Dunkelheit im hinteren Teil des Raums und schloss dann die Augen. Vera
     stand auf, den Blick auf Hugo geheftet. Er sah aus wie der König der Welt auf seinem Thron; die eine Hand strich Teo, der
     noch neben ihm hockte, übers Haar, die andere hielt das Messer sicher im Griff. Vera wich vor dem Mordinstrument nicht zurück.
    »Gut, da hast du, was du erreichen wolltest, oder?«, fragte sie. In ihren Worten schwang tiefe Verachtung mit. »Jetzt wird
     keiner mehr deinem Ruhm Abbruch tun, großer Vorsitzender. Keiner. Alberto hast du soeben umgebracht, ich stehe vor dir, Isabel
     ebenfalls. Aber ihr Freund und der Junge haben an nichts Schuld. Lass sie gehen.«
    Hugo brach in schallendes Gelächter aus. Vera runzelte verwirrt die Stirn.
    »Vorsitzender? Du schmeichelst mir, aber momentan fülle ich diese Funktion nicht aus.« Er drehte sich um und sah auf denselben
     Punkt, den Alberto vor seinem Tod angestarrt hatte, die Dunkelheit hinten im Raum. »Das ist unser Vorsitzender.«
    Isabel, Vera und Zac folgten seinem Blick in den Schatten. Hugo erhob sich von seinem Sitz, ohne seine Geisel loszulassen,
     um den Sitz des Vorsitzenden freizumachen.
    Der Mann trat ganz langsam ins Innere des Lichtkegels, ging auf den Stuhl zu, den sein Untergebener gerade geräumt hatte,
     legte seinen Gehstock beiseite und nahm Platz. Albertos Leiche würdigte er keines Blickes. Stattdessen richteten sich UmbertoVisottis Augen direkt auf Isabel. Es waren tiefe, durchdringende grüne Augen in einem müden, von der Zeit zerfurchten Gesicht,
     doch im Prinzip denen seines Sohnes gleich. Visotti bewegte die Lippen, und seine Stimme ähnelte der von Carlos so sehr, dass
     Isabel sich wünschte, sie nicht hören zu müssen. Und sie kannte seine Augen. Sie hatte sie oft gesehen. Sie hatte sie sogar
     begehrt. Als das Lächeln den Schatten verließ, fiel Isabel für einen Sekundenbruchteil die Zufallsbegegnung in der Tankstelle
     ein, die Suche nach Kaffee, die Freude, sich verliebt zu glauben, und später die Sehnsucht nach diesen Lippen, nach diesem
     strahlenden Lächeln, als sie Carlos leblos, tief im Schlaf sah, auf einem Krankenbett.
    »Señorita Isabel Alvarado   … Ich wollte Sie schon längst kennenlernen. Hugo hat mir viel von ihnen erzählt.«
    Hugo neigte übertrieben unterwürfig das Haupt. Isabel spürte, wie sich ihr Magen aus Angst und Abscheu zusammenkrampfte. Das
     Gesicht ihres Bruders war kalkweiß. Die Wunde an seinem Hals hatte aufgehört zu bluten, aber er war vornübergeneigt, als könnte
     er jeden Augenblick über dem Tisch zusammenbrechen.
    Carlos’ Vater erriet, was sie dachte, und beugte sich zu Hugo. Als das Licht auf sein Gesicht fiel, sah Isabel Hunderte von
     Falten, die seine Haut durchzogen. Er war alt, viel älter als auf dem Foto, auf dem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
    »Überlass dem Jungen deinen Stuhl.« Er sprach mit gemächlicher tiefer Stimme, als wollte er die Konsequenzen jedes Wortes
     abwägen, bevor es ihm über die Lippen kam. Hugo wollte Einspruch erheben, doch der alte Mann schnitt ihm das Wort ab: »Tu,
     was man dir sagt!«
    Hugo erhob sich still, schob Teo auf den breiten Stuhl und stellte sich neben ihn. Die höfliche Geste ließ einen Funken Hoffnung
     in Isabel aufkeimen. Sie wusste, dass das nichts zu bedeuten hatte, aber es gab ihr die Kraft zu einer Frage.
    »Sie   … Sie waren doch tot.«
    »Ja, das war ich«, erwiderte der alte Mann und warf einen Blick in die Runde. »Wir alle waren das.«
    Er lachte, und die übrigen Vorstandsmitglieder stimmten insein Gelächter ein. Isabel merkte, wie Zac neben ihr weiter zurückwich.
    »Mir wurde erzählt, Sie hätten Selbstmord begangen.«
    »Ja, das habe ich auch«, erwiderte Visotti. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und legte Teo eine Hand auf den Arm. Isabel
     ekelte es beim Anblick der langen

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