Der 50-50 Killer
geregelt gewesen. Die Stadtverwaltung zahlte für seinen Aufenthalt im Home On The Hill, was hieß, dass er dort wohnen und essen konnte, drei anständige Mahlzeiten pro Tag und alles andere. Man hatte ihm, anders als manchen anderen Insassen, erlaubt, mehr oder weniger nach Belieben zu bleiben oder auszugehen. Die Schwestern sorgten sich wegen des Mannes, der in seinem Kopf mit ihm sprach, doch es war schon recht lange her, dass er Charlie befohlen hatte, etwas Schlimmes zu tun. Die meiste Zeit fand Charlie die Dinge, die der Mann ihm sagte, beunruhigend, und wenn es sehr schlimm wurde, hielt er sich an den Rat der Schwestern, legte sich ins Bett und ignorierte alle anderen. Nach einer Weile war der Mann dann still. Charlie hatte gern Kontakt mit anderen Menschen, und die Schwestern hatten nichts dagegen, dass er in die Stadt ging, Spaziergänge machte oder tat, was immer er sonst tun wollte. Er brauchte nur zu unterschreiben, wenn er wegging, und wiederkam. Aber ihm gefiel die Stadt nicht.
Der Mann sagte, die Leute dort seien anders und könnten ihn nicht leiden. Er ging lieber in der Einsamkeit des Waldes spazieren. Dort war es ruhiger. Es war niemand da, und das machte ihn glücklich.
Aber letzte Woche, als er ein bisschen tiefer als sonst in den Wald gegangen war, hatte er gemerkt, dass er nicht allein war. Ganz unbefangen war er den Weg entlanggegangen und hatte hierhin und dahin geschaut, als sich ihm plötzlich die Nackenhaare sträubten. Etwas war hier anders als sonst. Der Mann in seinem Kopf hatte gesagt, er solle stehenbleiben, und das tat er auch.
Einen Augenblick lang hörte er nur die Vögel singen. Dann kam eine Brise auf, die die Baumwipfel rauschen ließ, es klang wie ein Wasserfall. Und rechts von ihm hatte ein Ast geknackt.
Sieh da rüber, hatte ihm der Mann befohlen, und er tat es. Der Teufel war ungefähr dreißig oder vierzig Meter von ihm entfernt im Wald, er ging einen Pfad hinunter, der fast parallel zu dem großen Weg verlief. Charlie konnte nicht viel von seinem Körper erkennen, der fast ganz schwarz zu sein schien, aber seinen Kopf sah er genau, weil die rote Haut sich gegen die immergrünen Blätter und die Brauntöne der Baumstämme abhob. Er fing an zu zittern.
Der Teufel war weitergegangen, anscheinend ohne etwas zu bemerken, doch dann, gerade bevor er verschwand, blieb er stehen. Er hatte ihn nicht angesehen, sondern nur den Kopf leicht zur Seite geneigt, als horche er auf ein inneres Radarsignal, aber er wusste ganz genau, dass der Teufel seine Gegenwart irgendwie spürte. Er schien sich nichts daraus zu machen. Zwei Sekunden später ging er weiter und verschwand im Unterholz.
Folge ihm, hatte ihn der Mann gedrängt.
Nein. Charlie hatte den Kopf geschüttelt. Das wollte er nicht.
Folge ihm!
Charlie hatte einen Moment lang dagestanden, erschrocken, betroffen, aber auch fasziniert. Einerseits wollte er nicht, dass der Teufel entkam und er ihn nie wieder zu sehen bekäme. Der Mann in seinem Kopf schien dies zu wissen und leitete deshalb einen Strom von Worten in den betreffenden Teil von Charlies Gehirn, bis er so groß war, dass er nicht mehr ignoriert werden konnte.
Sein Körper hatte sich ganz von selbst in Bewegung gesetzt. Er bahnte sich einen Weg durch das Unterholz zwischen den Wegen, und wie immer kam ihm jetzt, wo er sich nicht mehr zurückhielt, alles viel leichter und einfacher vor.
Aber der Teufel war verschwunden. An diesem Tag hatte er ihn nicht gefunden.
Als er zum Heim zurückkam, hatte der Mann ihn gewarnt, er solle niemandem etwas davon sagen, nicht einmal seinem Freund Jack, und das machte Charlie besorgt. Es war lange her, dass er den Mann so gedämpft und ernst über etwas hatte reden hören. Ihm war elend zumute, und er konnte nicht gut schlafen, und als er doch einschlief, hatte der Mann in seinen Träumen mit ihm gesprochen, hatte ihn beruhigt und überzeugt.
Am nächsten Tag erwachte Charlie voller Tatkraft. Er ging wieder in den Wald und lief in der gleichen Gegend umher. Er zertrat absichtlich Stöcke mit seinen Stiefeln, hustete laut und murmelte vor sich hin. Schließlich legte er die Hände an den Mund und rief den Teufel. Bitte komm raus. Ich will mit dir über alles reden.
Schließlich hatte sich der Teufel gezeigt.
Er trat neben dem Pfad aus dem Unterholz und stand vor Charlie, so deutlich wie das kalte Sonnenlicht, das zwischen die Bäume fiel. Sein Körper war schwarz und schlaff, sein Gesicht abscheulich. Es war starr und ausdruckslos
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