Der Adler ist gelandet
der Premierminister kommt am Samstag übers Wochenende her.« »Gott im Himmel. Ich hörte natürlich, daß er in King's Lynn sprechen würde.« Voreker war völlig verblüfft. »Ehrlich gesagt, Sir, ich hatte keine Ahnung, daß Sie Mr. Churchill kennen.«
»Kenn' ich nicht«, erwiderte Sir Henry. »Er hätte nur gern ein ruhiges Wochenende verbracht und ein bißchen gemalt, ehe er wieder in die Stadt zurückfährt. Hatte natürlich von den Gärten in Studley Grange gehört, ich meine, wer hätte das nicht? Wurden im Jahr der Armada angelegt. Als Downing Street bei mir anfragte, ob er Quartier nehmen könne, sagte ich mit Freuden zu.« »Natürlich«, sagte Voreker.
»Aber Sie müssen es leider für sich behalten«, sagte Sir Henry. »Die Leute im Dorf dürfen es erst erfahren, wenn er wieder weg ist. Darauf wird allergrößter Wert gelegt. Aus Sicherheitsgründen, Sie verstehen. Man kann nicht vorsichtig genug sein.«
Er war jetzt schwer betrunken und konnte nur noch lallen. Voreker sagte: »Er wird vermutlich schwer bewacht.«
»Überhaupt nicht«, erwiderte Sir Henry. »Will so wenig Tamtam wie irgend möglich. Hat nur drei, vier Leute dabei. Ich werde ein paar von meinen Heimwehr-Jungens abordnen, damit sie die Umgebung abriegeln, solange er hier ist. Und nicht einmal sie wissen, worum es geht. Glauben, es wäre eine Übung.« »Wirklich?« sagte Joanna.
»Ja. Ich hole ihn am Samstag in King's Lynn ab, und wir fahren mit dem Wagen nach Studley Grange.« Er rülpste und stellte sein Glas ab. »Würden Sie mich mal kurz entschuldigen? Mir ist nicht gut.« Er schwankte zur Tür, drehte sich um und legte einen Finger auf die Lippen. »Und schön den Mund halten!«
Als er draußen war, sagte Voreker: »Wer hätte das gedacht!« »Er benimmt sich wirklich unmöglich«, sagte Joanna. »Er dürfte eigentlich kein Wort verlauten lassen, und doch hat er es mir bereits erzählt, betrunken natürlich. Selbstverständlich fühlte ich mich verpflichtet, es nicht weiterzusagen.«
»Das war absolut richtig«, sagte der Pater. Er stand auf und griff nach seinem Stock. »Ich muß ihn nach Hause bringen. In diesem Zustand kann er nicht fahren.«
»Unsinn.« Sie nahm ihn beim Arm und führte ihn zu Tür. »Sie müssen doch erst zu Fuß zum Pfarrhaus gehen, um Ihren Wagen zu holen. Nicht nötig. Ich fahre ihn heim.«
Sie half ihm in den Mantel. »Wenn Sie meinen«, sagte er. »Ganz klar. Ich freue mich, wenn Pamela am Samstag kommt.« Er humpelte in der Dunkelheit davon. Sie blieb unter der Tür stehen und lauschte, bis seine Schritte verklungen waren. Es war so still und friedlich, fast so still wie im Veld, als sie ein junges Mädchen war. Seltsam, aber daran hatte sie seit Jahren nicht mehr gedacht.
Sie kehrte ins Haus zurück und schloß die Tür. Sir Henry tauchte aus der Garderobe auf und schlingerte im Zickzackkurs zum Feuer. »Muß gehen, altes Mädchen.«
»Unsinn«, sagte sie. »Für ein letztes Glas ist immer noch Zeit.« Sie goß zwei Finger hoch Whisky in sein Glas, setzte sich auf die Sessellehne und streichelte ihm sanft den Nacken. »Ach, Henry, ich möchte so gern den Premierminister sehen. Ich wünsche es mir mehr als alles auf der Welt.« »Wirklich?« Er glotzte töricht zu ihr auf.
Sie lächelte und streifte mit den Lippen zärtlich seine Stirn. »Nun ja«, sagte sie, »fast alles.«
Es war sehr still im Kellergeschoß der Prinz-Albrecht-Straße, als Himmler die Treppe herunterkam. Unten wartete Rossmann. Er hatte die Ärmel bis zu den Ellbogen hochgerollt und war sehr blaß. »Na?« fragte Himmler. »Ich glaube, er ist tot, Reichsführer.«
Himmler war wenig erfreut darüber und ließ es sich anmerken. »Im höchsten Maß fahrlässig von Ihnen, Rossmann. Ich habe größte Achtsamkeit angeordnet.«
»Mit Verlaub, Reichsführer, sein Herz hat versagt. Doktor Prager wird es bestätigen. Ich habe ihn sofort holen lassen.«
Er öffnete die erste Tür. Rossmanns Gestapo-Gehilfen standen, noch immer in Gummischürzen und Handschuhen, auf der einen Seite. Über den Körper auf der Eisenpritsche in der Ecke beugte sich ein kleiner, drahtiger Mann im Tweedanzug und horchte die nackte Brust mit dem Stethoskop ab.
Er drehte sich bei Himmlers Eintritt um und hob den Arm zum Deutschen Gruß. »Reichsführer.«
Himmler trat an die Liege und blickte eine Weile auf Steiner herab. Der General war bis zur Taille entkleidet, und seine Füße waren nackt. Die halbgeöffneten Augen starrten regungslos in das fahle
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