Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime
Zurück blieben junge Menschen, die sich niemals in ihrem weiteren Leben von jenem Zwangsaufenthalt erholt haben und nur auf Hilfe angewiesen sind. Wir waren und sind gute Menschen.
Durch Unwissenheit und durch eine unrechte Behandlung sind wir damals in eine Lebensbahn gedrängt worden, die unmenschlich war. Keine Möglichkeit gab es, sich frei für einen Beruf zu entscheiden. Die Folgen haben uns das Leben erschwert, in der Partnerschaft, im Berufsleben, denn den Aufenthalt in dieser Anstalt haben wir vor lauter Scham verheimlicht. Bei meiner Kindererziehung habe ich viele Fehler gemacht.
Seit dem Sommer 2003 fanden sich viele ehemalige Heimkinder. Sie alle haben gelitten und viel Schlimmes in den Erziehungshöllen erlebt. Es werden immer mehr, die sich bei uns melden. Noch immer in arger Not, wollen sie sich endlich aussprechen. Sie können das erste Mal nach Jahrzehnten über die schreckliche Vergangenheit sprechen. Oft reden sie durcheinander, aber wir verstehen es, ohne zu fragen, wir hören einfach nur zu.
Im Januar 2004 haben wir in Paderborn einen Verein gegründet und wollen Aufklärung und Rehabilitation. Wir wollen ehemaligen Heimkindern behilflich sein, ein Zeichen setzen, als Zeitzeugen. Aufmerksam machen, auf die große Ungerechtigkeit. Wir wollen unsere Ehre zurück. Von der Kirche und vom Staat, der daran zweifellos beteiligt war.
Jeder Mensch, der sich ungerecht behandelt fühlt, wünscht sich, dass man sich bei ihm entschuldigt ... Jeder Mensch hat ein Recht darauf. Ich wollte kein Opfer mehr sein, ich entwickelte eine Kraft, etwas Neues in mir, jetzt wollte ich kämpfen.
Ich sah meine Mutter, wie sie am Küchentisch saß, versunken in einem Kreuzworträtsel und zwischendurch schrieb sie am Rande der Zeitung etwas auf, es waren Notizen.
Nach ihrem Tod, viele Jahre später, fanden meine Schwester und ich diese Notizen, wir waren überrascht es waren Gedichte, die sie am Rande der Zeitung aufgeschrieben hatte, mit einem traurigen Unterton und doch mit etwas Hoffnung verbunden.
Wir waren mit unserem Leben nach dem Aufenthalt in der Erziehungsanstalt beschäftigt, dass wir nicht bemerkten, was alles in unserer Mutter steckte, das war mehr, als wir es jemals gedacht hätten. Wenn sie am Küchentisch saß, hat sie philosophiert und das Resultat sahen wir beim Aufräumen ihrer vielen Zeitungen, die sie im Keller stapelte. Viel ist verloren gegangen, als wir diesen Keller entrümpeln mussten.
Nachdem meine Tochter und ich aus der geschlossenen Erziehungsanstalt bei den Vincentinerinnen in Dortmund entlassen wurden, habe ich mich von meinem Ehemann Manfred getrennt. Wir fanden nicht mehr zueinander.
Ich vermochte nicht an eine Zukunft zu denken, denn ich hatte keine Vorstellung nach diesem Aufenthalt, wie ich jetzt mein Lebensweg gehen sollte. Ich war eingeschüchtert und ängstlich etwas zu unternehmen. Doch dann trat ich mutig meine Arbeitsstelle an.
Mein Mann Manfred hat sich nie um uns im Vincenzheim gekümmert, er ließ uns auch dort im Stich. Andere gutaussehende Mädchen waren für ihn interessanter, er hatte sich das Recht genommen, was er für sich richtig fand: zu leben. Mir gestand er dieses Recht nicht zu, allein auszugehen, das wollte er nicht, ich gehöre zu ihm, dann habe ich nicht alleine weg zu gehen. Meine Schwester Elke und unsere Mutter wussten es schon lange. Von all dem, wollte ich nichts wissen. Auch in der Zeit, als ich mit grade fünfzehn Jahren eine Freundschaft mit ihm anfing, haben sie ihn immer wieder erwischt, wie er mit anderen Mädchen zusammen war und mit ihnen ausging, als ich etwas rundlicher wurde, sie wollten mir das Leben aber nicht noch schwerer machen. Ich trug schon Andreas unter meinem Herzen. Damals wäre eine Welt für mich zusammengebrochen. Doch ich hatte es gespürt, mein Bauch wurde dicker und er wollte so ... mit mir nicht gesehen werden. Er ging alleine am Wochenende ins Kino oder in einen Tanzschuppen. Ich hielt an ihm fest und glaubte damals blind seinen Worten.
Wieder zu Hause bekam ich eine Einladung, zu einer Hochzeit. Ich nahm diese Einladung gerne an.
Für mich war der Aufenthalt in der geschlossenen Erziehungsanstalt erst ein paar Wochen vorbei und es war eine gute Abwechslung. An diesem Tag lernte ich meinen nächsten Ehemann Horst näher kennen. Er war mir sehr sympathisch, er war für mich kein Fremder. Ich kannte ihn schon aus unserem Wohnbereich im Auffanglager. Er ist mir dort als anständiger und fleißiger junger Mann
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