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Der 7. Tag (German Edition)

Der 7. Tag (German Edition)

Titel: Der 7. Tag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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Nase in das Kräuterbüschel.
    „Mmmh, riecht irgendwie nach
Lamm.“
    „Gefüllte provençalische
Tomaten“, sagte meine Mutter. Ich umarmte sie. Wir gingen zusammen in ihre
Küche, die in einem ehemaligen Wintergarten unserer Villa untergebracht war.
Ich hackte Petersilie, Lavendel, Oregano, Thymian, Majoran, Estragon und Rosmarin.
Mutti hackte (allerdings in homöopathischen Dosen – wegen der eventuell zu
erwartenden Blähungen, die dem Baby wehtun könnten) Knoblauch und Zwiebeln.
    „Michael ist spät dran“, fand
meine Mutter irgendwann. „Er muss noch den Garten sprengen“.
    Ich setzte mich mit Mutti auf
unsere Terrasse, von der man einen wunderbaren Blick auf den Parkähnlichen
Garten hat. In unserem Pfefferminztee klirrten die Eiswürfel. Sie schmolzen
beim Zuschauen.
    Es war schon immer so: Sobald
Mutti die Haustür aufmachte, fing ihre Tochter an zu erzählen. Früher aus der
Schule, später von meinem Job im Konzern. Ich würde meinen Job nicht mehr lange
machen können. Eine Pressesprecherin mit dickem Bauch macht sich nicht so gut
im Fernsehen. Noch aber sah man gar nichts.
    Mutti hatte eine Überraschung
mitgebracht: eine entzückende Babydecke im Patchwork-Stil. Sie freute sich so,
endlich Oma zu werden. Michael und ich hatten uns viel Zeit damit gelassen. Ich
hatte immer davon geträumt, erst mal Karriere zu machen. Also habe ich sie
gemacht.
    Langsam wurde ich nervös, wo
blieb Michael? Ich versuchte im Büro anzurufen.
    „Guten Tag, hier ist die
Kanzlei von Rechtsanwalt Michael Thalheim. Unser Büro ist zurzeit nicht
besetzt. Wenn Sie uns eine Nachricht hinterlassen wollen...“
    „Michael wird auf dem Weg
sein“, sagte ich und versuchte es über Handy.
    „Hier ist der Anschluss von
Michael Thalheim. Leider bin ich zurzeit nicht zu erreichen. Wenn Sie mir..“
    Ich checkte meine
SMS-Mitteilungen. Nichts.
    Verdammt, er wird mit
irgendwelchen Mandanten noch in ein Restaurant gegangen sein. Aber warum rief
Michael nicht an, das sah ihm nicht ähnlich. Selbst in den Zeiten, in denen wir
regelmäßig 80 Stunden die Woche gearbeitet und uns kaum gesehen haben, wusste
jeder von uns immer, wo der andere war.
    Es wurde langsam dunkel, wir
hatten Hunger. Entschlossen schritt ich zum Wasserhahn und entrollte den
Gartenschlauch.
    „Das sollst du doch nicht“,
sagte meine Mutter.
    „Die Blumen brauchen Wasser.“
    „Das kann Michael machen. Der
Gartenschlauch ist zu schwer für dich.“
    „Wenn mein Herr Gemahl
endlich nach Hause kommt, ist es zu dunkel“, gab ich zurück und öffnete das
Ventil. Die Cosmeen duckten sich unter dem Wasserstrahl und ich glaubte ein
genießerisches Aaah von den Malven zu hören. Es dauert bei dieser Hitze fast eine
halbe Stunde, bis unser Garten richtig gesprengt ist. Wir wollten immer eine
Beregnungsanlage einbauen und sind nie dazu gekommen. Und so stand ich in der
Dunkelheit und spritzte die Rhododendrenhecke ab. Wo blieb Michael? Ich wurde
nervös.
    „Hoffentlich ist ihm nichts
passiert“, sinnierte Mutti.
    „Ach, Quatsch, dann hätten
wir von irgendjemandem einen Anruf gekriegt“.
    Es war halb zehn, als uns der
Hunger besiegte. Wir stellten die Tomaten in den Ofen, mischten den Salat und
nahmen wieder unseren Platz auf der jetzt erleuchteten Terrasse ein. Mutti
hatte noch ein paar Windlichter aufgestellt.
    „Wo könnte er denn nur sein“,
fragte ich mich.
     „Ruf doch mal Ulli an“, riet
meine Mutter.
    Ullrich Henke hatte zusammen
mit Michael eine Bürogemeinschaft. Ich hatte seine Frau, meine Freundin Gabi,
am Telefon. Ja, Ulli sei zwar auch später gekommen, aber schon längst zu Hause.
    „Willst du ihn sprechen?“
    „Ja, bitte, ich mache mir
Sorgen um Micha“.
     „Hier ist Ulli“, sagte unser
Freund am Telefon.
    „Ulli, weißt du, wo Micha
sein könnte?“
    „Wieso, ist er noch nicht zu
Hause?“ fragte Ulli.
    „Nein“, erwiderte ich
geknickt. „Hat er noch irgendeinen Mandantentermin?“
    „Nicht dass ich wüsste“,
sagte Ulli. „Mensch Bille, mach dir keine Sorgen, wahrscheinlich ist er in
irgendeinem Puff und lässt es sich gut gehen.“ Das war typisch Ulli, immer
einen frechen Spruch.
    „Danke für Deine Hilfe.“
    Zum x-ten Mal checkte ich die
SMS-Nachrichten. Immer noch nichts.
    Mutti und ich setzten uns in
unseren Erker, von dem aus wir die Straße und die Garage im Blick hatten. Wir
versuchten uns irgendwie zu unterhalten, aber unsere Gedanken waren bei
Michael.
    Um elf habe ich die
Telefonbücher geholt und alle 36

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