Der 50-50 Killer
hatte er gesagt. Die Worte kamen mir komisch vor, und gleich darauf fiel mir etwas ein.
Er plant das schon seit zwei Jahren.
Es war zwei Jahre her, seit wir von dem 50/50-Killer gehört hatten, und auch Mercers Zusammenbruch war zwei Jahre her. Und er dachte, dass das zusammenhing. Als ich zu ihm hinübersah und er mit geschlossenen Augen dasaß, wurde mir klar, dass das zumindest zum Teil der Grund für die Art und Weise war, wie er in dem Fall vorgegangen war. Er meinte, dass die Pause von zwei Jahren weniger mit Planung zu tun hatte als mit dem Wunsch des Killers, abzuwarten, bis der Ermittler, der den Fall geleitet hatte, sich erholt hatte und in den Kampf zurückkehrte.
Konnte er etwa recht haben? So unwahrscheinlich es einem vorher vorgekommen wäre, hatte der Gedanke jetzt, wo wir beide allein hier saßen, eine merkwürdige Durchschlagskraft.
»Ich weiß, wie alle geredet haben«, sagte Mercer. »Es war schon den ganzen Tag offensichtlich. Sie schleichen auf Zehenspitzen um mich herum. Sie meinen, es geht nur um Andrew. Dass ich den Druck nicht aushalte. Dass ich zu nah dran bin. Dass ich einfach … ich weiß nicht. Umfallen werde oder so was.«
Er öffnete die Augen und sah mich unverwandt an.»Wissen Sie, was ich brauche, Mark?«
»Nein, Sir.«
»Nicht so sehr, was ich brauche, sondern was ich will? Was ich mehr als irgendetwas sonst will, ist, mich nicht wie ein Scheißinvalide fühlen zu müssen.«
Ich schaute ihn nur an.
»Und Vertrauen«, sagte er.»Das wollte ich. Dass man mir etwas zutraut. Vor zwei Jahren wären vielleicht alle anderer Meinung gewesen oder hätten es vielleicht nicht verstanden, aber sie hätten nicht an mir gezweifelt. Aber es ist schon den ganzen Tag so, als wäre ich auf Bewährung, und niemand vertraut mir mehr. Meinen die wirklich, ich wäre noch hier, wenn ich nicht glauben würde, dass ich noch hier sein muss?«
»Ich weiß es nicht, Sir.«
»Nur ein bisschen Zutrauen.« Er schüttelte den Kopf. »Dass mein Team hinter mir steht wie früher. Stattdessen bin ich schon den ganzen Tag allein, und alle machen sich Sorgen. Und jetzt – na ja, jetzt sind wir erledigt, was?«
»Ich weiß nicht.«
»Ja. Wir sind erledigt.«
Er stützte die Ellbogen vor sich auf den Tisch. Und legte den Kopf in die Hände.
»Und ich bin froh.«
Wir saßen schweigend da. Er rührte sich nicht, tat überhaupt nichts. Ich sah ihn nicht einmal atmen, so ruhig saß er da. Ich wollte mich leise entschuldigen und den Raum verlassen, sagte aber stattdessen:
»Sir?«
Keine Antwort.
»Alles in Ordnung, Sir?«
Nichts.
Doch dann piepste der Computer vor mir, auf dem Bildschirm regte sich etwas, und ich drehte mich zu ihm um. Die Suchtrupps im Wald forderten eine Verbindung an. Ich klickte sie durch, in der Annahme, dass es wieder Pete oder vielleicht Hunter sein würde.
Statt eines Grußes von einem der beiden sah ich mich jedoch einem Kollegen gegenüber, den ich noch nie gesehen hatte. Er schien nervös und schaute immer wieder in die falsche Richtung, war nicht sicher, ob die Verbindung stand.
»Detective Nelson«, meldete ich mich.
Er starrte mich direkt aus dem Bildschirm heraus an, und ich sah an seinen Augen, dass es nicht nur überstrapazierte Nerven waren.
Etwas war nicht in Ordnung.
»Sir, wir haben hier ein Problem.«
»Was ist passiert?«
»Ich weiß nicht. Wir haben nur Funkkontakt mit den Kollegen im Wald. Man hat mir gerade gesagt, ich sollte mich bei Ihnen melden. Es hat irgendeinen Zwischenfall gegeben.«
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Mercer langsam zum Bildschirm hochschaute.
»Officer«, sagte ich, »bitte beruhigen Sie sich. Sagen Sie uns, was Sie wissen.«
»Detective Dwyer, Sir. Er ist angegriffen worden.«
Oh Gott.»Bitte erklären Sie das näher.«
Mercer stand zu schnell auf, wie ein Betrunkener, der an einer Bar eingeschlafen ist. Sein Stuhl kippte klappernd nach hinten, und er bemühte sich, in die Mantelärmel zu schlüpfen. Sein Gesicht war grimmig und entschlossen.
Ich wandte mich wieder dem Bildschirm zu.
»Erklären Sie das, Officer.«
»Niedergestochen, Sir. Im Wald.«
»Besorgen Sie mir einen Wagen«, sagte Mercer zu mir.
»Wie ist sein Zustand?«
»Ich weiß nicht«, sagte der Mann. »Ich habe die Nachricht gerade über Funk von Detective Dwyers Gruppe bekommen. Sie mussten den Hubschrauber für ihn kommen lassen.«
Ich spürte einen Luftzug, als Mercer vorbeieilte.
»Besorgen Sie mir einen Scheißwagen«, fauchte er.
Und dann war er
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