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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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stieß sie einem wartenden SWAT-Mann in die Arme. Sie deutete zitternd auf die Treppe. »Ich glaube, sie ist da oben.«
    Zu dritt stürmten wir hinein. Oben stießen wir auf zwei Zimmer, beide unverschlossen – und leer. Fehlanzeige. Am Ende des Flurs war noch eine geschlossene Tür.
    Cappy klopfte an. »Wendy Raymore? Polizei San Francisco.«
    Keine Antwort.
    Das Adrenalin brannte in meinen Adern. Cappy warf mir einen Blick zu und überprüfte seine Waffe. Jacobi ging in Stellung. Ich nickte.
    Cappy trat die Tür auf. Wir stürmten hinein und schwenkten unsere Waffen im Halbkreis.
    Ein Mädchen in einem T-Shirt fuhr erschrocken vom Bett auf. Sie blinzelte ein paar Mal schlaftrunken, dann fing sie an zu schreien: »O mein Gott, was ist denn passiert?«
    »Wendy Raymore?« Cappy zielte immer noch mit der Pistole auf sie.
    Das Mädchen war leichenblass im Gesicht, ihre Augen schossen panisch hin und her.
    »Wo ist das Baby?«, schrie Cappy.
    Das passt nicht! Das passt hinten und vorne nicht
, dachte ich.
    Das Mädchen hatte lange schwarze Haare und einen dunklen Teint. Die Beschreibung, die Dianne Aronoff uns gegeben hatte, passte absolut nicht auf sie. Und sie glich auch kein bisschen dem Foto auf Wendy Raymores Studentenausweis. Oder der Frau, die ich vom Ort der Explosion hatte weglaufen sehen. Ich glaubte zu wissen, was passiert war. Dieses Mädchen hatte offenbar seinen Studentenausweis verloren, oder er war ihr gestohlen worden. Aber wer hatte ihn jetzt?
    Ich ließ die Waffe sinken. Wir hatten eine andere Frau vor uns. »Das ist nicht das Kindermädchen«, sagte ich.
21
    Lucille Cleamons blieben noch exakt siebzehn Minuten von ihrer Mittagspause, um Marcus das Ketchup aus dem Gesicht zu wischen, die Zwillinge in die Tagesstätte zu bringen und mit dem 27er-Bus zur Arbeit zurückzufahren, ehe Mr Darmon ihr die Zeit von ihren 7,85 Dollar die Stunde (macht 13 Cent pro Minute) abzuziehen begann.
    »Marcus,
bitte
«, sagte sie seufzend zu ihrem fünfjährigen Sohn, der bis zum Haaransatz mit Ketchup verschmiert war. »Für so was hab ich heute keine Zeit.« Sie wischte an seinem kleinen weißen Oberhemd herum, das inzwischen eine gewisse Ähnlichkeit mit einem seiner ganz besonders chaotischen Fingerfarben-Bilder hatte, und – verdammt! – der Fleck wurde einfach nicht kleiner.
    Cherisse rutschte auf ihrem Stuhl hin und her und zeigte mit dem Finger. »Kann ich ein Eis haben, Mama?«
    »Nein, Kind, das kannst du nicht. Mama hat keine Zeit.« Sie sah auf ihre Uhr, und ihr blieb fast das Herz stehen.
O Gott
...
    »Komm, Junge.« Lucille stopfte die leeren Happy-Meal-Kartons auf dem Tablett ineinander. »Ich muss zusehen, dass ich dich sauber kriege, und zwar schnell.«
    »Bitte, Mama, es ist ein McSundae«, jammerte Cherisse.
    »Du kannst dir selber ein McSundae kaufen oder was auch immer, wenn es einmal deine eigenen Einsfünfundsechzig sind, die über den Ladentisch wandern. Und jetzt kommt beide mit und wascht euch die Hände. Mama muss los.«
    »Aber ich
bin
sauber«, protestierte Cherisse.
    Lucille zerrte sie von der Sitzbank und lief mit ihnen zu den Toiletten. »Ja, aber dein Bruder sieht aus, als käme er gerade aus dem Krieg zurück.«
    Sie öffnete die Tür der Damentoilette. Niemand würde es stören, dass sie den Jungen mit hineinnahm – sie waren hier schließlich bei McDonald's. Sie hob Marcus auf den Waschtisch, feuchtete ein Papierhandtuch an und begann an seinem versauten Kragen herumzuwischen.
    Der Junge zappelte und wand sich.
    »Himmel, wenn du schon so eine Schweinerei veranstaltest, musst du auch mit den Konsequenzen leben. Cherisse, musst du Pipi machen?«
    »Ja, Mama«, antwortete das Mädchen.
    Sie war die Reinlichere von den zweien. Beide waren sie fünf Jahre alt, aber Marcus konnte sich noch kaum allein den Reißverschluss aufmachen. Der Ketchup-Fleck wurde zum Glück schon etwas kleiner.
    »Cherisse«, rief Lucille streng, »setzt du dich jetzt endlich auf die Schüssel, oder was?«
    »Geht nicht, Mama«, antwortete das Kind.
    »Wie,
geht nicht
? Wir haben keine Zeit für solche Scherze. Jetzt zieh schon deine Strumpfhose runter und mach Pipi.«
    »Ich kann nicht, Mama. Du sollst kommen und dir das angucken.«
    Lucille seufzte. Wer auch immer den Spruch ›Die Zeit ist auf deiner Seite‹ geprägt hatte, konnte keine Zwillinge gehabt haben. Sie warf einen raschen Blick in den Spiegel und seufzte noch einmal. Nie blieb ihr nur eine Sekunde für sich. Sie half Marcus vom Waschtisch

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