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Der 7. Tag (German Edition)

Der 7. Tag (German Edition)

Titel: Der 7. Tag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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Vermisstenanzeije
uffjeben.“
    Beleidigt knallte ich den
Hörer auf.
    Ich schaltete die Nachrichten
an:
    Die ehemalige RAF Terroristin
Eva Haule war nach 21jähriger Haft aus dem Frauengefängnis in Berlin-Neukölln
entlassen worden. Auf der griechischen Halbinsel Peleponnes wüteten die
heftigsten Waldbrände seit Menschengedenken. Der Wetterbericht kündigte an,
dass es jetzt sehr viel kühler werden würde.
    Sommer. Saure Gurken Zeit in
den Nachrichten. Und natürlich nichts, was irgendeinen Hinweis auf Michael
hätte geben können.
    Ich rief wieder bei unseren
Freunden Gabi und Ulli an. Sie waren entsetzt. Schließlich kannten sie Michael.
    „Wir kommen vorbei“, sagte
Gabi spontan.
    Am späten Vormittag fiel
Familie Henke bei uns ein. Gabi hatte mir ein leichtes, pflanzliches
Beruhigungsmittel mitgebracht.
    „Das schadet dem Baby nicht.“
Gabi musste es wissen, sie war ja meine Frauenärztin.
    „Wir waren schon im Büro,
Ulli hat auf Michas Schreibtisch im Kalender geschaut, aber da ist kein Termin
gestern Abend eingetragen“, sagte Gabi. Ulli schien betreten.
    Verdammt. Ich wusste nicht
wohin mit meinen Händen. Wohin mit mir. Ich konnte nicht sitzen, laufen half
auch nichts. Mir liefen unkontrolliert die Tränen herunter. Alle versuchten
mich zu trösten. Aber wie konnte man mich trösten? Ich machte mir Gott
verdammte Sorgen um meinen Mann. Mutti brachte mich ins Bett, als unsere Gäste
gegangen waren.
    „Du musst schlafen, Bille,
denk‘ an das Baby. Was meinst du, wie das Baby sich aufregt.“
    Das war ein Argument. Ich
heulte mich in einen flachen Schlaf. Als ich aufwachte, war es fünf Uhr
nachmittags. Ich brauchte eine Weile, bis ich im annehmen Dämmerlicht unseres
Schlafzimmers wieder in die ungemütliche Gegenwart zurückfand. Michael war
verschwunden. Und immer noch kein Anruf, keine SMS. Wenn mich keiner anruft,
dann ist ihm auch nichts passiert, versuchte ich mir zu sagen. Am Abend sind
Mutti und ich auf das Polizeirevier in Zehlendorf Mitte gefahren und haben eine
Vermisstenanzeige aufgegeben.
    Alle zehn Minuten habe ich
sein Handy angerufen. Die Mailbox sei voll, sagte mir eine freundliche Stimme.
    Auch die nächste Nacht wurde
der Horror. Ich war jetzt ganz sicher, dass etwas passiert war. Das würde
Michael mir nie antun. Nie. Das meinte auch Mutti. Die Angst schnürte mir die
Kehle zu. Ich war wie gelähmt. Ich konnte nicht schlafen. Natürlich nicht. Aber
ich konnte auch nichts anderes tun. Und so lag ich im Bett und entwarf
Horrorszenarien. Immer wieder sah ich Michaels Leiche mitten im Wald liegen. 
    Ich fühlte mich wie in einem
Flugzeug, in dem der Kapitän verkündet hatte, dass man abstürze. Ich wartete
auf irgendetwas und ich wusste, jawohl, ich wusste bereits damals, dass es eine
Katastrophe sein würde.
    Ich habe keine Ahnung, wie
ich dieses Wochenende überstanden habe. Bei jedem Geräusch schreckte ich
zusammen, mir fiel alles aus der Hand, zwischendurch hatte ich immer wieder
Weinkrämpfe, mir war heiß, mir war kalt, mir war hundeelend.
    Ich habe alle zwei Stunden
bei der Polizei angerufen. Nichts, sagten sie entnervt. Wir hatten inzwischen
eine Suchmeldung nach Michaels BMW herausgegeben.
    Am Montagmorgen klingelte das
Telefon. Endlich. Der blaue BMW war gefunden worden. Im Parkhaus am Flughafen
Tegel. Sie hatten sein Handy dort geortet.
    Wir glaubten es nicht. Wo war
Michael hingeflogen? Also haben wir alle Fluggesellschaften angerufen. Kein
Michael Thalheim stand auf der Liste. Ich habe die Mietwagenfirmen
durchtelefoniert, kein Thalheim hatte ein Auto gemietet. Ich zermarterte mir
das Hirn. Hatte ich irgendwas getan, dass Michael sauer auf mich war? Wir
hatten uns doch im besten Einvernehmen am Freitagmorgen getrennt. Er hatte mir
einen Kuss gegeben und gesagt: „Ich freue mich auf ein wundervolles Wochenende
mit dir.“ Was konnte passiert sein, was Michael dazu gebracht hatte, nach Tegel
zu fahren?
    Natürlich meldete ich mich
krank. Ich konnte unmöglich arbeiten. Und dann fuhr ich nach Tegel, wollte mir
sein Auto ansehen. Nichts in dem Auto wies darauf hin, dass irgendwas nicht
stimmte. Es sah aus wie immer, ein Exemplar des „Cosmos“ lag auf dem
Beifahrersitz, Michaels blauer Pullover auf dem Rücksitz. Daneben sein Handy. Wo
also war er? 
    Wenn er nicht mit einer
Maschine in Tegel abgeflogen ist und keinen Mietwagen genommen hat, sagte ich
mir, muss er noch in der Stadt sein. Was war ihm passiert? Inzwischen glaubte
ich fest an ein Verbrechen. Immer

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