Der Adler ist gelandet
Kane. »Sie ist in Meltham House in Sicherheit.«
Voreker wandte sich an Steiner. Das Gesicht des Geistlichen war verkniffen und schneeweiß, in seinen Augen glitzerte Triumph. »Pamela hat Ihnen einen schönen Strich durch die Rechnung gemacht, wie, Steiner? Ohne sie wäre Ihr Anschlag vielleicht tatsächlich gelungen.« Steiner sagte ruhig: »Seltsam, wie verschieden eine Sache sich darstellen kann, je nachdem, aus welcher Perspektive man sie sieht. Ich dachte, unsere Pläne wären gescheitert, weil ein Mann namens Karl Sturm sein Leben opferte, um zwei Kinder zu retten.« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern wandte sich an Kane: »Was wünschen Sie von mir?« »Das dürfte doch klar sein. Geben Sie freiwillig auf. Weiteres sinnloses Blutvergießen wäre Wahnwitz. Die Männer, die Sie unten in der Mühle hatten, sind alle tot. Mrs. Grey ebenfalls.«
Voreker packte ihn am Arm. »Mrs. Grey ist tot? Wie ist das passiert?« »Sie erschoß Colonel Shafto, als er versuchte, sie festzunehmen, und wurde während des folgenden Feuergefechts selber getötet.« Über Vorekers Züge legte sich ein Ausdruck äußerster Qual, und er wandte sich ab. Kane sagte zu Steiner. »Jetzt sind Sie ganz allein. Der Premierminister ist in Meltham House in Sicherheit und vermutlich schwerer bewacht als je in seinem Leben. Das Spiel ist aus.«
Steiner dachte an Brandt, Walther und Meyer, an Gerhard Klugl, Dinter und Berg, und er nickte mit leichenblassem Gesicht. »Ehrenvolle Bedingungen?«
»Keine Bedingungen!« Vorekers Aufschrei klang, als sollte ihn der Himmel hören. »Diese Männer kamen in britischen Uniformen hierher, muß ich Sie daran erinnern, Major?«
»Aber wir kämpften nicht in ihnen«, warf Steiner ein. »Wir kämpften ausschließlich als deutsche Soldaten in deutschen Uniformen. Als Fallschirmjäger. Die andere Uniform war nur Tarnung, eine zulässige ruse de guerre.«
»Und eine flagrante Verletzung der Genfer Konvention«, erwiderte Voreker. »Diese Übereinkunft verbietet nicht nur das Tragen von Feinduniformen in Kriegszeiten, sondern schreibt dafür auch die Todesstrafe vor.«
Steiner sah Kanes Gesichtsausdruck und lächelte. »Kann man nichts machen, Major, ist nicht Ihre Schuld. Die Spielregeln und so weiter.« Er wandte sich an Voreker. »Ja, Pater, Ihr Gott ist wahrhaftig ein Gott des Zornes. Mir scheint, Sie hätten gute Lust, auf meinem Grab zu tanzen.« »Fahren Sie zur Hölle, Steiner!« Voreker hob den Stock zum Schlag und wollte sich auf ihn stürzen, stolperte jedoch über den langen Rock der Soutane und fiel so unglücklich, daß sein Kopf auf dem Rand eines Grabsteins aufschlug.
Garvey kniete neben ihm nieder und untersuchte ihn flüchtig. »Ist bloß k. o.« Er blickte auf. »Trotzdem sollte man ihn zum Arzt bringen. Unten im Dorf haben wir einen guten.«
»Nehmen Sie ihn mit«, sagte Steiner. »Nehmen Sie die ganze Gesellschaft mit.«
Garvey warf Kane einen Blick zu, dann hob er Voreker auf
und trug ihn zum Jeep. Kane sagte: »Sie wollen die Dorfbewohner gehen lassen?« »Das einzig Richtige, da ein weiterer Ausbruch von Feindseligkeiten unmittelbar bevorzustehen scheint.« Steiner wirkte leicht belustigt. »Oder dachten Sie, wir würden sämtliche Dorfbewohner als Geiseln benutzen, einen Ausbruchsversuch machen und die Frauen vor uns hertreiben? Die unmenschlichen Hunnen? Tut mir leid, aber ich muß Sie enttäuschen.« Er drehte sich um. »Schicken Sie sie raus, Becker, alle.« Die Kirchentür flog krachend auf, und die Dörfler begannen herauszuströmen; allen voran Laker Armsby. Die meisten Frauen weinten hysterisch und rannten, so schnell sie konnten. Betty Wilde kam als letzte, sie führte Graham an der Hand, und Neumann stützte ihren Mann, der betäubt und krank aussah. Garvey kam durch den Friedhof zurückgelaufen und legte einen Arm um ihn, und Betty Wilde packte Graham fester und blickte Neumann an.
»Er wird bald wieder gesund, Mrs. Wilde«, sagte der Leutnant. »Tut mir leid, was da drinnen passiert ist, glauben Sie mir.« »Schon gut«, sagte sie. »War nicht Ihre Schuld. Darf ich Sie um etwas bitten? Sagen Sie mir, wie Sie heißen.« »Neumann«, sagte er. »Walther Neumann.«
»Danke«, sagte sie schlicht. »Nichts für ungut, weil ich solche Sachen gesagt habe.« Sie wandte sich an Steiner. »Und Ihnen und Ihren Leuten möchte ich wegen Graham danken.«
»Er ist ein tapferer Junge«, sagte Steiner. »Hat keine Sekunde gezögert. Ist einfach reingesprungen. Dazu braucht
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