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Der 7. Rabe (German Edition)

Der 7. Rabe (German Edition)

Titel: Der 7. Rabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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Festung absicherten. Schon vor drei Tagen hatte Farres hier Kleidung und lebensnotwendige Ausrüstung deponiert. Keine halbe Stunde später befand er sich mit seiner kostbaren Last zwischen den Fängen in der Wildnis. Die Flucht war geglückt.
    Vorerst.
     
    ~*~
     
    „Komm schon, Raj, verwandel dich.“ Seit einer Viertelstunde redete er auf die kleine Gestalt ein, die aufgeplustert vor ihm hockte und wirklich erbärmlich aussah. Der rechte Flügel des Raben hing so schlaff herab, dass sich Farres inzwischen fragte, ob er nicht mittlerweile gebrochen war. Die Federn waren patschnass. Offenbar war es keine besonders kluge Idee gewesen, Raj mit der Kernseife zu waschen. Damit hatte er garantiert den natürlichen Fettschutz aus den Federn gerieben, sodass die Nässe des anhaltenden Regenwetters Raj bis auf die Haut dringen musste. Die schwarze Kugel vor ihm zitterte auch zum Erbarmen. Nur, wenn sich der Rabe nicht verwandelte, konnte er ihm auch keine Hilfe zuteil werden lassen. Wie versteinert blickte Raj an ihm vorbei ins Leere. Bekam er überhaupt mit, wo er sich befand und dass mit ihm geredet wurde?
    „Du musst dich verwandeln. Etwas anziehen und essen … Raj, hörst du mich?“ Als er erneut keine Reaktion erhielt, tippte er behutsam mit dem Finger gegen den dunklen Schnabel seines Begleiters. Hastig zog er die Hand zurück, denn gänzlich unerwartet hatte Raj nach ihm gehackt. Im nächsten Moment flatterte das Federknäuel wie wild mit einem Flügel und versuchte panisch davonzuhüpfen. Woher Raj dafür die Kraft nahm, war Farres schleierhaft. Er musste sich jedenfalls beeilen, um diesen winzigen Vogel einzufangen und sich unter den Arm zu klemmen, damit er eine Hand für den gefährlichen Schnabel frei hatte. Ein ersticktes Krächzen drang zwischen seinen Fingern hervor. Aber er spürte auch das heftig schlagende Herz dieser zerbrechlichen Kreatur, das kurz vor dem Zerspringen stehen musste.
    „Beruhige dich“, sagte er und bemühte sich, seiner Stimme einen sanften Ton zu geben. Dabei war er selbst nervös. Ob man ihre Flucht inzwischen bemerkt hatte? War ihm Farouche schon auf den Fersen?
    „Wir haben nicht viel Zeit zum Verschnaufen, Raj. Ich muss deine Wunden versorgen und du musst endlich etwas essen. Außerdem habe ich trockene Kleidung für dich, einen warmen Mantel …“, versuchte er ihn zu locken. „Du musst dich bloß verwandeln.“
    Die schwarzen Augen schauten ihn an, ihr Ausdruck war einfach nicht zu deuten.
    „Ich setze dich jetzt ab und du verwandelst dich, in Ordnung?“ Farres fühlte eine abgehackte Bewegung, als Raj zu nicken versuchte. Also gab er ihn frei, wobei er weiterhin auf dem Sprung blieb, falls das ein Trick sein sollte. Doch Raj schien sich tatsächlich verwandeln zu wollen, denn seine Gestalt begann zu verschwimmen. Als er wieder klar zu erkennen war, hockte allerdings weiterhin ein Rabe vor Farres. Ein ziemlich entkräfteter Rabe.
    „Verdammt!“, murmelte Farres, da Raj zur Seite kippte und still liegenblieb. Erneut barg er ihn an seiner Brust. Das schlaffe, nasse Federbündel an seiner Haut weckte irgendwie den Beschützerinstinkt in ihm. Behutsam hielt er Raj fest und trug ihn zu der Tanne zurück, unter der er Schutz vor dem Regen gesucht hatte. Dieses Mal zog er seinen Mantel mit über den Raben. Raj brauchte Wärme und Kraft für ihr nächstes Vorhaben, das ihm garantiert genauso wenig gefallen würde wie sein Ausflug in den Exkrementeneimer. Aus dem Beutel mit seiner Habe zog er einige Streifen getrockneten Fleisches und zerschnitt es in kleine Stückchen. Jedes einzelne zerkaute er zu einem Brei, den er Raj nahezu gewaltsam in den Schnabel stopfte, was der ihm mit schmerzhaften Hieben vergalt. Zwischendurch ließ er einige Tropfen Wasser hinterher laufen. Nachdem sein Gefangener eingelullt von seiner Körperwärme eingeschlafen war, aß auch Farres hastig etwas.
    Immer wieder spitzte er die Ohren. Die Furcht, dass ihm mittlerweile das Rudel auf den Fersen war, nahm von Minute zu Minute zu. Dabei hoffte er, dass seine Abwesenheit nicht weiter auffallen würde. In letzter Zeit hatte er sich wegen seiner Fußverletzung häufiger verkrochen. Und welcher Wolf hatte ein Interesse daran, Raj in dem stinkenden Verlies aufzusuchen?
    „Es hat noch niemand bemerkt, dass wir fort sind“, sprach er sich selbst Mut zu. Trotzdem rappelte er sich nach einer weiteren Stunde auf und humpelte weiter, wobei er darauf achtete, möglichst keine Spuren zu hinterlassen. Den

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