Der Agent - The Invisible
immer, ich würde auch Kealey und Pétain die Anweisung geben, sich nicht mehr vom Fleck zu bewegen, doch da sie nicht zu finden sind,
sollten Sie auf jeden Fall Kharmai den Befehl geben. Womöglich - hoffentlich - steckt nichts dahinter, aber wir müssen vorbereitet sein.«
»Ich sage es ihr. Noch etwas?«
»Ja. Chavis möchte, dass wir ins Weiße Haus kommen, und das bedeutet, dass Brenneman mit uns reden will. Wir werden um drei Uhr nachmittags erwartet.«
»Ich werde dort sein.«
»Wir fahren gemeinsam, damit wir uns auf das Schlimmste vorbereiten können.«
»Und das wäre?«, fragte Harper, obwohl er eine ziemlich präzise Vorstellung davon hatte, was mit »das Schlimmste« gemeint war. Trotzdem wollte er wissen, wie Andrews darüber dachte.
Andrews blickte finster drein. »Das schlimmste Szenario wäre, dass die Spanier etwas zurückhalten, um Brenneman kalt zu erwischen. Zum Beispiel, dass Kealey und Pétain es nicht mal bis zum Flughafen geschafft haben und festgenommen wurden.«
»Mein Gott«, murmelte Harper. Daran hatte er nicht gedacht. Für ihn hatte das schlimmste Szenario so ausgesehen, dass es den Spaniern gelungen war, einen der Beteiligten von Madrid zweifelsfrei zu identifizieren. »Halten Sie das wirklich für möglich?«
Andrews zuckte die Achseln. »Eigentlich eher nicht. Ich glaube nicht, dass sie es fertiggebracht hätten, so etwas für zwölf Stunden zurückzuhalten. Gleichwohl müssen wir auf alles gefasst sein. Irgendwas wissen sie … Daran gibt es keinen Zweifel. Sonst wären sie nicht so weit gegangen, um einen Termin beim Präsidenten zu bitten.«
Harper stellte in Gedanken bereits eine Liste der notwendigen
Schritte zusammen, dachte darüber nach, wie jede Beteiligung abgestritten werden konnte. »Ich werde einige plausible Szenarios entwerfen und mir etwas einfallen lassen, wie wir antworten könnten, falls wir damit konfrontiert werden. Wir haben für solche Fälle einiges in der Schublade, aber bei einem Problem dieser Dimension …«
»Ist mir bewusst«, sagte Andrews desillusioniert. »In Madrid sind sechs unschuldige Passanten ums Leben gekommen, außerdem Kamil Ghafour, in dessen Fall wir eine Woche vor seinem Tod noch eine offizielle Anfrage an die Spanier gerichtet haben. Wir können es uns nicht leisten, mit dieser Geschichte in Verbindung gebracht zu werden. Wir werden uns anhören, was der Botschafter zu sagen hat, aber noch einmal, wir müssen auf alles gefasst sein.«
»Es hängt alles davon ab, was sie wissen. Wenn das Video keine wirklich hieb- und stichfesten Beweise enthält, können wir uns vielleicht herauslavieren.«
»Und wenn doch …«
Harper nickte. Andrews musste nicht weiterreden, weil eindeutig war, was er befürchtete. Was immer sonst geschah, der Präsident würde unbeschadet aus der Geschichte hervorgehen. Dafür würde Stan Chavis sorgen. Harper schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf die vordringlichste Frage. Vor ihnen lag ein unangenehmes Treffen, bei dem in jedem Fall die Hölle losbrechen würde, aber wenn die Spanier über einen unwiderlegbaren Beweis verfügten, dass die CIA bei der Explosion von Madrid und dem Tod Kamil Ghafours die Finger im Spiel gehabt hatte, würde der Geheimdienst jahrelang an dem Imageschaden zu tragen haben. Sie durften einfach nicht zulassen, dass die Wahrheit ans Licht kam.
»Überlegen Sie, was sich machen lässt«, sagte Andrews.
Damit war das Gespräch beendet, und als Harper aufstand, klingelte Andrews’ Telefon. Der Direktor blickte seinen Stellvertreter noch einmal an. »Finden Sie einen Ausweg. Sie wissen, was geschehen wird, falls einer Ihrer Agenten auf dem Video zu identifizieren ist. Was das Treffen mit Botschafter Vázques betrifft … Diane ruft an, wenn wir uns auf den Weg machen müssen.«
Harper nickte und verließ das Büro. Diane Neal, Andrews’ langjährige Sekretärin, winkte zum Abschied, als er durch das Vorzimmer ging, doch Harper sah es nicht. Auf dem kurzen Weg zu seinem Büro waren seine Beine schwer, und es kam ihm so vor, als lastete eine große Bürde auf seinen Schultern. Ihm wurde ganz schwindelig, wenn er über die möglichen Konsequenzen dessen nachdachte, was er gerade gehört hatte. Obwohl vorläufig unklar blieb, was der spanische Botschafter wirklich wollte, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er ohne die ausdrückliche Zustimmung seiner Regierung nicht um den Termin bei Brenneman gebeten hätte. Mit anderen Worten, die spanische Regierung hatte
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