Der Agent - The Invisible
auch immer.
12
Washington, D. C.
Zwanzig Minuten nach der Aushändigung der Schnellhefter war die Krisensitzung beendet. Nachdem der Präsident aufgestanden war, folgten die anderen seinem Beispiel, um nacheinander den Konferenzraum zu verlassen. Als Harper seine Unterlagen zusammenpackte, fing Brenneman seinen Blick auf und bedeutete ihm mit einer schnellen vertrauten Geste, dass er unter vier Augen mit ihm sprechen wollte. Harper trat einen Schritt zur Seite, um jemanden vorbeizulassen. Kurz darauf waren alle anderen gegangen, selbst Robert Andrews, sein Vorgesetzter. Entweder hatte man ihn ausdrücklich gebeten, den Raum zu verlassen, oder ihn höflich herausgeleitet. Wahrscheinlich Letzteres, dachte Harper. Andrews war zwar der erste Mann bei der CIA, aber kein altgedienter Geheimdienstler, und dem Präsidenten war Erfahrung schon immer am wichtigsten gewesen.
Brenneman kam um den Tisch herum und streckte Harper die Hand entgegen. »Danke, dass Sie geblieben sind. Ich weiß ein Gespräch mit Ihnen immer zu schätzen.« Er schüttelte ungläubig den Kopf, fast so, als würde er sich erst jetzt der Tragweite des Ereignisses in Pakistan bewusst. »Es ist einfach unfassbar. Die Dreistigkeit dieser Leute …«
»Ich weiß, Sir, aber wir werden sie finden und zurückbringen.« Das hieß lebend zurückbringen, das Wort hing unausgesprochen in der Luft. »Ich verspreche es Ihnen.«
»Und die Entführer?«
»Die finden wir auch.«
Brenneman nickte und warf einen Blick über die Schulter. In der offenen Tür stand ein Mann im schwarzen Anzug, der sich trotz demonstrativer Lässigkeit ganz auf den Präsidenten konzentrierte. Harper war schon Dutzende von Malen allein mit ihm gewesen, doch die Männer vom Secret Service machten keinen Unterschied zwischen Freund und Feind. In ihren Augen war jeder eine potenzielle Gefahr. Doch gerade diese übertriebene Vorsicht machte sie unter anderem zu absoluten Profis. »Sean, würden Sie uns bitte einen Augenblick allein lassen?«
Der Leibwächter nickte zögernd. »Natürlich, Mr. President.« Er murmelte noch etwas vor sich hin und verschwand nach draußen. Die Tür schloss sich mit einem sanften Klicken.
Brenneman zeigte auf den Tisch. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
Harper zog sich einen Stuhl heran, und als sie beide saßen, beugte sich der Präsident vor, wobei er müde seufzte. Für eine Minute sagte keiner etwas, dann brach Brenneman das Schweigen.
»Wie lange kennen wir uns eigentlich?«
Die Frage kam völlig unerwartet, aber Harper hatte den Eindruck, dass sie ernst gemeint war. »Etwa sechs Jahre, glaube ich. Bei unserem ersten Treffen waren Sie noch designierter Präsident. Es war ein oder zwei Monate vor Ihrer Amtseinführung.«
»Stimmt.« Brenneman legte eine bedeutungsvolle Pause ein. »In all den Jahren habe ich Sie nie woanders als in Langley oder hier gesehen. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht? Nicht ein einziges Mal haben wir länger als ein paar Minuten miteinander geredet, und es ging immer um Fragen der nationalen
Sicherheit. Ihrer Frau bin ich nie persönlich begegnet. Ich habe keine Ahnung, wo Sie wohnen.«
»Mr. President, ich …« Harper hatte keine Ahnung, was für eine Wendung dieses Gespräch nehmen würde, und nichts in seiner Laufbahn hatte ihn auf so eine Situation vorbereitet. »Worauf genau wollen Sie hinaus, Sir?«
Brenneman lächelte mild. »Sie leisten ganze Arbeit in Langley, doch da Sie kein Politiker sind, können Sie es vielleicht nicht verstehen. Besonders als Geheimdienstler. Hier liegt das Problem … Sie sind einer der wenigen Menschen, die wirklich verschwiegen sind. Wir mögen uns nicht besonders gut kennen, aber ich habe Ihnen über die Jahre etliche Dinge anvertraut, und bisher sind sie mir nie von anderer Seite wieder zugetragen worden. Kurzum, Sie haben mein Vertrauen gewonnen. Und ich bin Ihnen sehr dankbar für alles, was Sie im Dienst unseres Landes getan haben.«
Harper nickte bedächtig, völlig überrascht von Brennemans Komplimenten. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Sir. Es freut mich, dass Sie es so sehen, doch das ist mein Job. Ich würde nie etwas ausplaudern, was Sie mir vertraulich …«
»Ich weiß, und deshalb möchte ich Ihnen eine Frage stellen.« Brenneman zögerte, stützte die Ellbogen auf den Tisch und verschränkte die Finger. »Ich möchte, dass Sie völlig aufrichtig sind. Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden.«
»Natürlich. Das versteht sich von selbst.«
»Es hat mit Dowds
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