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Der Adler ist gelandet

Der Adler ist gelandet

Titel: Der Adler ist gelandet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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selber. Ich möchte nicht, daß irgendwer von dieser Sache Wind bekommt. Auch nicht in der Abteilung.« Oberstleutnant Kurt Steiner steckte in diesem Augenblick bis zur Taille im eisigen Wasser des Ärmelkanals und fror, wie er noch nie im Leben gefroren hatte, auch nicht in Rußland. Die Kälte fraß sich in Herz und Hirn, während er auf seinem Torpedo hinter der gläsernen Schutzscheibe hockte.
    Seine Position war drei Kilometer nordöstlich des Hafens Braye auf der Insel Alderney und nördlich der kleineren Kanalinsel Burhou, doch der Nebel, der ihn einhüllte, war so dicht, daß er, was die Sicht anging, ebensogut am Ende der Welt hätte sein können. Wenigstens war er nicht allein, denn nach rechts und links liefen Rettungsleinen in den Nebel, die ihn wie Nabelschnüre mit Unteroffizier Otto Lemke und Leutnant Walther Neumann verbanden.
    Steiner hatte sich gewundert, daß er heute nachmittag ausfahren mußte. Noch verwunderlicher war die Radarmeldung, daß ein Schiff sich so nah der Küste befinde, denn der Schiffahrtsweg verlief viel weiter nördlich. Wie sich später herausstellte, war das mit Sprengstoff beladene Achttausendtonnen-Liberty-Schiff auf der Fahrt von Boston nach Plymouth vor drei Tagen bei Land's End in einen schweren Sturm gekommen und hatte einen Ruderschaden erlitten. Durch diesen Defekt und den dichten Nebel war die Joseph Johnson vom Kurs abgekommen.
    Nördlich von Burhou verlangsamte Steiner die Fahrt und signalisierte seinen Kameraden, indem er an den beiden Rettungsleinen zog. Wenige Augenblicke später glitten sie aus dem Nebel von rechts und links heran. Neumanns Gesicht war blau unter der schwarzen Haube seines Gummianzugs. »Wir sind nahe dran, Herr Oberstleutnant«, sagte er. »Ich glaube, ich kann sie hören.«
    Dann drehte auch Unteroffizier Lemke bei. Den lockigen schwarzen Bart, auf den er sehr stolz war, hatte Steiner ihm ausnahmsweise zu tragen erlaubt, weil sein Kinn in Rußland von einem Splitter furchtbar zugerichtet worden war. Der Unteroffizier war sehr aufgeregt, seine Augen funkelten, er betrachtete das Ganze offensichtlich als großartiges Abenteuer. »Ich auch, Herr Oberstleutnant.«
    Steiner hob die Hand und lauschte. Das gedämpfte Pochen war jetzt ganz nah, denn die Joseph Johnson verfolgte stetig ihren jetzigen Kurs. »Leichte Beute, Herr Oberstleutnant.« Lemke grinste, obwohl er vor Kälte mit den Zähnen klapperte. »Schwimmt uns direkt vor die Büchse. Wird gar nicht wissen, wie's passiert ist.«
    »Bereden Sie's nicht, Lemke«, sagte Leutnant Neumann. »Eins hab' ich immerhin gelernt in meinem kurzen und glücklosen Dasein: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.«
    Wie auf ein Stichwort hin riß ein plötzlicher Windstoß ein Loch in den Nebelvorhang. Hinter ihnen sah man deutlich den graugrünen Landstreifen, Alderney, die alte Mole von Braye, die wie ein Granitfinger achthundert Meter in die See vorstieß; auch die Küstenbefestigung aus der Zeit der Königin Victoria, Fort Albert, war deutlich sichtbar. In nicht mehr als einhundertzwanzig Meter Entfernung hielt die Joseph Johnson mit gleichmäßigen acht bis zehn Knoten Nord-West auf den offenen Kanal zu. Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, bis sie gesichtet würden, und Steiner reagierte unverzüglich. »Los, auf sie, bei vierzig Meter Torpedo ausrichten und abdrehen, und keine blödsinnigen Heldentaten, Lemke. Bei unserem Haufen gibt's bekanntlich keine Orden, nur Särge.« Er beschleunigte und schoß vorwärts, kauerte sich unter die Glaskuppel, als die ersten Wogen überholten. Er sah Neumann, der sich rechts von ihm etwa auf gleicher Höhe hielt, aber Lemke war davongeprescht und bereits gut fünfzehn Meter vor ihnen.
    »Dieser blöde junge Hund«, dachte Steiner. »Was glaubt er, was wir hier machen? Wettbewerb im Wellenreiten?«
    Zwei der Männer an der Reling der Joseph Johnson hielten Gewehre im Anschlag, und aus dem Ruderhaus kam ein Offizier, stellte sich auf die Brücke und feuerte aus einer Thompson-Maschinenpistole. Das Schiff nahm jetzt Fahrt auf und stieß durch einen leichten Dunstvorhang. Die Nebelwand begann sich wieder zu schließen. Nur noch ein paar Sekunden, und es würde nicht mehr zu sehen sein. Die Schützen an der Reling hatten bei dem schweren Seegang Mühe, das tiefliegende Ziel anzuvisieren, und ihre Schüsse gingen weit daneben. Die Thompson, deren Präzision schon unter optimalen Bedingungen zu wünschen übrigließ, machte ihre Sache nicht besser,

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