Der Agent - The Invisible
nichts mehr, als die gute Zusammenarbeit fortzusetzen. Allerdings könnte man diese Frau als ernsthaften Stolperstein auf diesem Weg ansehen. Es tut mir leid, aber wenn sie nicht bald festgenommen wird, könnte das unsere Beziehungen schwer belasten. Natürlich würde dadurch auch jede zukünftige Zusammenarbeit beeinträchtigt.«
Wieder entstand ein kurzes Schweigen. Bevor Brenneman antworten konnte, meldete sich Lawrence Hayden mit einer der üblichen diplomatischen Floskeln zu Wort. »Die Wahrung
der guten Beziehungen zwischen unseren Ländern steht natürlich auch für diese Administration ganz oben auf der Prioritätenliste, Herr Botschafter. Ich kann Ihnen versichern, dass das FBI und andere Sicherheitsbehörden …«
Harper hörte nicht mehr hin. Vor seinem inneren Auge sah er eine Tür endgültig zuschlagen, und er empfand ein tiefes, aufrichtiges Gefühl der Traurigkeit. Natürlich würde er sich energisch für Naomi Kharmai einsetzen, doch letztlich konnte das nichts ändern. Ihre Laufbahn bei der CIA hatte gerade ein sehr bedauerliches, allzu plötzliches Ende gefunden.
Ein paar Minuten später war das Treffen beendet, und der Botschafter verschwand sofort, was niemanden verwunderte. Alles, was zu sagen war, war gesagt, und es wäre ziemlich sinnlos gewesen, noch Nettigkeiten auszutauschen. Angesichts dessen, was gerade geschehen war, schien es überraschend, dass die Besprechung ohne Vázques nicht fortgesetzt wurde. Brenneman nahm sich gerade noch Zeit, seine Wünsche - oder Befehle - zu formulieren. Spezielle Anweisungen, wie im Fall Kharmai zu verfahren war, gab er nicht. Doch das war aus seiner Sicht auch überflüssig. Indem er diese Angelegenheit im Ungefähren beließ, konnte er sich von dem Problem distanzieren. Hayden verließ wortlos den Raum, bog im Korridor nach rechts und war nicht mehr zu sehen. Harper wartete vor dem Oval Office, umgeben von einigen Beratern, die einen Termin bei Brenneman hatten. Als Andrews einen Augenblick später zu ihm trat, wies Harper mit einer Kopfbewegung auf den leeren Roosevelt Room. Andrews wusste, was sein Stellvertreter wollte, und folgte ihm.
»Was denken Sie?«, fragte Harper, nachdem er die Tür geschlossen hatte.
Andrews, die Hände in die Hüften gestemmt, zuckte nur die Achseln und seufzte. »Sie wissen, dass wir in Madrid die Finger im Spiel hatten.«
»So sehe ich es auch. Trotzdem können sie nicht beweisen, dass Kharmai für uns arbeitet. Andernfalls hätte Vázques es gesagt.«
»Er ist ein arrogantes kleines Arschloch«, sagte Andrews mit finsterem Blick.
»Ganz meine Meinung, doch das ändert nichts. Er mag ein Arschloch sein, hält aber alle Trümpfe in der Hand.«
»Das scheint mir übertrieben, aber ich sehe, was Sie meinen. Wir müssen schnell handeln. Was schlagen Sie vor?«
»Wir müssen gut aufpassen, wenn wir sie außer Landes bringen«, sagte Harper. »Vielleicht kann Machado uns dabei helfen. Portugal ist wahrscheinlich die beste Lösung, die Grenze ist sehr durchlässig. Eine andere Möglichkeit wäre Marokko. An der spanischen Südküste gibt es jede Menge Grenzpolizisten, doch die sind vollauf damit beschäftigt, keine illegalen Einwanderer ins Land zu lassen. Vielleicht könnte sie da durchschlüpfen.«
Andrews dachte einen Augenblick darüber nach. »Ich stimme Ihnen zu. Ziehen Sie Machado hinzu, und fragen Sie ihn, was er empfiehlt. Dann melden Sie sich bei mir. Der Präsident wird bald wissen wollen, was wir unternehmen. Dann sollten wir eine Antwort parat haben.«
»Okay. Ich kümmere mich darum.«
34
Nordpakistan
Kealey schaute aus dem hinteren Seitenfenster eines schnell fahrenden Autos. Häuser und Bäume zogen an seinem Blick vorbei, grau in grau, verschwommen, bedeutungslos. Im Osten braute sich ein Unwetter zusammen. Als der Subaru über Eisenbahnschienen holperte, dehnte er den Hals von einer Seite zur anderen, um den Schmerz in seinen Schultern zu lindern. Der fünfzehnstündige Flug war anstrengend genug gewesen, aber es war keine Zeit für eine Verschnaufpause geblieben. Seit der Landung der Maschine vor drei Stunden waren sie pausenlos in Bewegung. Nach dem Anruf über den öffentlichen Fernsprecher vor dem Terminal waren er und Pétain den Anweisungen der Kontaktperson aufs Wort gefolgt. Sie kämpften sich durch die geschäftige Menschenmenge auf dem Anarkali-Bazar, ärgerten sich anschließend weiter über ungeduldige, rücksichtslose Passanten und erreichten das Bundu Khan, wo auch nach der
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