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Der 7. Rabe (German Edition)

Der 7. Rabe (German Edition)

Titel: Der 7. Rabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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zischte Risser, der ebenfalls unruhig wurde. „Unser Vater würde für Raj den Eichenhain aufgeben. Das ist hervorragendes Jagdgebiet. Ihr könnt also nicht behaupten, dass wir kleinlich wären. Gebt uns dafür unseren Bruder zurück.“
    „Den Eichenhain!“ Farouche schnalzte anerkennend mit der Zunge. „Das wäre tatsächlich ein feiner Zug von der alten Saatkrähe. Bedauerlicherweise hat sich mein Brüderchen dazu entschlossen, das Hühnchen zu behalten.“
    „Nein!“ Randyn konnte den Aufschrei nicht unterlassen. Er wischte Rissers Hand beiseite und warf sich vor Farres auf die Knie. „Ich flehe dich inständig an, Wolf: Gib Raj frei. Behalte mich … Ich weiß, dass du mich wegen dieser Wolfsfalle hasst. Allerdings schwöre ich dir, dass ich sie nicht aufgestellt habe. Du hättest von mir und meinen Begleitern einen schnellen, sauberen Tod erhalten. Ich bin niemand, der sein Opfer quält. Und wenn du mir keinen Glauben schenkst, dann lass deine Wut an mir aus und nicht an Raj. Bitte …“
    Der Wolf wich unsicher zurück und warf seinem Bruder einen hilfeheischenden Blick zu, den der mit einem Schulterzucken bedachte.
    „Raj lebt“, sagte Farres. „Und er gehört mir. Geht jetzt.“
    Randyn bemühte sich ein Aufschluchzen zu unterdrücken. Risser zog ihn auf die Füße, sein Gesicht eine Miene angestrengter Beherrschtheit.
    „Wir wollen uns vergewissern, dass er lebt. Kommen wir ohne die Nachricht nach Hause, dass wir uns nicht mit eigenen Augen davon überzeugen konnten, werdet ihr in wenigen Stunden unsere Mutter vor eurer Tür stehen haben“, erklärte er.
    „Oh! Nun fürchten wir uns richtig.“ Farouche lachte und gab seinem Bruder einen Wink.
    „Zeig ihnen das Hühnchen. Ich bin sicher, sie werden sich wünschen, nicht danach gefragt zu haben.“
     
    ~*~
     
    Dunkelheit umgab ihn wie ein lebendiges Wesen. Sie schien vor seinen Augen zu wabern, zu atmen und narrte ihn mit leisen Geräuschen. Raj wusste nicht, wie lange er bereits nackt in diesem kalten Verlies saß. Die Eisenschelle, die ihn an die Wand kettete, hatte seinen Hals wund und blutig gescheuert. Das linke Handgelenk war ebenfalls festgekettet, genauso wie der linke Oberarm, und verhinderte dadurch, dass er sich durch eine Verwandlung befreien konnte. Er konnte in dieser Position kaum liegen, die Schmerzen seines Körpers hinderten ihn am Schlaf. Die verheilenden Wunden juckten, seine rechte Schulter, die er sich bei dem törichten Fluchtversuch gezerrt hatte, brachte ihn regelrecht um. Gelegentlich kam Farres vorbei, beschenkte ihn mit Wasser, Nahrung und einen Moment Erlösung von der vollständigen Dunkelheit. Raj wusste, dass er erbärmlich stank. Es war ihm gleichgültig. Alles war gleichgültig. Stunden zogen sich dahin wie ganze Weltzeitalter. Nun war er dankbar für die Jahre an der Hohen Akademie, denn er konnte seinen Geist damit beschäftigen, all die Lektionen durchzugehen, die man ihm so inbrünstig eingeprügelt hatte – oft genug im wortwörtlichen Sinn. Ohne diese Ablenkung wäre er längst wahnsinnig geworden. Falsch. Ohne diese Ablenkung und Farres wäre er längst wahnsinnig geworden. Der Wolfswandler konnte stets nur kurze Zeit bei ihm bleiben, doch er sprach mit ihm. Nicht wie zu einem Sklaven oder verhassten Feind, nicht einmal wie zu einem bemitleidenswerten Opfer, sondern beinahe … respektvoll. Ja, das war wohl das passende Wort.
    Schritte wurden laut. Zu früh, da war Raj sich sicher. Vielleicht narrte ihn die Dunkelheit wieder und gaukelte ihm Geräusche vor, die gar nicht da waren?
    Nein, das schwere Schloss wurde geöffnet, der Riegel zurückgeschoben. Raj verbarg sein Gesicht in der linken Armbeuge, um seine Augen zu schützen. Zwar war es nur das schwache Licht einer Fackel, dennoch, die Dunkelheit biss ihn strafend dafür, dass sie sich zurückziehen musste.
    „Oh Gott.“                                                               
    Das war Randyn. Raj versuchte, mit der Mauer zu verschmelzen. Er wollte nicht, dass sein Bruder ihn so sah!
    „Raj!“ Diese krächzende Stimme konnte nur Risser gehören. Jemand kniete neben ihm nieder, streichelte behutsam über seine kalte Haut.
    „Sieh mich an, Bruder.“ Randyn zog sanft an seinem Kopf. „Bitte, wenigstens kurz, damit ich weiß, dass sie dich nicht geblendet haben!“
    Raj gab den Widerstand auf, als er Angst in Randyns Tonfall hörte. Er wollte nicht für Kummer verantwortlich

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