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Der 7. Tag (German Edition)

Der 7. Tag (German Edition)

Titel: Der 7. Tag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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Berliner Krankenhäuser durchtelefoniert. Kein
Michael Thalheim war eingeliefert worden. Auch Polizei und Feuerwehr brachten
mich nicht weiter. Zumindest das war eine Erleichterung.
    Um Mitternacht ist Mutti
hinunter in ihre Wohnung gegangen und ich habe mich vor den Fernseher gehockt.
Immer, wenn ich draußen ein Auto hörte, dann bin ich zum Fenster gerannt. Kein
Michael.
    Ich versuchte mich krampfhaft
zu erinnern, ob Michael mir etwas gesagt hatte. Er hatte sehr früh am Morgen
wegen eines Mandantentermins das Haus verlassen. Und morgens war ich meistens
noch nicht ganz zurechnungsfähig. Ich zermarterte mir das Hirn, aber ich konnte
mich beim besten Willen nicht entsinnen. Mach‘ dich nicht lächerlich, sagte ich
mir immer wieder und versuchte, irgendeiner neurotischen Pathologin im
Fernsehen zu folgen.
    Eigentlich brauchte ich
keinen Krimi, denn der spielte sich in meinem Kopf ab. Ich malte mir aus, was
mit Michael passiert sein könnte.
    Er hat eine attraktive
Mandantin nach Hause begleitet, sie hat ihn mit Champagner abgefüllt, jetzt
liegt er in ihrem Bett und schnarcht erschöpft.
    Nein, das war nicht Michael.
    Nun, er ist mit Mandanten
irgendwo ins Brandenburgische gefahren, sein Handy hatte den Geist aufgegeben
und er ist in einem Gasthaus versackt.  Weit und breit gibt es kein Telefon.
    Schon eher, aber doch
Quatsch. Wir haben nicht mehr 1990.
    Okay, er hat was getrunken,
wollte nicht mehr Auto fahren und wird in einem Hotel übernachten. Aber wieso
dann kein Anruf. Weil er total betrunken ist. Nein, auch das ist nicht Michael,
sagte ich mir. Selbst total betrunken würde er mich benachrichtigen. Er musste
doch wissen, dass ich vor Sorgen fast umkam.
    Er ist einfach im Büro
eingeschlafen.
    Na, ja, so alt ist er nun
auch wieder nicht.
    Und dann habe ich etwas
getan, wovon ich glaubte, dass ich es nie, nie tun würde. Ich habe Michas
Laptop angemacht. Natürlich kenne ich seine Passwörter. Wir haben uns ja immer
vertraut. Hundertprozentig! Aber auch hier gab es keinen Hinweis auf einen
eventuellen Aufenthaltsort. Seine privaten E-Mails waren Bestellbestätigungen
von Amazon und Rechnungen für Druckertinte.
    Um zwei Uhr morgens habe ich
nochmals die Krankenhäuser abtelefoniert. Kein Michael. Ich zog mich aus, ging
unter die Dusche. Ich würde jetzt versuchen, ein bisschen zu schlafen. Das ging
natürlich nicht.
    Ich lag in unserem großen
Schlafzimmer, starrte die blaue Decke mit dem abgesetzten weißen Stuck an und
hatte Herzrasen. Michael, wo bist du? Es wurde Drei, die Sekunden dehnten sich
zu Minuten. Ich wurde wütend. Der Kerl soll mir nach Hause kommen. Da macht er
seit Monaten ein Riesen- Tamtam um das Baby und mich und jetzt scheint es ihm
egal zu sein. Na, der würde was erleben, wenn er nach Hause käme.
    War da nicht ein Geräusch?
Nein, es war nur Frau Müller, unsere getigerte Katze, die durch die
Katzenklappe im Wintergarten geschlüpft war. Mit allen vier Pfoten landete sie
auf meinem Bett, gab Köpfchen und machte sich daran, jedes meiner Haare einzeln
abzuschlecken.
    „Ach, Frau Müller“, sagte
ich, „sag mir, wo Micha ist. Der lässt uns hier ganz alleine.“
    Frau Müller schaute mich mit
ihren wissenden gelben Augen an, legte sich neben mich und ihr Pfötchen auf
meine Hand. Das tat Frau Müller immer, wenn es einem von uns schlecht ging.
Wahrscheinlich weil sie die Körpertemperatur prüft. Wenn die Hand nicht heiß
ist, weiß Frau Müller, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Meine Hand war
nicht heiß, aber meine Nervosität übertrug sich auf Frau Müller.
    Um Vier standen wir beide auf
und holten uns Milch. Damit hatte ich Frau Müller eingefangen, damals als wir
die Villa kauften. Frau Müller gehörte irgendwie zum Grundstück und hatte die
neuen Besitzer zunächst argwöhnisch beäugt. Aber unsere Milch mochte sie
trotzdem. Wir haben dann bei dem einen oder anderen Schälchen Milch
Freundschaft geschlossen und bald gehörte Frau Müller zur Familie. Was man
schon daran sieht, dass Michael ihr eine Katzenklappe gebaut hatte, damit die
streunende Katzendame auch mitten in der Nacht Zugang zu Kitekat und Wassernapf
hatte. Frau Müller nutzte die Katzenklappe gern, vorwiegend um ihr Nachtlager
in unserem Bett aufzuschlagen. Und wegen des Kitekats. Natürlich.
    Michael, Michael, wo bist du?
Ich holte mir das Buch „Schwangerschaft und Sommer“, das ich am Abend gekauft
hatte und setzte mich an den Küchentisch. Frau Müller setzte sich neben das
Buch, aber wir konnten

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