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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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einer von uns wohnen.
Will
sie denn weg von ihm?«
    Ich wusste es nicht. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie schon so weit ist. Ich glaube, im Moment muss sie erst einmal mit der Scham und den Selbstvorwürfen fertig werden. Sie hat das Gefühl, alle enttäuscht zu haben. Uns. Vielleicht auch ihn. So seltsam es klingt, aber ich glaube, ein Teil von ihr will beweisen, dass sie die treu sorgende Ehefrau und Mutter sein kann, die seinem Bild von ihr entspricht.«
    Claire nickte. »Also gut, wir reden mit ihr. Wann?«
    »Heute Abend«, antwortete ich.
    Ich sah Claire an. »Heute Abend«, stimmte sie zu.
    Unser Essen kam, und wir stocherten ohne rechten Appetit darin herum. Die beiden hatten mich noch gar nicht nach dem Fall gefragt. Plötzlich schüttelte Claire den Kopf. »Als ob du nicht schon genug am Hals hättest.«
    »Apropos« – Cindy hob ihre Tasche vom Boden auf –, »ich hab da was für dich.« Sie kramte einen Spiralblock hervor und riss ein Blatt heraus.
Roger Lemouz. Dwinelle Hall. 555-0124.
    »Der Typ sitzt in Berkeley. Institut für Linguistik. Globalisierungsexperte. Aber ich warne dich – seine Weltanschauung ist, na sagen wir, mit deiner womöglich nicht ganz kompatibel.«
    »Danke. Wie bist du da rangekommen?« Ich faltete den Zettel zusammen und steckte ihn ein.
    »Hab ich dir doch gesagt«, meinte Cindy. »Lichtjahre von hier.«
33
    Ich verdrängte die Sache mit Jill, so gut es ging, und rief die Nummer an, die Cindy mir gegeben hatte. Ich erwischte Roger Lemouz in seinem Büro, und nach einer Weile willigte er ein, mich zu empfangen.
    Es war allein schon erfrischend, endlich mal wieder aus dem Büro herauszukommen. In letzter Zeit verschlug es mich nicht mehr allzu oft auf die andere Seite der Bucht. Ich parkte mei nen Explorer in der Nähe des Stadions an der Telegraph Avenue und ließ die fliegenden Händler, die Marihuana und Autoaufkleber feilboten, links liegen. Die Sproul Plaza lag im gleißenden Sonnenschein; Studenten mit Rucksäcken und Sandalen saßen lesend auf den Stufen.
    Lemouz' Büro befand sich in Dwinelle Hall, einem streng wirkenden Betonblock, der an den Innenhof der Universität grenzte. »Herein, die Tür ist offen«, bekam ich auf mein Klopfen zu hören. Die Stimme hatte einen starken südländischen Akzent, mit einem leicht förmlichen, gebildeten Touch. Britisch?
    In seinem kleinen, mit Büchern und Papieren voll gestopften Büro saß Professor Lemouz in entspannter Haltung hinter einem chaotischen Schreibtisch. Er hatte breite Schultern und einen dunklen Teint, lockiges schwarzes Haar, das ihm in die Stirn fiel, und einen Dreitagebart.
    »Ah, Inspector Boxer«, begrüßte er mich. »Bitte, nehmen Sie doch Platz. Entschuldigen Sie das etwas spartanische Ambiente.« Die Luft war stickig, es roch nach Büchern und Zigarettenrauch. Auf dem Schreibtisch stand ein Aschenbecher, daneben lag eine Packung Rothmans ohne Filter.
    Ich ließ mich auf einem Stuhl gegenüber von ihm nieder und nahm einen Notizblock aus der Tasche. Ich reichte ihm meine Karte.
    »Mordkommission«, las Lemouz ab und spitzte scheinbar beeindruckt die Lippen. »Dann nehme ich an, dass es kein ungewöhnlich kniffliges Problem der Etymologie ist, das Sie zu mir führt?«
    »Stimmt, eher ein anderes Interessengebiet von Ihnen«, sagte ich. »Sie haben natürlich von den Ereignissen auf der andern Seite der Bay gehört?«
    Er seufzte. »Ja. Auch ein Mensch, der den ganzen Tag über seinen Büchern brütet, hört ab und zu mal Nachrichten. Tragisch. Absolut kontraproduktiv. Wie Fanon sagte: ›Die Gewalt richtet sich selbst.‹ Trotzdem kann man nicht sagen, dass es vollkommen überraschend kommt.«
    Lemouz' gespielte Betroffenheit erweckte in mir ungefähr so viel Sympathie wie ein Zahnarztbohrer. »Wären Sie so nett, mir zu erklären, wie Sie das meinen, Mr Lemouz?«
    »Aber gewiss, Madam Inspector, wenn
Sie
so nett wären, mir zu erklären, weshalb Sie hier sind.«
    »
Lieutenant
, bitte«, verbesserte ich ihn. »Ich leite die Mordkommission. Und Sie wurden mir als jemand genannt, der möglicherweise Informationen aus erster Hand über Dinge hat, die hier vorgehen. Die ideologische Szene. Leute, die es für eine akzeptable Form des Protests halten könnten, drei schlafende Menschen in die Luft zu jagen und dabei beinahe zwei unschuldige Kinder in den Tod zu reißen, oder auch das Gefäßsystem eines Menschen praktisch zum Implodieren zu bringen.«
    »Mit ›hier‹ meinen Sie wohl die friedlichen

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