Der 7. Tag (German Edition)
der mir in der Gaststube den Rest
gegeben hatte, nun in meinem Zimmer hinter dem Vorhang darauf lauerte, dass ich
umkippen würde. Mehr als eine Kreditkarte brauchte man nicht, um das Zimmer zu
öffnen. Ich tat ihm also den Gefallen und kippte um.
Mein Schatten nahm das
Küchenmesser, zog meine Jacke an und verließ mein Zimmer. Dann begab er sich in
das Hotel „Zur Post“, wo er Gast im Hause war, klopfte bei Michael und stach
zu. 18mal, so wie ich es meinem Freund Ulli an dem unschuldigen Stoffbären
vorgemacht hatte. Er drehte den schwer verletzten Michael um, stach noch mal in
den Rücken und durchtrennte die Halsschlagader. Die blutigen Details sind
hinlänglich bekannt.
Danach machte sich mein
Schatten wieder auf den Weg in mein Hotel. Ganz einfach, dort unbemerkt
hineinzukommen. Er hatte beim Hinausgehen die hintere Tür in der Gaststube
blockiert, so dass er ungehindert und ungesehen rein- und rausschlüpfen konnte.
Er ging in mein Zimmer, legte das Messer auf meinen Nachtisch, zog die
blutverschmierte Jacke aus, packte sie ordentlich auf den Stuhl und
verschwand. Wahrscheinlich hat er mir noch gute Nacht gewünscht.
„Ich bekenne mich schuldig,
den gewaltsamen Tod meines Ehemanns Michael geplant und herbeigeführt zu
haben.“
Ja, ich hatte die Tat
geplant. Aber ich habe sie nicht durchgeführt. Dafür habe ich den Mörder auf
Michaels Spur gelenkt und mich selbst willig als Opfer angeboten. Ich hatte die
Tat herbeigeführt.
Mein Schatten wurde mit Hilfe
der Cosmos-Redaktion bereits festgenommen. Es ist der Mann aus der Gaststube,
dessen Namen wir noch nicht kannten.
Sein Auftraggeber ist jedoch
noch auf freiem Fuß. Diesmal hat er es geschafft, Michael zu töten. Sein erster
Versuch liegt zwei Jahre zurück. Aber diese Geschichte lasse ich Michael selbst
erzählen.
September 2008
Liebe Bille,
mein über alles geliebtes Mädchen,
ich hoffe, dass Du diesen
Brief nie bekommst. Denn wenn er Dich jemals erreicht, werde ich nicht mehr
leben. Ich hoffe, dass es mir gelingen wird, den letzten Beweis zu finden, um
alles wieder in Ordnung zu bringen. Deshalb werde ich mich auf den Weg nach
Deutschland machen. Ich werde ganz in Deiner Nähe sein, meine geliebte Sybille,
obwohl Du mir nie näher warst als hier. Hier trägt jede Blume Deinen Duft. Ich
spüre im warmen Wind deinen Atem auf meiner Haut und die sanften Wellen singen
unser Lied. Unser Kind muss jetzt eineinhalb Jahre sein und ich weiß noch nicht
mal, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.
Wenn man auf der Flucht
ist, dann helfen vor allem die, die selbst auf der Flucht sind. Ich habe in –
nennen wir sie Gregor und Marissa - gute Freunde gefunden. Gregor wird diesen
Brief an Dich weiterleiten. Allerdings erst, wenn er innerhalb von drei Wochen
nach meiner Abreise nichts von mir hört. Ich weiß, dass ich mich in
Lebensgefahr begebe, wenn ich nach Deutschland komme, aber ich muss dieses
Risiko eingehen. Man dürfte kurz davor sein, Dir auch noch das Haus
wegzunehmen. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als selbst zu handeln.
Ich habe Dir viel zugemutet. Aber Du lebst. Und das ist
das einzige, was zählt. Wenn Du diesen Brief je bekommen solltest, dann gehe
damit sofort zur Polizei. Ich habe von allen Dokumenten, die ich mit Hilfe von
Freunden hier zusammentragen konnte, Kopien gemacht, die ich Dir beilege.
Ich hoffe, dass wir bald da weitermachen können, wo wir
aufhören mussten: der 17. August 2007 war für uns beide der schwärzeste Tag
unseres Lebens. Ich hatte mich so auf ein Wochenende mit Dir gefreut. Ich hatte
an jenem Freitag nur einen Mandantentermin und das außerhalb von Berlin.
Telefonisch schickte ich an diesem heißen Tag meine Mitarbeiter ausnahmsweise
einmal früher nach Hause. Meine Notariatsgehilfin, Frau Schuchardt, war seit
sechs Wochen zur Kur, nur deshalb war all das möglich, was passiert ist. Auf
dem Weg nach Berlin fiel mir ein, dass ich etwas vergessen hatte. Deshalb bin
ich noch mal in meine Kanzlei gefahren. Ich habe mich in die Buchhaltung
gesetzt, um noch schnell eine Überweisung an einen Mandanten herauszuschicken.
Das Grundbuchamt Königs-Wusterhausen hatte die Eigentumsübertragung von Herrn
Schwetzer bestätigt. Ich hatte meinem Mandanten versprochen, das auf dem
Notaranderkonto eingezahlte Geld sofort zu überweisen. Du weißt, wie hilflos
man ist, wenn man ohne Mitarbeiter etwas finden soll. Ich habe die Kontoauszüge
gesucht, wegen der Nummer. Ich habe zwar die
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