Der Agent - The Invisible
Fitzgerald für ihn die letzte Chance einer Wiedergutmachung war. Falls sie es durch irgendein Wunder schaffte, diese Geschichte lebend zu überstehen, konnte er etwas stolz auf sich sein. Er wusste, dass ihr Überleben alles anderes als sicher war,
doch er hatte keinen anderen Wunsch. Wenn sie nur knapp mit dem Leben davonkam, hätte er zum ersten Mal seit Jahren das Gefühl, etwas Richtiges getan zu haben.
Mit diesem Gedanken im Kopf machte er sich daran, die Dinge zusammenzusuchen, die er für die Entfernung der Dränage benötigte. Er war im Begriff, gegen besseres Wissen zu handeln und musste ständig an Randalls Worte denken: Sie brauchen sie für Propagandazwecke, Said. Letztlich werden sie Fitzgerald wahrscheinlich töten. Und wenn sie bereit sind, sie zu töten, haben auch wir keine Chance. Das solltest du wissen …
Es war ihm von Anfang an bewusst gewesen, aber er hatte versucht, optimistisch zu bleiben. Doch jetzt, nach dem Zwischenfall im Flur, konnte er die Wahrheit endgültig nicht mehr ignorieren. Irgendwann musste er ein Risiko eingehen. Ihm blieb nichts anderes übrig, wenn er überleben wollte, und er war umgeben von potenziellen Waffen.
Aus irgendeinem seltsamen Grund wurde ihm der letzte Teil dieses Gedankens nicht in seiner ganzen Tragweite bewusst - zumindest nicht sofort. Dann sprach er sich den Satz noch einmal in Gedanken vor, und diesmal fiel der Groschen: er war umgeben von Waffen. Er hatte freien Zugang zu seinen chirurgischen Instrumenten, und Mengal hatte seine Entscheidung, immer einen seiner Männer in dem Operationsraum zu postieren, nie in die Tat umgesetzt. Niemand beobachtete ihn; er konnte tun und lassen, was er wollte.
Als er über die ganze Tragweite dieser plötzlichen Eingebung nachdachte und die verschiedenen Möglichkeiten erwog, hätte er fast seine vordringliche Aufgabe vergessen. Sein Blick glitt über die Operationsbestecke und blieb schnell auf dem Tablett mit den Skalpellen haften. Nicht zum ersten Mal sah er die Instrumente seines Handwerks unter dem Aspekt, dass sie nicht
nur das Gute ermöglichten, sondern auch Schaden anrichten konnten. Es war ein beunruhigender Wechsel der Perspektive, aber unausweichlich. Das war ihm jetzt genauso klar wie die Tatsache, dass Mengal es sich einfach nicht leisten konnte, ihn überleben zu lassen, weil er zu viel gesehen und gehört hatte.
Nach einem schnellen Blick auf die Tür nahm er seinen Mut zusammen und suchte die erforderlichen Dinge zusammen - eine stabile Schere, eine Rolle Pflaster und eine U-förmige Fingerschiene aus dünnem Aluminium. Er schnitt die Fingerschiene in zwei identische Stücke, was etwas schwierig war an dem gerundeten Ende, wo sich die Spitze des Fingers befinden würde. Als das erledigt war, suchte er nach dem größten Skalpell und fand eines vom Typ Nr. 20 mit einem soliden Aluminiumgriff. Es war die größere Version des Modells Nr. 10 und hatte eine lange gebogene Klinge, mit der normalerweise Haut und Muskeln durchtrennt wurden. Wenn er es benutzen musste, würde es ihn nicht enttäuschen.
So schnell es mit seinen zitternden Händen ging, zwängte er die scharfe Seite der Klinge zwischen die beiden ausgepolsterten Hälften der Fingerschiene und umwickelte die zusammengebastelte Messerscheide mit Pflaster. Er hielt sie mit der linken Hand und zog das Skalpell mit der rechten heraus. Es ließ sich gut bewegen; falls er es benutzen musste, würde er es schnell ziehen können. Als er es wieder hineinschob, ragte nur der Griff aus der Scheide. Nachdem er den Ärmel seines Hemdes aufgekrempelt hatte, klebte er die modifizierte Fingerschiene mit Pflaster an seinem linken Unterarm fest.
Als er den Ärmel wieder heruntergezogen hatte, blickte er prüfend auf seinen Arm und drehte ihn hin und her, um zu sehen, ob der Buckel unter dem Stoff auffällig war. Nein, befand er nach ein paar Augenblicken sorgfältiger Prüfung.
Nachdem das erledigt war, beseitigte er mit einer schwungvollen Armbewegung alle verräterischen Spuren - die Überbleibsel der Fingerschiene, das Pflaster und die Schere landeten in einer offenen Schublade unterhalb einer Arbeitsfläche. Dann wandte er sich wieder seiner Patientin zu. Während er sich darauf vorbereitete, die Dränage zu entfernen, fühlte er sich ein bisschen stärker, selbstsicherer. Tief in seinem Inneren wusste er, dass er sich etwas vormachte. Wenn er gezwungen war, das Skalpell zu benutzen, war er wahrscheinlich schon tot, bevor er wirklichen Schaden
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