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Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime

Titel: Der Albtraum meiner Kindheit und Jugend - Zwangseinweisung in deutsche Erziehungsheime Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Page
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diesen Stammtisch. Sobald wir auch nur aus Versehen an einem Stuhl ruckelten, da wir ja oft dort vorbei mussten, wurden wir durch einen bösen Blick bestraft. Er wurde in seinem Gesicht puterrot und wir suchten schnell das Weite. Marsch in die Küche um seine Bestellung beim Chefkoch weiter zu geben, der Herr aß immer nur eine Kleinigkeit. So auch an diesem Abend. Er wollte Kaviar Toast und Butter.
    Er hatte wieder mal, was ich nicht wusste, das Küchenpersonal in der Mittagszeit verärgert. Ich traute meinen Augen nicht, der Koch nahm sein Kochmesser ging ins Lager und kam mit einer Kakerlake zurück. Diese Kakerlake zerhackte er mit dem Kochmesser schnell und ganz fein und mischte dieses Feingehackte vorsichtig unter den Kaviar. Inzwischen war der Toast und die Butter angerichtet. Jetzt kam mein „Auftritt“. Die Stoffserviette auf einen großen Teller. Den Toast in die Serviette gelegt, das Gläschen Kaviar auf gestoßenem Eis stellte ich in den Teller. Mit dieser höchst brisanten Mischung ging ich, mit einem Kribbeln im Bauch, zu unserem Herrn Raffegort dem Geschäftsführer. Es waren nur ein paar Schritte zu seinem Tisch, doch es war für mich eine Ewigkeit. Für mich gab es auch kein zurück mehr. Wenn er mich beachtet hätte, würde er meine Anspannung bemerkt haben. Doch seine Erhabenheit ließ das nicht zu. Nun speiste er mit Genuss und trank seinen schon obligatorischen Cognac dazu.
    Die gesamte Küchenmannschaft und das Servierpersonal hatten sehr lange etwas von der Schadenfreude.
    Wenn der Herr Jonny Raffegort uns mal wieder auf die Nerven ging, oder uns auf unsere Hände einen Klaps gab, wenn wir nach seiner Meinung das Pils zu früh vom Büfett nehmen wollten, hat uns das gar nicht mehr so aufgeregt. Denn unsere Rache hatten wir ja schon.
    Ich konnte meinen Kollegen nicht dazwischen reden und hielt meinen Mund zu dieser Angelegenheit. Ich passte mich an diese völlig andere Welt an. Was wusste ich schon vom Leben?
    Ich ging öfter mal zum Friseur, das machte sich bemerkbar, ich hatte auch ein besseres Auftreten und ich entdeckte meinen Charme, jetzt konnte ich mit dieser neuen Situation etwas mithalten.

    Ein großes Erlebnis

    Ein Herr war von mir sehr angetan, er trank gern Rotwein und aß immer nur eine Kleinigkeit. Er schmatzte dabei, was sich aber nicht unangenehm anhörte.
    Er war ein Professor für Musik und war in der Berliner Oper als Dirigent engagiert. Von der Musik hatte ich keine Ahnung, und weil er sich gerne etwas Abseits an einen „Katzentisch“ setzte, hatte ich die Gelegenheit, ihm manchmal zuzuhören. Er erzählte mir von seiner Arbeit, einiges über Opern und was er dirigierte. Ich hörte ihm aufmerksam zu, es war für mich höchst interessant.
    Dieser Mann kam eines Tages mit einer Überraschung zu mir und schenkte mir eine Eintrittskarte für die Oper Berlin und erklärte mir, dass dies eine besondere Karte wäre, von der er nur eine bekommen hat und die bekomme ich.
    Es ist für den 2. Juni 1967. Er ist der Dirigent, er dirigiert den Vogelhändler zum Staatsbesuch vom Schah von Persien und der Kaiserin Farah Diba.
    Ich wusste einfach nicht, was mir da geschah der Professor H. wollte mir eine große Freude machen das hatte er auch geschafft. Was war ich stolz, nächtelang konnte ich vor Aufregung nicht richtig schlafen, was ziehe ich an und wie lasse ich meine Frisur machen. Dann habe ich einen Tipp von einer Kollegin bekommen, der damals größte Modeschöpfer Heinz Oestergart von Berlin verkaufte günstig ein paar von seinen Creationen. Ich habe ein Kleid von ihm bekommen, was für mein knappen Geldbeutel gerade noch möglich war.
    Dann kam dieser Tag. Mit einem Designer-Kleid und einer „Farah Diba Frisur“ bestellte ich mir ein Taxi.
    Am Kaiserdamm angekommen, fing der Taxifahrer in seiner Berliner Art, schon an zu fluchen, er konnte kaum mit dem Wagen durch die Menge der Menschenmassen, es war eine große Demonstration gegen den Schah von Persien. Von Politik hatte ich überhaupt keine Ahnung. Die Situation erschreckte mich sehr, der Taxifahrer klärte mich auf in seinem Berliner Dialekt. „Kricht von uns dat Jeld und kooft sich eene joldene Badewanne wo jibt es denn sowatt.“ Ach so ist das, dachte ich .
    „Wolln se wirklich da rinne“, fragte mich der Taxifahrer etwas besorgt, „da werne doch mit de Eier und Tomaten beschmissen.“
    Er fuhr so nah wie es nur ging an die Einlasspforte. Ich musste meine Eintrittskarte der Polizei vorzeigen, sonst wären wir nicht

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