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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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Vorfall gegeben.
    »Also, was ich dir sagen wollte, nimm dir ruhig frei, solange du möchtest, ja? Bleib bei deiner Schwester, ruh dich aus, und
     wenn du dann wieder Lust hast zu kommen, rufst du mich einfach an. Wenn du willst, erst nächste Woche. Ich rede mit deiner
     Schwester und erkläre ihr das alles, okay?«
    Zum dritten Mal nickte Teo. Es war merkwürdig. Je öfter er zustimmte, desto weniger besorgt klang O’Reilly. Jetzt machte er
     schon fast einen zufriedenen Eindruck. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Gut so, Teo. Jetzt lass uns zu deiner Schwester hochfahren.«
    Seite an Seite gingen sie zum Haus. Teo kramte einen kleinen Schlüsselbund aus seinem Rucksack. Vor der Wohnungstür meinte
     sein Chef, sie sollten besser klingeln. Schneller als erwartet wurde die Tür aufgerissen. Isabel stürzte sich geradezu auf
     Teo.
    »Was ist denn mit dir passiert?«
    »Keine Sorge, Señorita Alvarado«, mischte O’Reilly sich sofort ein. »Es ist nichts Schlimmes. Dürfen wir hereinkommen?«
    Isabel nickte. Sie nahm ihren Bruder bei der Hand und bat dessen Chef einzutreten.
    »Señorita Alvarado«, fuhr O’Reilly fort, als sie ins Wohnzimmer kamen, »es wird das Beste sein, wenn Ihr Bruder sich hinlegt.
     Er ist ziemlich müde.«
    Teo widersprach nicht, und Isabel brachte ihn in sein Zimmer. Dort ließ er sich einfach aufs Bett plumpsen. Isabel ging neben
     ihm in die Hocke.
    »Alles klar?« Teo antwortete nicht. Sie wollte ihn ungern alleine lassen, aber seinen Chef warten lassen wollte sie auch nicht.
     »Bin gleich wieder da, Kleiner.«
    Sie ging zurück ins Wohnzimmer. Dort erwartete O’Reilly sie mit besorgter Miene.
    »Möchten Sie einen Kaffee?«
    »Nein, vielen Dank«, erwiderte er. Auf seinen Lippen lag ein gezwungenes Lächeln. »Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Wir
     sind mit unserer Arbeit noch gar nicht fertig, ich muss gleich zurück. Also, Ihr Bruder hat sich bei der Fahrt im Aufzug den
     Kopf angestoßen. Wir wissen nicht genau, wie das passiert ist, aber er ist gegen die Metallwand geschlagen und hat sich ein
     paar Kratzer zugezogen. Selbstverständlich haben wir sofort einen Arzt geholt, und der hat festgestellt, dass es keinen Grund
     zur Sorge gibt. Die Verletzungen sind nur oberflächlicher Art.«
    »Und warum ist Teo so aufgewühlt?«, fragte Isabel.
    Eigentlich wollte sie fragen, warum sie das ungute Gefühl hatte, dass O’Reilly ihr etwas vorenthielt, aber sie traute sich
     nicht so recht. Ein Teil von ihr wünschte sich, dass es da nichts weiter gab. Später würde sie auch Teo fragen können.
    »Na ja, er gibt sich ja immer sehr viel Mühe, seine Arbeit gut zu machen, und das ist das erste Mal, dass ihm so ein Missgeschick
     unterlaufen ist. Ich schätze, er fühlt sich schuldig, uns solche Umstände gemacht zu haben. Auf dem Weg hierher habe ich versucht,
     ihm klarzumachen, dass das nicht schlimm ist. Ich habe ihm sogar gesagt, er kann sich freinehmen, solange er will. Niemand
     trägt ihm etwas nach. Tja, und ich wollte auch mit Ihnen persönlich sprechen und Ihnen den Vorfall erklären, auch für den
     Fall, dass   … also, dass Teo sich die Sache zu sehr zu Herzen nimmt. Ich will nicht, dass der Junge sich darüber den Kopf zerbricht und
     am Ende vielleicht zu den falschen Schlüssen kommt. Das war einfach nur ein Unfall, und er hat überhaupt keine Schuld.«
    Isabel nickte, aber es lief ihr kalt den Rücken herunter. Das war einfach nur ein Unfall. Der Satz gefiel ihr nicht. Als sie
     O’Reilly zur Tür brachte, schüttelte er ihr übertrieben herzlich die Hand.
    »Sehen Sie zu, dass Teo sich wieder beruhigt und den Vorfall vergisst, okay?«
    Isabel nickte wieder und wartete, bis der Besucher treppabwärts verschwunden war. Dann schloss sie die Wohnungstür und ging
     in Teos Zimmer.
     
    Ohne zu klopfen trat sie ein. Ihr Bruder lag in derselben Position da, in der sie ihn zurückgelassen hatte: bäuchlings auf
     dem Bett, den Kopf zur Tür gedreht, die Augen geöffnet.
    »Teo, Mr O’Reilly ist weg.«
    Isabel setzte sich auf die Bettkante. Mit dem Zeigefinger fuhr sie Teo über die Augen. Dann besah sie sich seinen Kopf und
     fand unter den verklebten Haarsträhnen die mittlerweile desinfizierten Wunden. O’Reilly hatte recht. Offensichtlich handelte
     es sich um oberflächliche Kratzer.
    »Er hat versucht, mir zu erklären, was passiert ist, aber ganz genau wusste er es nicht. Magst du’s mir erzählen?«
    Teo schwieg und starrte weiter vor sich hin. Nach

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