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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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einem Leitgedanken
     gefolgt, den der liebe Alberto leider nie beherzigt hat. Deshalb musste es mit dem Armen früher oder später ein schlimmes
     Ende nehmen.«
    Der alte Mann trat neben die Leiche und warf einen traurigen Blick darauf. Vera wich zur Tür zurück.
    »Er musste seine Familie ja unbedingt in Sicherheit bringen, indem er ihren Aufenthaltsort vor uns geheim hielt. Ich habe
     mich immer gefragt, warum er nicht Hugos Beispiel gefolgt ist. Der hat selbst dafür gesorgt, dass seine Familie keine Bedrohung
     darstellen konnte. Er hat so glänzende Arbeit geleistet, dass sie bis heute niemand vermisst.« Isabel wollte nicht nachfragen.
     »Aber wenn es zu Ermittlungen kommen sollte, werden wir alles dafür tun, sie zu stoppen   … Was meinen Herrn Sohn betrifft, so hat er es partout darauf angelegt, einen Job im Unternehmen zu bekommen. Ich dachte,
     aus der Nähe würde er sich besser kontrollieren lassen, aber irgendwie kam er an eine Liste mit den Personen, deren Tod wir
     vorgetäuscht hatten. Wir konnten nicht zulassen, dass er weiter herumschnüffelte.«
    »Und warum nur eine Tracht Prügel? Warum haben Sie Carlos nicht gleich umgebracht?«
    »Tja«, sagte der alte Mann nachdenklich. »Hugo hat mir davon erzählt, aber damit hatten wir überhaupt nichts zu tun. Ich bin
     zu dem Schluss gekommen, dass das seine persönliche kleineStrafe war. Schließlich ist niemand wirklich unschuldig. Nicht einmal Ihr Bruder, meine liebe Isabel. Wenn Sie nicht bei uns
     bleiben, wird Hugo Ihre Strafe an ihm vollstrecken müssen.«
    Hugo trat neben Teo und stieß das Messer gegen die Rückenlehne. Die Klinge durchschnitt mit Leichtigkeit das Leder. Er zog
     das Messer wieder heraus. Ebenso leicht würde es sich in den Körper des Jungen bohren. Da nahm Isabel genau hinter sich eine
     rasche Bewegung wahr. Zacs Stimme scholl durch den Raum.
    »Ich werde nicht warten, bis du Hand an ihn legst, du mieses Schwein. Vorher schieße ich.«
    Die Gesichter fuhren herum und starrten verblüfft auf die kleine Automatikwaffe, die er mit festem Griff vor sich hielt.

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    Er hatte mehrere Versuche gebraucht, um die Waffe unauffällig aus dem an seinem Knöchel befestigten Holster zu ziehen. Die Zeit im Gefängnis
     hatte ihn so einiges gelehrt. Er hatte nicht vor, sein Leben aufs Spiel zu setzen, ohne ein letztes Ass aus dem Ärmel zu ziehen
     – eines mit Hahn und Abzug. Die Vorstandsmitglieder kauerten sich auf ihren Stühlen zusammen oder versuchten, unter den Tisch
     zu kriechen. Zac wusste, dass keiner von ihnen sich ihm entgegenstellen würde. Hugo dagegen blickte verächtlich auf Zacs Waffe.
     Er wirkte nicht im Geringsten erstaunt. Er richtete sich auf, zog das Jackett aus und schleuderte es ins Dunkel. Zac runzelte
     die Stirn. Sein Hemd wies Schmauchspuren auf und war bis an die Schulter mit Blut verschmiert.
    »Tut mir leid, dass ich mich nicht umziehen konnte, mein Junge, aber frische Kleidung ist hier ein knappes Gut. Das hier haben
     mir deine beiden kleinen Freundinnen angetan. Mussten sie auch, um herauszufinden, was du gleich selbst herausfinden wirst.«
     Hugo machte einen Schritt nach vorne. Zacs Arme waren aufs Äußerste angespannt. Er war schussbereit, obwohl Hugos Worte ihn
     verwirrten. »Du kannst mir nichts anhaben, Junge. Du hast Mumm, aber dieses nette kleine Spielzeug wird dir nichts nützen.
     Niemand kann mich töten.«
    Hugo machte einen weiteren Schritt auf Zac zu. Wenn er abdrückte und Hugo die Wahrheit gesagt hatte, würde keiner von ihnen
     den Raum lebend verlassen. Wahrscheinlich würde Hugo ihn als Letzten umbringen, damit er den Tod seiner Begleiterinnen mit
     ansehen musste, als Strafe für seine Vermessenheit.
    »Du wirst mir nichts anhaben können«, wiederholte Hugo.
    Noch ein paar Schritte, und er würde die Waffe packen können. Auf einmal wich Zac zurück und wechselte das Ziel.
    »Und er, ist er auch unsterblich?«
    Hugo folgte dem Lauf mit dem Blick: Zac zielte jetzt auf den Kopf des Vorsitzenden. Er blieb wie angewurzelt stehen, ratlos,
     was er nun machen sollte. Der alte Mann hielt reflexartig die Hand vors Gesicht, gewann aber die Fassung rasch wieder.
    »Was zum Henker tun Sie da?«, rief er schrill. Seine Ruhe war verflogen.
    »Ihr da, raus mit euch! Raus aus dem Zimmer!«, schrie Zac nun die Vorstandsmitglieder an.
    Sie gehorchten, als käme der Befehl vom Vorsitzenden persönlich. Im Entenmarsch kamen sie an Zac vorbei, der sie nicht weiter
     beachtete. Sie stellten keine

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