Der Adler ist gelandet
Road einbogen, überholte sie ein Kübelwagen mit dem Unteroffizier am Steuer, der sie vom Flugplatz abgeholt hatte. »Oberst Neuhoff läßt unser Kommen melden«, bemerkte Radl. »Ich habe mich schon gefragt, ob er's tun würde.« »Ich glaube, er hält mich für einen Gestapomann«, sagte Devlin. »Er hatte Angst.«
»Vielleicht«, sagte Radl. »Und Sie, Devlin? Haben Sie noch nie Angst gehabt?«
»Nicht, soweit ich mich erinnern kann.« Devlin lachte unfroh. »Ich will Ihnen was erzählen, was ich noch keiner lebenden Seele erzählt habe. Sogar in Augenblicken höchster Gefahr, und ich habe weiß Gott schon einige hinter mir, sogar, wenn ich dem Tod direkt in die Augen gesehen habe, überkommt mich ein ganz eigenes Gefühl. Am liebsten würde ich den Arm ausstrecken und ihn bei der Hand fassen. Haben Sie schon mal so was gehört?«
Walther Neumann hockte im schwarzen Kampfschwimmeranzug auf einem Torpedo, der an dem tuckernden Rettungsboot Nr. 1 vertäut war, als der Kübelwagen den Hafendamm entlangraste und dann stehenblieb.
Neumann hielt die Hand über die Augen, weil ihn die Sonne blendete, und blinzelte Feldwebel Brandt an. »Warum so eilig?« rief Neumann. »Ist der Krieg aus?« »Stunk, Herr Leutnant«, sagte Brandt. »Ein Stabsoffizier ist von Jersey rübergeflogen. Ein Oberst Radl. Er ist wegen dem Oberstleutnant gekommen. Wir haben gerade einen Wink aus der Victoria Street gekriegt.«
»Stabsoffizier?« sagte Neumann, zog sich über die Reling des Rettungsboots und nahm das Handtuch, das der Gefreite Riedel ihm reichte. »Woher?«
»Aus Berlin!« sagte Brandt grimmig. »Und er hat noch einen dabei, als Zivilist verkleidet. Ist aber keiner.« »Gestapo?«
»Sieht ganz so aus. Sie kommen jetzt hier runter... zu Fuß.« Neumann zog seine Sprungstiefel an und kletterte die Leiter zum Hafendamm hoch. »Wissen es die Jungens?«
Brandt nickte wütend. »Und es gefällt ihnen gar nicht. Wenn sie rauskriegen, daß der den Oberstleutnant in die Zange nehmen will, dann sind sie imstand und schmeißen ihn und seinen Begleiter ins Hafenbecken, jeden mit sechzig Pfund Ankerkette um die Füße.«
»Stimmt«, sagte Neumann. »Hauen Sie wieder ab in die Kneipe und halten Sie die Jungens zurück. Ich nehme den Kübel und hole den Oberstleutnant. Er macht mit Frau Neuhoff gerade einen Spaziergang auf der Mole.«
Steiner und Ilse Neuhoff waren am äußersten Ende der Mole. Sie saß oben auf der Kaimauer und ließ die langen Beine baumeln, der Seewind zauste das blonde Haar und zerrte an ihrem Rock. Sie lachte zu Steiner hinunter. Er drehte sich um, als der Kübelwagen hinter ihm bremste. Neumann kletterte heraus. Steiner warf nur einen Blick auf sein Gesicht und lachte spöttisch. »Schlechte Nachricht, Neumann, und das an einem so wunderschönen Tag.«
»Ein Stabsoffizier aus Berlin ist hier und sucht Sie, ein Oberst Radl«, sagte Neumann. »Angeblich ist er in Begleitung eines Gestapomanns.« Steiner war nicht im geringsten aus der Ruhe gebracht. »Das bringt ein bißchen Schwung in den Tag.«
Er streckte die Arme aus, um Ilse Neuhoff aufzufangen, als sie heruntersprang, und hielt sie eine Sekunde lang an sich gedrückt. Ihr Gesicht war schreckensbleich. »Um Gottes willen, Kurt, können Sie überhaupt nichts ernst nehmen?«
»Wahrscheinlich will er nur die Häupter seiner Lieben zählen. Von Rechts wegen sollten wir alle schon tot sein. Die werden wohl langsam ungeduldig in der Prinz-AlbrechtStraße.«
Der alte Gasthof stand an der Straße zum Hafen, die Rückseite ging auf den Sandstrand der Bucht von Braye hinaus. Als Radl und der Ire näherkamen, war alles sonderbar still.
»Wirklich eine entzückende Kneipe«, sagte Devlin. »Halten Sie es für möglich, daß es da irgend etwas Trinkbares gibt?« Radl drückte auf die Klinke der Vordertür. Sie ging auf, und die beiden Männer traten in einen dunklen Korridor. Hinter ihnen wurde eine Tür geöffnet. »Bitte hier herein, Herr Oberst«, sagte eine leise, kultivierte Stimme.
Unteroffizier Hans Altmann lehnte sich gegen die Haustür,
als wollte er ihnen den Rückweg versperren. Radl sah das Band des »Gefrierfleischordens«, das Eiserne Kreuz Erster und Zweiter Klasse, das Verwundetenabzeichen in Silber, was mindestens dreimalige Verwundung bedeutete, und die von allen Fallschirmjägern am meisten begehrte Auszeichnung, das Kreta-Ärmelband, das stolze Emblem der ersten Invasionskämpfer des Mai 1941.
»Name?« herrschte Radl ihn an. Altmann gab keine
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